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Robert Halver zur Draghi-Nachfolgerin Lagarde Wenn die EZB die Schleusen richtig öffnet

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In diesem Zusammenhang werden auch noch die heiligsten Stabilitäts-Kühe geopfert. Die Trennung von Finanz- und Geldpolitik wird aufgehoben. Sollte also kein privater Investor italienische oder griechische Staatsanleihen zu Minusrenditen abnehmen, muss die Notenbank ran.

Gemäß Pippi Langstrumpf macht sich die Finanzpolitik die Schuldenwelt mit Hilfe der EZB wie sie ihr gefällt. Wenn Schuldenländer keine Zinsen mehr zahlen, sondern sogar noch Gutschriften erhalten, wären sie keine Ökonomen, wenn sie nicht beherzt neue Schulden machten. Dieser Sündenfall wird moralisch mit den angeblich edlen Motiven des Staats geheilt, der an das Gemeinwohl denkt. Gerne wird auch auf Amerika und China verwiesen.

Dort finanziert die Notenpresse Wirtschaftswachstum. Ist es da nicht ein Gebot der europäischen (Geld-)Politik, dem amerikanisch-chinesischen Beispiel schon aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit zu folgen? Die Politiker können übrigens auch ganz gut damit leben, dass man mit einer radikalen Negativzinsstrategie en passant ebenso eine Währungsabschwächung des Euro und damit Exportstimulierung begünstigt. 

Unter der Ägide von Madame Lagarde wird die EZB endgültig zum Staatsfinanzierer.

Bonjour Tristesse, liebe Zinsanlagen

Wenn Lagarde die Vorschläge ihres IWF auch nur ansatzweise befolgt, frustriert Zinssparen noch mehr. Aber in der Eurozone geht es nicht um hohe Anlagezinsen, sondern um niedrige Kreditzinsen. Sparer werden also noch mehr enteignet. Dabei ist dieser zinslose Kapitalismus eine Einbahnstraße. Je länger man sie befährt, umso mehr macht eine zinspolitische Wende real- und finanzwirtschaftlich alles kaputt. Leider ist der point of no return längst erreicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass es keine attraktiveren Zinsen mehr geben wird, solange die Eurozone existiert.

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Zukünftig hat die EZB mit der Deutschen Bundesbank so viel gemeinsam wie ein Schweineschnitzel mit Tofu.

Gut, wenn man als Anleger einen Plan B hat. Wer Rendite will, kommt an Aktien und Dividenden nicht vorbei. Und tatsächlich: Obwohl der Handelskrieg bestenfalls eine Feuerpause macht, selbst China wirtschaftlich schwächelt und es momentan eine Inflation an Gewinnwarnungen von zyklischen Unternehmen gibt, zeigen sich Aktien sehr stabil. Die Liquiditätshausse ist offensichtlich dominant.

Und wer weiß, ob die EZB nicht irgendwann auch noch anfängt, Aktien aufzukaufen. Das haben die schweizer, japanische und US-Notenbank auch schon getan. Die EZB war doch immer schon ein Nachzügler.

Autor Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse der Baader Bank in Frankfurt.

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