
Weltweit steigt die Lebenserwartung, während die Geburtenraten sinken. Die Folge sind alternde Bevölkerungen in vielen Industrieländern und in China. Dort gibt es inzwischen immer mehr Menschen jenseits des Rentenalters und immer weniger im Erwerbsalter (zu denen die Wirtschaftswissenschaft üblicherweise die 15- bis 64-Jährigen zählt).
In mehreren großen Volkswirtschaften wird die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter in den nächsten 20 Jahren schrumpfen. Das wissen wir, weil die meisten Menschen, die bis dahin das Erwerbsalter erreichen werden, bereits geboren sind (siehe Grafik 1).
Grafik 1: Schrumpfende Erwerbsbevölkerungen. Derzeitige und prognostizierte Veränderung der Bevölkerung im Erwerbsalter, 2003-2044

In der Zuwanderung sehen wir eine Möglichkeit, diesem Trend effektiv entgegenzuwirken. In Japan und Europa schrumpft die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bereits seit vielen Jahren. Unlängst haben sich diesem Trend Großbritannien, Kanada und China sowie in den vergangenen zwei Jahren die USA angeschlossen, wie aus UN-Bevölkerungsdaten hervorgeht. Im Reich der Mitte etwa setzte 2016 der Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ein, die Schätzungen zufolge in den nächsten 20 Jahren um mehr als 10 Prozent und somit 140 Millionen Menschen sinken wird (siehe Grafik 1). Das entspricht in etwa der Bevölkerung von Deutschland und Italien zusammengenommen.
Die Wirtschaft stellt diese Entwicklung vor große Herausforderungen, denn bei sonst gleichen Bedingungen bedeutet eine kleinere Erwerbsbevölkerung, dass die Wirtschaft nicht mehr so schnell wachsen kann. Ein Land kann nur dann seine Produktion steigern, wenn mehr Menschen arbeiten oder wenn die Erwerbstätigen mehr produzieren.
In den G7-Ländern machte der Zuwachs an Erwerbstätigen in den letzten 20 Jahren 0,3 Prozent der durchschnittlichen Wachstumsrate von 1,7 Prozent aus, so die OECD. Dieser Schub lässt nun nicht nur nach, sondern kehrt sich sogar um. Folglich wird sich, solange die Arbeitsleistung nicht schneller steigt, das Wirtschaftswachstum nach unseren Schätzungen im Schnitt auf 1,2 Prozent verlangsamen. Wachstumsraten unter 1,3 Prozent gab es in den G7-Ländern bisher nur im Umfeld von Rezessionen in den USA.
Ist ein geringeres Wachstum demnach unausweichlich? Die Antwort wird davon abhängen, ob die Länder Wege finden, den Rückgang der Bevölkerung im Erwerbsalter zu kompensieren.