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Robert Halver zur deutschen Politik Nur noch Wackelpudding

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In diesem Fall würden CDU/CSU das Dreierbündnis „Jamaika“ anstreben. Doch werden die Grünen definitiv auf Neuwahlen bestehen. Denn während sie im aktuellen Bundestag hinter der FDP liegen, könnten sie dann sogar vor der Union stehen. Wer gibt sich mit Bronze zufrieden, wenn er Chancen auf Gold hat? In der Kanzlerfrage liegt Habeck in der Tat vor AKK.

Diesen Verlust von Kanzlerschaft und Richtlinienkompetenz wollen die Christdemokraten meiden wie ein hellhäutiger Nordländer die Sonne der Südsee. Überhaupt, käme es zu Grün-Schwarz könnte die Union als „Juniorpartner“ ein ähnliches Schicksal erleiden wie derzeit die SPD. In der Hoffnung, dass der Klima-Hype zumindest etwas abflaut, werden Union und SPD ihre kaputte Beziehung leider noch ein bisschen aufrechterhalten. Es erinnert an eine verschlissene Ehe, die nur noch Bestand hat, um das gemeinsame Haus nicht aufgeben zu müssen. Doch ohne jeden politischen Lustgewinn kommt Deutschland nicht voran. 

Die Angst der Grünen vor der großen politischen Verantwortung

Verantwortungsvolles Regieren ist aber was Anderes als oppositionelles Kritisieren. Diese schnöde Erfahrung haben die Grünen schon früher in der Koalition mit der Schröder-SPD gemacht. Die Wähler werden schnell am eigenen Leib spüren, dass Ökologie vielfach auf Kriegsfuß mit Ökonomie steht. Wenn erst einmal Unternehmen der Old Economy (Autoindustrie, Energiewirtschaft) den deutschen Standort aus z.B. Angst vor mangelnder Stromsicherheit noch kritischer hinterfragen, aber auch liebgewonnene Gewohnheiten wie Billigfliegerei und der Verzehr von Rindfleisch aufgrund der Methan ausstoßenden Kuh deutlich teurer werden, kann die grüne Freundschaft schnell enden. Denn wer arbeitslos ist, dem dürfte Klimaschutz herzlich egal sein.

Sollten die Grünen vor diesem Hintergrund vor wirklich grüner Politik zurückschrecken, könnten viele ideologische Anhänger enttäuscht sein. Was heute besonders top ist, kann morgen schon ein besonderer Flop sein. Siehe FDP: Bei der Bundestagswahl 2009 fuhren sie ihr historisch bestes Ergebnis ein, um dann 2013 an der Fünfprozentklausel zu scheitern.

Raus aus dem unverbindlichen Phrasen-, rein in den konkreten Handlungsmodus

Es wäre naiv, auf ein Ende des parteipolitischen Taktierens zu hoffen. Grundsätzlich muss aber vernünftig regiert werden, weniger ideologisch und fundamental, mehr pragmatisch und realistisch.

Berlin braucht zunächst stabile politische Verhältnisse. Das war lange Zeit ein wesentlicher Charakterzug deutscher Politik, der auch Ruhe in den EU-Karton brachte. Und unruhig ist es schon wieder, siehe z.B. Italien. Wackelt selbst Deutschland, kann Europa umkippen.

Stabilität ist aber nur ein Standbein. Das andere Standbein ist die Erledigung von Hausaufgaben. Man muss sich endlich um den deutschen Standort kümmern, konkret die Hemmnisse für Investitionen und Arbeitsplatzaufbau beseitigen wie Unkraut auf den Gehwegen. Nach Anzahl der ausländischen Investitionsprojekte ist Deutschland nicht nur hinter Frankreich, sondern sogar hinter Großbritannien zurückgefallen, das mit seiner EU-Renitenz doch ein richtiges Investitionsrisiko sein müsste.

Es ist ein großer Nachteil, dass viele Politiker zeitlebens nur politisiert, aber - wie es mein Opa immer formulierte - noch nie eine Schippe in der Hand gehabt haben. Sie reden von etwas, was sie selbst gar nicht kennen. Es fehlt der wirtschaftliche Stallgeruch von Handwerkern oder Unternehmern. Während Wirtschaftskompetenz in diesen Berufen Bedingung für Erfolg ist, wird sie in der Politik oft als zu behandelnde Krankheit betrachtet.

Auch im Zeitalter des Klimaschutzes gilt: Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles andere nichts.

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