Nach Trumpback Der Weckruf für Deutschland und Europa ist nicht mehr zu überhören
Nach „Trumpback“ ist der Weckruf für Europa und Deutschland nicht mehr zu überhören
Donald Trump wird erneut Präsident der USA. Und mit Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus können die Republikaner sogar durchregieren. Ab jetzt wird Trump alles dafür tun, um in die Geschichtsbücher einzugehen. Europa und vor allem Deutschland müssen sich ganz warm anziehen. Doch muss der „Trump-Schock“ uns endlich aus dem politischen Tiefschlaf wecken. Wenn wir unsere Hausaufgaben – nach Neuwahlen in Deutschland machen – käme das nicht zuletzt unseren europäischen Finanzmärkten zugute.
Trump ist kein Gewinn für Deutschland und Europa
Trumps Kantersieg hat die deutsche Regierung auf dem falschen Fuß erwischt. Sie hatte auf Harris und ihre vermeintlich schonendere Behandlung Europas gehofft. Umso mehr fallen uns jetzt die massiven (wirtschafts-)politischen Versäumnisse mindestens der letzten 10 Jahre auf die Füße.
Zwar will Trump als „Friedensfürst“ in die Geschichte eingehen, zumal die Amerikaner keinen Bock mehr auf teure militärische Aktivitäten haben. Daher will Trump den Ukraine-Krieg durch einen dreckigen Deal mit Putin einfrieren. Hinter vorgehaltener Hand wäre man in Brüssel und Berlin für ein Kriegsende grundsätzlich dankbar.
Und dann die Schuldenbremse. Sie muss gelöst werden, um hinter Amerika nicht weiter zurückzufallen.
Dennoch wird Europa sich sicherheitspolitisch immer weniger auf Amerika verlassen können. Hatte die deutsche Zeitenwende hier bislang eher Symbolcharakter, muss jetzt Butter bei die Fische, um sich im wahrsten Sinne nicht angreifbar zu machen. Doch würde Europa durch mehr Militärstärke im Nato-Bündnis aufgewertet, was auch seinen Aktienmärkten geopolitisch zugutekäme.
Zeitenwende in der Wirtschaftspolitik
Reste der transatlantischen Liebe in Wirtschaftsfragen, die die Biden-Administration noch aufrechterhalten hat, werden unter Trump restlos erkalten. Eine knallharte, in sich selbst verliebte US-Handelspolitik wird vor allem der deutschen Exportindustrie bei Produktion im Heimatland schwer zusetzen. Gerade amerikanische Zölle wirken wie ein Lockruf auf unsere Unternehmen, der Not gehorchend nach Amerika auszuwandern.
Was hält VW eigentlich davon ab, das, was sie hier zumachen, in Amerika wieder aufzumachen? Ist es nicht der erklärte Wunsch von Trump, aus deutschen amerikanische Autofirmen zu machen? Mit Speck fängt man Mäuse: Warum sollte er nicht möglichst viele unserer Industrieperlen in die USA locken?
Darauf können wir nicht mehr mit Zauderei, Weglächeln, Worthülsen, Durchhalteparolen sowie windigen Kompromissen reagieren. Insofern ist es sehr gut, dass die überhaupt nicht funktionierende Ampel beendet ist und möglichst bald eine neugewählte Regierung ins Amt kommt. Diese hat gewaltige Aufgaben vor sich. Wumms, Doppelwumms, Zeitenwende und Radikalreformen müssen zeitgleich erfolgen, um den wirtschaftlich brutalen Herausforderungen der Trumpschen Neuordnung gerecht zu werden. Nicht kleckern, sondern klotzen ist angesagt. Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles andere nichts.
Zurück zu deutschen (Wirtschafts-)Tugenden
Zwar sollten wir auf US-Zölle sicherlich mit Gegenzöllen reagieren. Wir sind keine Watschenmänner. Da dies aber nur ein Mütchen kühlen und kein wirtschaftsförderndes Instrument ist, muss man ans Eingemachte.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Konkret müssen wir schnell wieder zurück zu unseren deutschen (Wirtschafts-)Tugenden, die offenbar für viele Politiker nicht mehr zeitgemäß sind. Interessanterweise jedoch werden genau diese weltweit praktiziert: Qualität, Fleiß, Verlässlichkeit, Planungssicherheit, Energie zu vernünftigen Preisen, Wettbewerbsfähigkeit, Leistungsprinzip und Innovationskraft. Das geniale Motto einer deutschen Automarke - „Vorsprung durch Technik“ - muss wieder gelebt werden.
Ansonsten wird unser industrieller Kern immer kleiner und der Wohlstand geht verloren und macht Deutschland schließlich politisch riskanter. Und wenn wir grünen Wandel und Nachhaltigkeit haben wollen, sollten wir damit auch Geld verdienen. Dann müssen aber auch die Rahmendaten wie in anderen Ländern stimmen. Übrigens entwickeln andere den bei uns politisch in Ungnade gefallenen Verbrennermotor weiter, um ihm mit möglichen neuen synthetischen Kraftstoffen eine neue Zukunft zu geben. Wir kastrieren uns selbst.
Endlich den Fuß runter von der Schuldenbremse
Und dann die Schuldenbremse. Sie muss gelöst werden, um hinter Amerika nicht weiter zurückzufallen. Unbedingt muss es dabei um marktwirtschaftliche Wirtschaftsförderung, um ökonomische Vernunft statt staatswirtschaftlicher Steuerung nach ideologischem Gutdünken gehen.
Wenn wir nach Trumps Wahltriumpf nicht verstanden haben, dass wir die Ärmel aufkrempeln müssen, wird er uns auffressen.
Also Deutschland: „Vogel friss oder stirb.“
Ich bin für das Fressen, das große Fressen. Das hilft auch unseren Börsen.
Über den Autor:
Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt und ist damit für die Einschätzung der internationalen Finanzmärkte zuständig. Der erfahrene Kapitalmarkt- und Börsenkommentator ist durch seine regelmäßigen Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen einem breiten Anleger- und Finanzpublikum bekannt.