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Robeco-Fondsmanager „Volatilität ist aus Anlegersicht nützlich“

Chris Hart managt den internationalen Aktienfonds Robeco BP Global Premium Equities
Chris Hart managt den internationalen Aktienfonds Robeco BP Global Premium Equities
Frage: Rund 60 Prozent Ihres Fonds sind in den USA investiert. Ist das nicht ein wenig viel für einen Fonds mit globaler Ausrichtung?

Chris Hart: Diese Frage wurde mir in letzter Zeit häufiger gestellt. Tatsächlich ist das die stärkste Gewichtung in den vergangenen sechseinhalb Jahren, seit ich für den Fonds verantwortlich bin. Unser Bottom-up-Auswahlprozess führt dazu, dass der Fonds derzeit so stark in den USA gewichtet ist. Wir finden dort aktuell einfach mehr attraktivere Anlagechancen als in anderen Regionen. Abgesehen von der Attraktivität der Unternehmen muss man auch feststellen, dass die USA derzeit ohne Zweifel den Ton für das Weltwirtschaftswachstum angeben. Man wird sehen, ob das Wachstum und die Unternehmensgewinne durch die monetären Maßnahmen tatsächlich stimuliert werden können, dann kann sich das Bild auch schnell ändern.

Den wirtschaftlichen Aufschwung von dem Sie sprechen haben die Börsen schon reichlich belohnt. US-Indizes haben 2014 neue Rekordstände markiert. Geht es noch weiter nach oben?

Wir glauben, dass die Kurse noch etwas zulegen werden. Eine ganze Reihe von Gründen spricht dafür. US-Unternehmen verfügen über sehr viel Liquidität. Zudem ist die Ertragskraft der meisten Unternehmen heute höher als jemals zuvor. Das sollte sich auch nicht ändern, schließlich kommen derzeit mehrere günstige Faktoren zusammen: niedrigere Energiepreise, Verbraucher, die in den letzten fünf Jahren gespart haben und jetzt vielleicht wieder mehr Geld ausgeben werden, und ein Wohnimmobilienmarkt, der seinen Boden gefunden hat. Auch die Kreditvergabe an Verbraucher sowie kleine und mittelgroße Unternehmen hat wieder angezogen. Das ist einer der Gründe, warum die Unternehmensgewinne so kräftig sprudeln.

Für Europa beziehungsweise europäische Aktien scheinen Sie weniger euphorisch zu sein. Vor allem die Eurozone spielt im Fonds zurzeit kaum eine Rolle. Dabei betrachten viele Marktteilnehmer doch gerade diese Aktien als günstig bewertet.

Wir denken, dass die Unternehmensgewinne in Kontinentaleuropa 2015 im Durchschnitt weniger stark zunehmen werden, als allgemein erwartet. Daher haben wir unsere frühere Übergewichtung kontinentaleuropäischer Aktien schrittweise auf das heutige Niveau abgebaut. Inwieweit die schwächere Währung den Unternehmen künftig hilft, wird man sehen. Losgelöst von der individuellen Sicht auf Unternehmen sind wir aber auch der Auffassung, dass Europa erhebliche strukturelle Veränderungen benötigt. Die EZB versucht zwar, den Konsum und die Investitionstätigkeit mit billigem Geld anzukurbeln, aber das ist nicht die eine Antwort auf alle Probleme.

Wie sieht es auf der Sektorenseite aus? Haben Sie hier Favoriten?

Ganze Sektoren, die besonders attraktiv sind, sehen wir heute nicht mehr. Wir werden in einigen Sektoren aber eher fündig als in anderen. Ein Wirtschaftszweig, in dem wir nach wie vor attraktive Aktien finden, ist die Verpackungsindustrie. Die Stabilität der Unternehmensgewinne überzeugt uns und die Unternehmenslenker haben sich in einem historisch betrachtet sehr schwierigen Umfeld gut zurechtgefunden. Auch einige Aktien aus dem Finanz-, Gesundheits- und Grundstoffsektor bringen grundsätzlich gute Voraussetzungen mit. Uns gefallen US-Finanztitel, vor allem Regionalbanken, die bei der Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen sozusagen an vorderster Front stehen.

Wie beurteilen Sie die Lage in Asien?

Es wird immer die auf die Gesamtwirtschaft bezogenen Fragen geben. Zum Beispiel, wie es mit China weitergeht. Ob das Land seine Währung abwerten wird, weil Japan das auch gemacht hat. Wir stellen uns solche Fragen nicht, sie sind spekulativ. Für uns zählt die Bottom-up-Perspektive, also was ist aktuell und in naher Zukunft in den Gewinnen eines Unternehmens erkennbar. In Japan gehen wir zum Beispiel weiter behutsam vor. Unsere Engagements beschränken sich auf Unternehmen mit Alleinstellungsmerkmalen. Also nicht die Firmen, die mit den Baumaßnahmen für die 2020 in Tokio stattfindende Olympiade beauftragt sind, sondern Firmen mit überzeugenden Fundamentaldaten.

Die Aktienmärkte sind sehr volatil ins Jahr gestartet. Ein Anlass zur Sorge?

Nein, überhaupt nicht. Aus der Volatilität des Marktes entstehen Anlagechancen. Denn Volatilität bedeutet nicht, dass sich die Unternehmen am Markt alle in ähnlicher Weise bewegen. Es gibt weniger Konsens und daraus ergeben sich Bewertungsanomalien. Höhere Volatilität ist also gut für die gezielte Auswahl von Aktien und sie ist auch aus Anlegersicht nützlich.

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