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Robert Halver über Deutschlands Arglosigkeit „Amerika nutzt Europas Abhängigkeit von China schamlos aus“

Robert Halver mit einem in Ketten gelegten Europa im Hintergrund
Robert Halver mit einem in Ketten gelegten Europa im Hintergrund: „Die Tatsache, dass VW fast jedes zweite Auto in China verkauft und dort mehr als ein Drittel seiner Gewinne einfährt, beschreibt unsere Abhängigkeit mehr als deutlich.“ | Foto: Fotomontage, Jessica Hunold, Baader Bank, Canva

China war für Deutschlands Wirtschaft lange das, was für die Made der Speck ist. Doch da sich die Kalorienzufuhr aus China auch aus geopolitischen Gründen immer mehr reduziert, wird uns die extreme Abhängigkeit vom chinesischen Schlaraffenland erst bewusst. Für alternative Ernährungsquellen steht Amerika leider nicht mehr zur Verfügung. In Deutschland droht wirtschaftlich Schmalhans zum neuen Küchenmeister zu werden.  

An Stelle des großen US-Marktplatzes, der uns zuletzt durch Old McDonald‘s Handelskapriolen weniger zugänglich war, galt China als perfekter Ersatz mit gleich zweifachem Trump(f). Es verfügte über den weltgrößten Absatzmarkt und dort ließ sich auch noch zu sensationell günstigen Produktionskosten outsourcen. China hat uns zum Industrie-Weltmeister gemacht, was auch dem deutschen Wohlstand zugutekam. Die Objekte der Konsumbegierde waren für jedermann erschwinglich. Inflation fand nicht statt, was die EZB veranlasste – wenn überhaupt – nur mit Platzpatronen zu schießen.  

Hätte man komplette Einsicht in den chinesischen Bausektor, würde man wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen    

Eigentlich musste man sich wirtschaftspolitisch gar nicht mehr anstrengen. Eigentlich lief es doch bis 2019 wie am Schnürchen, eigentlich. Aber plötzlich führten in China Corona-bedingte harte Wirtschaftsschließungen Deutschland vor Augen, dass unreflektiertes Outsourcing und blindes Vertrauen auf das Schlaraffenland gefährliche Schattenseiten hat. Die China-Chance birgt auch ein gewaltiges China-Klumpenrisiko.  

 

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Die China-Speisekarte wird kleiner. Die Bevölkerung schrumpft, was die traumhaften BIP-Zuwächse von einst 8 bis 10 Richtung kleiner 4 Prozent drücken wird. Übrigens lassen auch in China die Strukturreformen nach. Dagegen stand die Wiedererstarkung der kommunistischen Herrlichkeit im Mittelpunkt. All das wirkt sich auf die Wirtschafts- beziehungsweise Importkraft aus.

Und dann ist da noch eine verheerende Immobilienkrise. Wenn Amerika die Krise über Lehman Brothers hatte, dann ist es in China die Lehman-Großfamilie. Es wurde eine gigantische Kreditblase der Marke „Turmbau zu Babel“ aufgebaut, ohne wirtschaftliche Grundsätze zu berücksichtigen. Und da sich in etwa ein Drittel der chinesischen Wirtschaftsleistung auf den Immobiliensektor stützt, wird die wirtschaftliche Fallhöhe Chinas klar ersichtlich. Hätte man komplette Einsicht in den chinesischen Bausektor, würde man wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Und würde die Kreditbombe platzen, würden Dominoeffekte die Exportländer massiv in den Schwitzkasten nehmen. Nicht zuletzt verfügt China mittlerweile selbst über eine ansehnliche Industriekultur und ist immer weniger auf deutsche Industrie-Entwicklungshilfe angewiesen.

Leider zeigt die Geschichte, dass Amerikas Sanktionen nie die gewünschte Wirkung zeigten

Zu allem Verdruss kommt auf Wirtschafts-Deutschland aber auch noch geopolitisches Ungemach zu. Präsident Xi Jinping arbeitet konsequent an „China First“, versucht mit allen Mitteln Amerika von der pole position in der Welt zu verdrängen. Das gefällt dem jahrzehntelangen Platzhirsch Amerika naturgemäß nicht. Trump und jetzt Biden unternehmen alles, um Chinas heiße Gelüste auf Weltmacht abzukühlen. Dazu versucht man China auch mit Handelspolitischen- und Wirtschaftssanktionen beizukommen.

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