LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in AnalysenLesedauer: 4 Minuten

Robert Halver über China, USA, Europa Was Europa im Handelskrieg alles falsch macht

Seite 2 / 2

Ohnehin, selbst Trump braucht Verbündete. Er will den Schulterschluss mit Europa gegen China. Marschieren wir mit, ist ein US-Zollkrieg gegen die EU unwahrscheinlich.

Schadenfreude an einer im Extremfall amerikanischen Totalbezollung chinesischer Exporte kann Europa aber nicht haben. Zollkanonaden verteuern die Produktion und schädigen die Absatzchancen deutscher Exporteure. Zudem würde China versuchen, seine in Amerika nur noch erschwert abzusetzenden Waren in Europa zu Dumping-Preisen abzuladen. Erhöhte die EU daraufhin Importzölle auf chinesische Waren, wird die Vergeltung aus Peking nicht lange auf sich warten lassen. Das Exportland Deutschland würde am schwersten getroffen.

Grundsätzlich sollte sich die EU nicht von den Launen des amerikanischen Präsidenten abhängig machen, der heute noch Gutmensch ist, morgen aber schon wieder Gutsherr sein kann. Außerdem, wer sagt denn, dass Trumps Nachfolger wieder ein Anhänger des Freihandels ist. Europa wird sich grundsätzlich an die neuen US-Handelszeiten gewöhnen müssen.

Europas Weg des geringsten Widerstands ist der falsche Weg

Um nicht zwischen Amerika und China eingeklemmt zu werden, braucht Europa einen Plan B so dringend wie mein Rasen Regen. Der alte Kontinent braucht eine wirtschaftliche Kernsanierung, um zukunftsfähig zu werden. Petitessen wie die Abschaffung von Sommer- und Winterzeit gehören nicht dazu. Wie kann ein theoretisch großer EU-Binnenmarkt praktisch florieren, wenn immer mehr Unternehmen nach Amerika rüber machen und die Arbeitsplätze mitnehmen?

Für Deutschland gibt es ohnehin keine Alternative zu einem erstklassigen Hightech-Standort. Wie sollen wir denn ansonsten auch morgen noch industriell kraftvoll zubeißen? Im Augenblick jedoch putzen wir uns nicht einmal mehr regelmäßig die Zähne. Wo bleibt denn die versprochene Bildungs-Republik? Wo sind die massiven Infrastrukturinvestitionen in das superschnelle 5G-Netz, ohne das Digitalisierung so wenig Sinn macht wie das Oktoberfest ohne Bier? Auch die ideologisch betriebene Banken-Phobie in Berlin ist ökonomischer Unsinn. Eine starke Wirtschaftsnation Deutschland braucht eine starke deutsche Finanzindustrie. Glaubt denn irgendein Bankenhasser, der deutsche Finanzplatz wäre besser dran, wenn uns die ausländische Konkurrenz fremdbestimmt?

Das weitere Schwänzen von Reformen, um bei Wahlen bloß nicht angreifbar zu sein, ist unerträgliche Duckmäuserpolitik der EU, die in die Zweitklassigkeit führt.

Im Übrigen, wenn Europa seine Chancen nicht ergreift, werden seine Aktienmärkte nicht amerikanischen, sondern früher oder später auch denen der Schwellenländer hinterherhinken, die begriffen haben, dass die Erledigung von Hausaufgaben alternativlos ist.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen
Tipps der Redaktion