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Von in Werte schaffen mit aktivem 360°-AnsatzLesedauer: 6 Minuten
Rob Almeida
Robert Almeida, globaler Investmentstratege bei MFS Investment Management, erinnert Anleger an einen Ausspruch von Louis Pasteur: „Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist.“ | Foto: MFS Investment Management

Letztlich sind Aktien und Anleihen Ansprüche an dieselben Unternehmensaktiva. Umso wichtiger ist es, die Zusammenhänge und Korrelationen zwischen den beiden Assetklassen genau zu verstehen und mögliche kognitive Verzerrungen zu erkennen. Gerade in unsicheren Zeiten erfordert das umfangreiche Stresstests und assetklassenübergreifende Zusammenarbeit.

Investieren ist nicht einfach. Große Investoren haben dennoch gezeigt, dass langfristiger Erfolg möglich ist. Wissenschaftler und Anhänger des passiven Investierens mögen Mehrertrag mit Glück erklären. Aber wie sagte schon Louis Pasteur: „Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist.“ (Le hasard ne favorise que les esprits préparés.)

Für Investoren bedeutet Vorbereitung, die fundamentalen Ertragsfaktoren genau zu analysieren. Das erfordert umfangreiche Vergangenheitsdaten zu allen Aspekten des Unternehmens und seiner Branche, etwa zur Preiselastizität der von ihm produzierten Güter in unterschiedlichen Konjunkturszenarien. Ebenso wichtig sind Informationen zu Produktionsmethoden und Produktionsstandorten, Kostenrisiken und die Stabilität in Krisenzeiten. Zum Schluss muss man die Verteilungsfunktion der langfristigen Cashflows schätzen – und sie mit dem vergleichen, was die Aktien- und Unternehmensanleihenkurse abbilden.

Die Vergangenheit lehrt uns aber, dass trotz größter Sorgfalt oft Fehler passieren, weil Anleger irgendetwas übersehen. Es ist schon schwierig genug, etwas zu analysieren, was man nicht kennt. Wenn außerdem kognitive Verzerrungen zu einer fehlerhaften Informationsverarbeitung führen, wird es noch komplizierter.

Einige der häufigsten Verzerrungen beim Investieren sind der Bestätigungsfehler, der Herdentrieb und die Verlustaversion. Auch der Ankereffekt, also die Tendenz, Altbekanntes bei Entscheidungen überzubewerten, könnte für Unternehmensanleiheninvestoren bald wichtig werden.

 

Rechtsansprüche auf gleiche Aktiva

Wegen der unterschiedlichen Auszahlungsstruktur sind Aktien und Unternehmensanleihen für Investoren völlig zu Recht zwei verschiedene Dinge. Als Aktionär ist man Miteigentümer eines Unternehmens. Die Aktienkurse hängen davon ab, wie Investoren den Gegenwartswert künftiger Gewinne und den Liquidationswert der materiellen und immateriellen Aktiva einschätzen. Anleihen hingegen sind Kreditverträge; man leiht Unternehmen Geld gegen das Versprechen regelmäßiger Zinsen und der Rückzahlung zu einem vorher festgelegten Zeitpunkt. Bei Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmens werden die Ansprüche der Anleihengläubiger zuerst bedient.

Aktien habe ich mir immer als Kaufoption auf die Aktiva und den möglichen Kapitalertrag eines Unternehmens vorgestellt – und Anleihen als den Verkauf einer Verkaufsoption auf diese Aktiva an die Eigentümer. Die Ausübungspreise sind zwar unterschiedlich und hängen auch von der Optionslaufzeit ab, beruhen aber letztlich auf den gleichen Faktoren. Dazu zählen die Volatilität beziehungsweise das Risiko des Geschäftsmodells, die kurz- und langfristigen Verbindlichkeiten, das operative und finanzielle Know-how der Geschäftsleitung sowie die geistigen Eigentumsrechte und die Sachwerte des Unternehmens. 

Der Ankereffekt in der Praxis

Der Inflationsschock von 2022 ließ die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen nach oben schnellen. Seitdem habe ich immer wieder gelesen und gehört, dass sie sich bald wieder „normalisieren“ werde. Aber was ist normal? Da Aktien und Anleihen vertragliche Ansprüche an die gleichen Aktiva sind, sollten sie langfristig positiv korreliert sein – und oft waren sie es auch. Die Korrelation war zwar meist niedrig und ermöglichte langfristige Diversifikation. Negativ war sie aber nur selten, anders als viele noch immer behaupten und erwarten.

Das Quantitative Easing der 2010er ließ nicht nur Aktien und Unternehmensanleihen ungewöhnlich stark steigen, sondern verzerrte auch die Kursbewegungen und führte zu einer negativen Korrelation zwischen den beiden Assetklassen. Wer sich zu dieser Zeit erstmals mit Asset-Allokation beschäftigt hat, könnte daher heute etwas für normal halten, das nur die Folge künstlich niedriger Zinsen war – der niedrigsten seit mindestens 5.000 Jahren.

Dieser Ankereffekt könnte bewirken, dass Unternehmensanleiheninvestoren aus der Aktienmarktentwicklung die falschen Schlüsse ziehen. 

Spreadausweitung und Aktienmarktvolatilität gehen oft Hand in Hand

Da Unternehmensanleihen und Aktien Ansprüche an die gleichen Aktiva sind, sollte die Korrelation zwischen dem VIX – dem für Anleger wohl wichtigsten Maß für die US-Aktienmarktvolatilität – und den Spreads amerikanischer Investmentgrade-Anleihen eigentlich positiv sein (Grafik 1).

Grafik 1: Hohe Aktienmarktvolatilität, aber nur moderate Spreadveränderungen

Aber dieses Jahr war es anders. Aktien sind zwar volatiler geworden, aber die Credit Spreads blieben niedrig. Welcher Markt hat recht? Zwei Überlegungen halte ich für wichtig.

Erstens: Größere, liquidere Assetklassen sind meist effizienter als kleinere, weniger liquide. Das Aktiensignal dürfte daher aussagekräftiger sein als das Unternehmensanleihensignal.

Zweitens: Seit ich in der Finanzbranche arbeite, habe ich den Eindruck, dass Anleiheninvestoren die geborenen Pessimisten und Aktieninvestoren Optimisten sind. Auch wenn sich die Risiko-Ertrags-Profile der beiden Assetklassen unterscheiden, halte ich beide Zuschreibungen für falsch. Vereinfacht gesagt, analysieren Credit-Investoren Cashflows und schätzen die Wahr-scheinlichkeit, dass ein Coupon ausfällt. Aktieninvestoren schätzen hingegen Gewinne, also Umsätze abzüglich Kosten, Abschreibungen und Ähnlichem. Beide analysieren also dasselbe Unternehmen, aber aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Sie betrachten verschiedene Dinge und entwickeln daher unbewusst unterschiedliche kognitive Verzerrungen.

Vielleicht verallgemeinere ich jetzt etwas zu sehr, aber die jüngsten Aktienverluste haben viel damit zu tun, dass Anleger die Auswirkungen von Zöllen auf Umsätze, Kosten und Gewinne prognostizieren und deshalb eine Rezession für wahrscheinlicher halten. Natürlich haben die Aktienmärkte zuerst reagiert. Wenn die Aktieninvestoren recht haben, werden zwangsläufig die Fremdkapitalquoten der Unternehmen und die Ausfallwahrscheinlichkeiten ihrer Anleihen steigen. Dann weiten sich auch die Spreads aus.

Fazit

Wir können die Zukunft nicht vorhersagen, aber wir können uns ein Bild von ihr machen. Anleger sollten auf unterschiedliche Entwicklungen vorbereitet sein.

Natürlich wird man weiterhin Stresstests vornehmen und überlegen, wie sich die Kostenstruktur eines Unternehmens bei höheren Zöllen und schwächerem Wachstum verändert. Dennoch glaube ich, dass der Zufall am Ende jene Investoren begünstigen wird, die am besten vorbereitet sind, Informationsverzerrungen erkennen und ihre Aktien- beziehungsweise Anleihenkollegen um Hilfe bitten.

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