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Risikoprämien im Vergleich: Besser auf High-Yield-Anleihen verzichten?

Für die Beurteilung der Attraktivität einer Ertragsquelle ist vor allem die Risikoprämie entscheidend, also der Zinsunterschied zur risikolosen Anlage. Risikoprämien von High-Yield-Anleihen schwanken über die Zeit erheblich. Bei besten Aussichten sinken die Risikoprämien, wenn Unsicherheit aufkommt, steigen sie.
Wir haben untersucht, wie die Risikoprämie zu Periodenbeginn den erwarteten Ertrag über die nächsten zwölf Monate bestimmt: Es zeigt sich, dass sich bei Risikoprämien unter 300 Basispunkten ein Investment in High-Yield-Anleihen über die nächsten 12 Monate nicht ausgezahlt hat, während Staatsanleihen zumindest ein kleines Plus ausweisen.
Bei Risikoprämien unter 3 Prozent ist das Gesamtumfeld in der Regel bestens, das ist jedoch nicht der richtige Zeitpunkt, um zusätzliche Kreditrisiken aufzubauen. In Krisenzeiten sind die Risikoprämien am höchsten, dann wird man für das eingegangene Risiko gut bezahlt.
Antizyklisches Handeln gefragt
Bei Risikoprämien über 4 Prozent steigt der Mehrertrag von High-Yield-Anleihen gegenüber Staatsanleihen deutlich. Die Auswertung legt daher eine antizyklische Ausrichtung bei der Gewichtung von Stabilitätsquellen und Ertragsquellen nahe.
Um im Portfoliokontext die Auswirkungen einer antizyklischen Allokation zwischen Ertrags- und Stabilitätsquellen zu veranschaulichen, haben Fitzner und Petersen ein Portfolio konstruiert, welches die Allokation in High-Yield- und Staatsanleihen abhängig von Rendite- und Risikoprämienniveau anpasst (Backtest-Strategie). Dieses dynamische Portfolio wurde einem reinen EUR High-Yield-Portfolio, einem EUR Staatsanleihen-Portfolio und dem MSCI World in EUR gegenübergestellt, dabei haben die Autoren zwei unterschiedliche Marktphasen identifiziert und getrennt betrachtet.
Juni 2002 bis Juli 2012: Normale Kapitalmarktzyklen
In diesem Zeitraum wird die Outperformance von Anleihen gegenüber dem Aktienmarkt besonders deutlich. Das Platzen der Dotcom-Blase Ende 2001/Anfang 2002 in Kombination mit mehreren prominenten Fällen von Bilanzierungsbetrug in den USA zwang Unternehmen zu einer konservativeren Kapitalstruktur. Um diese zu erreichen, wurden Dividenden oder Aktienrückkäufe gestoppt, Investitionen wurden zurückgefahren und Unternehmensbereiche teilweise verkauft, um die Verschuldung zu reduzieren. Kurz, die Interessen der Kreditgeber wurden über die der Aktionäre gestellt. Dieselbe Dynamik lässt sich noch deutlicher im Zuge der globalen Finanzkrise von 2008/2009 beobachten.
Durch den Kollaps mehrerer Banken war der Kreditmarkt für viele Unternehmen verschlossen und noch drastischere Maßnahmen waren nötig, um das Vertrauen von Gläubigern zurückzugewinnen. Wie zu erwarten sind die Total Returns von Euro-Staatsanleihen, gemäß den insgesamt höheren Zinsniveaus in diesem Zeitraum moderat und zudem aufgrund positiver Realzinsen mit geringer Volatilität verbunden. So reduziert eine Allokation von Staatsanleihen in Kombination mit High-Yield die Volatilität, ohne dabei großartig auf Rendite verzichten zu müssen und erzielt auch die besten risikoadjustierten Renditen von den betrachteten Portfolios.
August 2012 bis heute: Aussteuerung der Kapitalmarktzyklen durch Zentralbanken
Mit dem Statement „Whatever it takes“ von Mario Draghi am 26. Juli 2012 wurde eine neue Ära in der Geldpolitik Europas eingeläutet. Die nahezu kontinuierliche Intervention durch ein immer niedrigeres Zinsniveau sowie direkter Anleihekäufe durch die Zentralbank drückte die Renditen von Staatsanleihen und nachfolgend auch die Risikoprämien von High-Yield-Anleihen. Investoren waren auf der Suche nach Rendite gewillt, immer größere Risiken für eine tendenziell sinkende zusätzliche Rendite einzugehen.
Diese Bewegung in immer zinssensitivere Laufzeiten bei geringeren Ertragsaussichten, machte das Risiko-Rendite-Verhältnis noch asymmetrischer, als es bei Anleihen ohnehin bereits ist. Zudem steigen die Kurse bei immer weiter sinkenden Renditen, sodass die Korrelation zwischen den Anleihesegmenten und zum Aktienmarkt anstieg. Euro-Staatsanleihen weisen in dieser Phase eine höhere Volatilität und einen höheren Drawdown als High-Yield Anleihen aus.
Durch immer weiter sinkende Anleiherenditen nahm die Direktionalität in den Bewegungen aller Assetklassen zu. Und trotz der insgesamt hohen Korrelation auch innerhalb des Anleihesegments hat die Kombination der beiden Anleihesegmente einen stabilisierenden Effekt, der sich in einem niedrigerem Maximalverlust zeigt. Dennoch täuscht die bessere Performance aus Risikosicht nicht über die Tatsache hinweg, dass das systematische Backtest-Portfolio auch vor dem großen Paradigmenwechsel am Anleihemarkt im Jahr 2022 nicht gefeit war.
Die Folgen der 2022er Kehrtwende
Mit der Bekämpfung der Inflation in 2022 initiierten die Zentralbanken eine Kehrtwende in der Geldpolitik, die eine Rückkehr von Kapitalmarktzyklen wie zu Beginn des Jahrhunderts erwarten lässt. Die nun positiven Realrenditen sprechen wieder für eine höhere Allokation in Anleihen. Aktuell sind die Zinsen wieder auf einem Niveau wie vor der Finanzkrise, die Risikoprämien dagegen eher auf unterdurchschnittlichem Niveau.
Für einen reinen Anleihefonds ist in diesem Umfeld eine ausgewogene Mischung von Ertragsquellen und Stabilitätsquellen opportun. Aufgrund der hohen Korrelation von High-Yield-Anleihen zu Aktien ist für einen Mischfonds eine grundlegend höhere Gewichtung von Stabilitätsquellen sinnvoll, die Rolle der Ertragsquellen übernehmen hier weitgehend die Aktien.
Über die Autoren:
Andreas Fitzner und John Petersen sind Portfoliomanager bei der Fondsboutique Eyb & Wallwitz.