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Aktualisiert am 28.01.2020 - 12:52 Uhrin MärkteLesedauer: 7 Minuten

Robert Halver: „Ein Einbruch des US-Dollars käme dem Zusammenbruch des Finanzsystems gleich“

Robert Halver
Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse
bei der Baader Bank

DAS INVESTMENT.com: Herr Halver, kennen Sie schon den Billy-Index?

Robert Halver: Nein, ich kenne bloß den Big-Mac-Index.

DAS INVESTMENT.com: Ähnlich wie der Big-Mac-Index vergleicht das Billy-Pendant die Bücherregalpreise der bekannten Möbelkette in verschiedenen Ländern, umgerechnet in US-Dollar. Hieraus soll sich die Über- oder Unterbewertungen verschiedener Währung ableiten lassen. In Israel kostet ein Billy-Regal rund 103 US-Dollar – das ist mehr als 70 Prozent über dem Durchschnittspreis. Demnach gilt der israelische Schekel als überbewertet und sollte längerfristig gegenüber anderen Währungen abwerten.

Halver: Was kostet denn das Billy-Regal in den USA?

DAS INVESTMENT.com: Laut Ikea-Katalog 59,99 US-Dollar. Das liegt nahe dem Durchschnittspreis von 60,09 US-Dollar. Nach der Billy-Theorie ist der Greenback also zurzeit fair bewertet.

Halver: Alles schön und nett, ich bin jedoch kein großer Freund dieser Theorie, denn hier werden homogene Güter unterstellt. Nun gut, ein Big Mac ist ein Big Mac. Aber wenn ich abends Hunger habe, dann überlege ich mir ja nicht, was der Hamburger hier in Frankfurt kostet und ob ich in New York ein paar Cent sparen könnte. Wenn es um die Erklärung von Währungsschwankungen geht, finde ich die Zins- und Portfoliotheorien wesentlich interessanter.

DAS INVESTMENT.com: Der Dollar befindet sich in einer ausgeprägten Schwächephase. Im Moment kostet der Euro rund 1,47 Dollar. Rutscht er weiter ab?

Halver: In der Spitze bis 1,60 könnte es erstmal schon gehen. Aber dann tut es natürlich weh – vor allem den Chinesen und den Europäern, aber auch den USA.

DAS INVESTMENT.com: Deutet die Dollar-Abwertung nicht auch auf ein schwächer werdendes Amerika hin?

Halver: Sehen Sie, das ist genau das, was mich an den Diskussionen immer stört. Wenn der Dollar schwächelt, heißt es schnell, Amerika ist am Boden und schaut euch doch mal China an…

DAS INVESTMENT.com:  …die vermeintliche neue Supermacht.

Halver: Ja, aber doch nur auf den ersten Blick, wenn man die wirtschaftliche Oberfläche betrachtet. Das hat aber bis dato noch alles keinen Tiefgang. Soziale und kulturelle Aspekte werden oft völlig ausgeblendet, gehören zu einem starken Währungsraum aber dazu.

DAS INVESTMENT.com: Da ist Europa schon ein paar Schritte weiter.

Halver: Sicher, aber auch wir sind nur auf dem Papier Europäer. Ich verweise nur auf das Hickhack um die europäische Verfassung. Damit schlägt man schon die dickste Fliege. Wir haben hier noch sehr viel Hausaufgaben zu machen.

DAS INVESTMENT.com: Die USA und der Dollar sind und bleiben also immer noch das Maß aller Dinge?

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