Robert Halver über Währung, Politik und EZB Europa scheint keinen starken Euro mehr zu wollen

Deutsche hatten immer eine Schwäche für eine starke Deutsche Mark. Sie war der Beweis für eine gut geölte Wirtschaft sowie unsere Preis- und Finanzstabilität. Heute hat der Euro mit der früheren D-Mark nicht mehr viel gemein. Die puren Stabilitätsregeln werden immer mehr verwässert und die Wirtschaftskraft schwindet. Daher präsentiert sich die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar auch so schwach. Doch scheint das die (geld-)politisch Verantwortlichen in Europa kaum zu interessieren.
Damals gab es noch gute Gründe für Währungsstärke
Offiziell hat die EZB von der Bundesbank den Stabilitätsauftrag geerbt. Inoffiziell scheint man ihn dort aber nicht besonders ernst zu nehmen. Wenn EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sagt „Die derzeitige Inflationsphase ist sehr ungewöhnlich, vorübergehend und kein Anzeichen für eine chronische Situation“, dann ist klar, dass Preisstabilität viel mit Pferdesport zu tun hat. Ferner liefen.
Früher bei der Bundesbank hätte er sich für so eine Äußerung noch den Mund mit Kernseife auswaschen müssen. Früher hätte man bei Preissteigerungen nicht lange um den heißen Brei herumgeredet. Man hätte sie umgehend an der Wurzel mit Leitzinserhöhungen und steigenden Anleiherenditen bekämpft. Heute allerdings bleibt die EZB-Kavallerie pazifistisch im Stall. Doch mit sinkenden Realzinsen stärkt man den Euro sicher nicht, im Gegenteil.
Neben der Preis- genießt auch die Finanzstabilität keine bevorzugte Behandlung mehr. Das coronale Krisenereignis wurde als Hebel missbraucht, um die Stabilitätsunion endgültig zur Schuldenunion zu machen. Die Vergemeinschaftung von Schulden und Geldgeschenken sollte zwar nur einmal passieren. Doch kennt man ja die Bedeutung von „nur einmal“ in Europa: Aus ein- wird mehrmalig und dann regelmäßig.