LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 3 Minuten

Rohstoff-Experte erklärt „Spekulationen zum Ölpreis sind vollkommen irrelevant“

Jeremy Baker, Senior Portfolio Advisor Alternatives bei Harcourt Investment Consulting
Jeremy Baker, Senior Portfolio Advisor Alternatives bei Harcourt Investment Consulting
Es gehört zur Natur der Kapitalmärkte, bei den Preisen für Vermögenswerte sowohl nach oben als auch nach unten zu übertreiben. Gleiches gilt für das Sentiment. So war es beispielsweise noch im Jahr 2008 der Konsens, dass der Ölpreis auf 200 US-Dollar je Barrel oder sogar noch darüber hinaus steigen wird. Nahezu jeden Tag überboten sich immer neue Experten mit immer höheren Preiszielen. Heute hat der Ende 2014 einsetzende Kollaps des Ölpreises das genaue Gegenteil bewirkt und erste Doomsday-Apostel prognostizieren bereits, dass sich der Preis nie mehr über das Niveau von 40 US-Dollar je Barrel erholen wird. Einfach schockierend, wie wenig wir lernen. Oder wie es einstmals der spanische Philosoph George Santayana formulierte: „Wer sich nicht seiner Vergangenheit erinnert, ist verurteilt, sie zu wiederholen“.

Ein gutes Beispiel dafür ist der „Economist“, der im März 1999 „Drowning in oil“ titelte, wobei der Ölpreis in den folgenden Jahren jedoch deutlich zulegte. Als ob es damit noch nicht genug gewesen wäre, prognostizierte dieselbe Zeitung im Oktober 2003 auf der Titelseite „The end of the Oil Age“; der Ölpreis stieg dessen ungeachtet aber weiter. Unglücklicherweise hat der „Economist“ noch weitere Vorhersagen gemacht, die man im Lauf der Jahre ähnlich beurteilen wird, wie jene aus 1999 und 2003.

Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass man selbst „sophistizierte“ Investoren noch immer an eine einfache Wahrheit erinnern muss – nämlich den zyklischen Charakter der Rohstoffe, der trotz der dominierenden Rolle Chinas Bestand hat. Auf einen einfachen Nenner gebracht, verläuft dieser Zyklus so: Aufgrund steigender Preise erhöhen die Anbieter ihre Produktion, was mit der Zeit zu einer sich abschwächenden Nachfrage und einer Überversorgung führt. Daraus resultieren dann sinkende Preise, die die Anbieter dazu bringen, ihre Produktion zurückzufahren. Die folgende Unterversorgung lässt den Zyklus dann wieder von vorne beginnen.

Vor diesem Hintergrund können wir zuversichtlich konstatieren, dass sich der Abschwung bei den Rohstoffen, und besonders beim Öl, einem Boden nähert. Spekulationen, wie weit der Ölpreis zuvor noch fallen kann, sind vollkommen irrelevant, da die Märkte gegenwärtig nicht mehr von fundamentalen Faktoren, sondern den extrem hohen Short-Positionen in den Futures-Märkten getrieben werden. Schon Gerüchte können daher leicht heftige Eindeckungs-Rallys auslösen.

Über den Autor:
Jeremy Baker ist seit 2007 bei Harcourt Investment Consulting AG tätig. In seiner derzeitigen Position als Senior Portfolio Advisor verantwortet er die Investment Kommunikation, für Rohstoffanlagen, Liquid Alternatives und der Absolute Return Strategy. Zuvor war er Portfoliomanager und Senior Rohstoffstratege bei Harcourt.

Von 2005, vor seiner Zeit bei Harcourt, war er Senior Rohstoffanalyst und erstellte Rohstoff-Research für das UBS Wealth Management. 1999 startete er seine Karriere in der Finanzindustrie als Aktienanalyst. In dieser Position deckte er die Sektoren Energie und Basismaterialien aus Zürich und New York ab. Seine berufliche Karriere startete Jeremy Baker 1990 in der Öl- und Gasindustrie, wo er für mehrere staatliche Ölkonzerne aus den UK, dem Nahen Osten und West Afrika arbeitete.

Jeremy Baker hält einen MBA in Finance von der Manchester Business School.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen