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Robeco-Spezialist zu Unsicherheit vor Wahlsaison „Es besteht die Gefahr, dass sich Rückenwind in Gegenwind dreht“

Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solution
Lukas Daalder, Chief Investment Officer von Robeco Investment Solution

Die Daten, die aus den verschiedenen Wirtschaftsräumen gemeldet werden, sind weiterhin überwiegend positiv, wobei vor allem Europa für erfreuliche Überraschungen sorgt. Die Konsumausgaben steigen nahezu überall an, und Indikatoren, die die Zuversicht von Erzeugern und Verbrauchern messen, sind so hoch wie seit langem nicht mehr. Wir erleben einen synchronisierten Konjunkturaufschwung, und deshalb überrascht es nicht, dass sich risikobehaftete Vermögenswerte erfreulich entwickeln. Eine breit angelegte positive Dynamik in dieser Größenordnung gab es zuletzt 2009, als sich die Weltwirtschaft endlich von der vorangegangenen tiefen Rezession zu erholen begann. Angesichts dieser Wachstumsbeschleunigung sind die Aktienmärkte gerne bereit, alles zu akzeptieren, womit sie konfrontiert werden. Dazu zählen die Unsicherheit über die bevorstehenden Wahlen in Europa, Trumps neueste Pläne und Twitter-Meldungen sowie der wachsende Widerstand gegen die Globalisierung. Anscheinend kann nichts von alledem die positive Stimmung trüben, die derzeit in den riskanteren Segmenten der Finanzmärkte herrscht.

Versöhnlicher Trump, steigende Aktienkurse – und abnehmende Risiken?

Sogar Trump trägt zu dieser positiven Entwicklung bei, nachdem er in einer Rede vor dem US-Kongress versöhnlichere Töne angeschlagen hat. Plötzlich bekennt Trump sich zur Nato. Das Thema „fake news“ hat er nicht angesprochen, und er hat sogar den Eindruck erweckt, dass er die Kluft zwischen ihm und seinen Gegnern überbrücken will. Auf seine Rede folgte ein Seufzer der Erleichterung, und die Aktienkurse zogen an, während die „Spannungen nachließen. Doch eine Sache stimmt nicht: Bei Aktien haben sich überhaupt keine Spannungen aufgebaut. Zudem gab und gibt es kaum Volatilität, und die Aktienkurse haben sich die meiste Zeit in einem engen Korridor bewegt. Wenn Aktien also bei zunehmenden Risiken nicht fallen, sondern anziehen, wenn diese Risiken anscheinend etwas abgenommen haben, ergibt sich eine ganz einfache Schlussfolgerung: Sie wollen steigen und suchen nach Gründen, um genau das zu tun. Sicherlich sind viele unerfreuliche Szenarien denkbar. Doch solange diese nicht eintreten, ist der Aktienmarkt anscheinend gerne bereit, sie bis auf Weiteres zu ignorieren.

Unsicherheiten hängen wie dunkle Wolken über dem Markt

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Diese „unerfreulichen Szenarien” darf man nicht übersehen. Das Ganze hat aber auch eine andere Seite: Die Aktienmärkte können beschließen, Trumps neueste verbale Attacke zu ignorieren. Doch Unternehmen treffen ihre Investitionsentscheidungen auf der Grundlage soliderer Überlegungen. Es gibt nach wie vor eine Reihe von Unsicherheiten, die wie dunkle Wolken über dem Markt hängen und für Investitionsentscheidungen ausschlaggebend sein können. In den USA gehören dazu die angekündigten Einfuhrzölle und andere Trump‘sche Drohungen. Und in Europa könnten bei den Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland populistische Parteien hohe Stimmenanteile gewinnen. Hinzu kommt Großbritannien, das den Brexit-Prozess einleiten wird.

Niederländische Wahlen dürften begrenzte Marktauswirkungen haben
Zwar sind die Niederländer nicht so stark gegen die EU eingestellt wie die Briten, und die jüngsten Umfragen zeigen, dass die Zustimmungswerte für Geert Wilders und seine rechts außen angesiedelte PVV nachlassen. Doch der Wahlausgang in den Niederlanden gilt vielen als Indikator für Frankreich, wo Marine Le Pen und ihr rechts außen stehender Front National bei den Parlamentswahlen antreten. Ein unerwartet gutes Abschneiden von Wilders am 15. März könnte bedeuten, dass die Welle des Populismus weiterrollt und das Risiko einer Präsidentschaft von Le Pen steigt. In diesem Fall dürften Anleger ihre Bestände in sichere Häfen umschichten, zu denen ironischerweise auch die Niederlande gehören.

Unserer Ansicht nach dürften die Wahlen in den Niederlanden aufgrund der zersplitterten Parteienlandschaft jedoch kaum für Aufsehen sorgen. Die Wahlen sollten sich zudem kaum auf die stark internationalisierte Amsterdamer Börse auswirken. Selbst wenn Wilders haushoch gewinnt, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass dies auf niederländische oder andere Aktien Einfluss hat. Um eine Regierungskoalition bilden zu können, müsste er seine radikaleren politischen Ideen abschwächen und langweiliger werden. Sollte ein Sieg Wilders als Schritt hin zu einem Austritt aus dem Euroraum aufgefasst werden, könnte sich das am europäischen Aktienmarkt bemerkbar machen. Doch letztlich sind die Niederlande zu klein, um sich wirklich auf europäische oder globale Aktien auszuwirken. Betrachtet man die Unternehmen an der Börse in Amsterdam, so sind die meisten davon international ausgerichtet wie Royal Dutch Shell, Unilever und Phillips. Sie haben zwar ihren Ursprung in den Niederlanden, doch den Großteil ihres Umsatzes erzielen sie im Ausland. Am niederländischen Aktienmarkt haben außerdem Finanztitel ein recht hohes Gewicht. Auf sie hätte Wilders keinen Einfluss, da sie von der EZB in einem gesamteuropäischen Kontext reguliert werden. Solange die Niederlande keinem „Nexit“ entgegengehen, bleiben die meisten Aktien von den Wahlen schlicht unberührt.

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