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in Märkte verstehen, Chancen nutzenLesedauer: 7 Minuten
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Ausblick auf das 2. Halbjahr Rohstoffe sind inflationsfest, knapp und attraktiv bewertet

Schichtbeginn in einer australischen Bergbaumine
Schichtbeginn in einer australischen Bergbaumine: Mit seinen starken Bilanzen könnte der Rohstoffsektor für eine neuerliche Talfahrt an den Aktienmärkten gut gerüstet sein. | Foto: Imago Images / YAY Images
Alex Foster, BlackRock

Wie ist es um die Rohstoffnachfrage bestellt?

Weltweit steigt die Rezessionsgefahr

In diesem Jahr hat sich der Ausblick für das Weltwirtschaftswachstum verdüstert. Die Zentralbanken haben einen schwierigen Balanceakt zu meistern: Sie müssen die geldpolitischen Zügel straffen, um die hohe Inflation zu dämpfen, aber ohne zu übertreiben und so die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen. Im Juni erklärte Weltbank-Präsident David Malpass: „Der Ukrainekrieg, die Lockdowns in China, die Lieferprobleme und das Risiko einer Stagflation bremsen das Wachstum. In vielen Ländern wird es daher schwer, eine Rezession abzuwenden.“ Am größten ist das Risiko unserer Ansicht nach in Europa, das besonders unter den höheren Energiekosten leidet. Die Frage lautet inzwischen wohl nicht mehr, ob die Weltwirtschaft in eine Rezession abgleitet, sondern wie gravierend diese sein wird.

Das Verbrauchervertrauen ist auf das Niveau der globalen Finanzkrise eingebrochen. Bei einer globalen Rezession dürften die meisten Anleger an die letzte, also die Finanzkrise, denken und könnten damit eine zu negative Entwicklung annehmen. Sollte die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession stürzen, was nicht unserem Basisszenario entspricht, würden wohl die Preise sämtlicher Rohstoffe fallen – von Edelmetallen möglicherweise abgesehen. Wegen des aktuell knappen Angebots würden wir jedoch erwarten, dass die Preise höher bleiben als bei früheren vergleichbaren Rahmenbedingungen.

China bleibt im Lockdown

Aus China, dem Land mit dem weltgrößten Rohstoffverbrauch, wurden zuletzt schwache Konjunkturdaten gemeldet, denn es hält unbeirrt an seiner Null-Covid-Strategie fest. Mit strengen, monatelangen Lockdowns in großen Metropolen wie Peking und Shanghai versucht man, das Virus in Schach zu halten.

 

Inzwischen werden die Maßnahmen etwas gelockert, können aber jederzeit wieder verschärft werden, wenn die Fallzahlen steigen. Erfreulicherweise will die Regierung mittlerweile die Wirtschaft stützen und hat Ende Mai ein Konjunkturpaket mit 33 Maßnahmen angekündigt. Bemerkenswert ist, wie gut sich die Rohstoffpreise gehalten haben, obwohl China als größter Rohstoffabnehmer seine Wirtschaft heruntergefahren hat. Selbst nach dem jüngsten Dämpfer liegt der Kupferpreis immer noch um 39,5 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau (Quelle: DataStream, Stand: 27. Juni 2022 gegenüber dem Durchschnittspreis 2019). Die Aussicht für die Rohstoffpreise, sobald sich Chinas Wirtschaft erholt, finden wir als Anleger in diesem Sektor besonders spannend.

Langfristiges strukturelles Nachfragewachstum

Auf kurze Sicht ist der Ausblick für die Rohstoffnachfrage zwar getrübt, langfristig sind wir aber nach wie vor optimistisch. So setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass der Übergang zu einer CO2-armen Weltwirtschaft nur mithilfe der Bergbauunternehmen gelingen kann, die die für  Windturbinen, Solarmodule und Elektrofahrzeuge benötigten Rohstoffe liefern. Ein massiver Ausbau dieser Technologien ist unumgänglich, was sich nicht zuletzt an den Entwicklungen in diesem Jahr zeigt. Vor allem in Europa setzen die Regierungen alles daran, ihre Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu verringern. Das dürfte die Nachfrage nach Rohstoffen wie Kupfer, Stahl und Lithium auf Jahrzehnte hinaus antreiben. Im Energiebereich wächst derweil die Akzeptanz für Erdgas als „Brückenenergieträger“, der CO2-ärmer ist als Kohle und zu einer „gerechteren Energiewende“ beitragen könnte.

Wie sieht das Rohstoffangebot aus?

Kapitaldisziplin verstetigt sich

Kapitaldisziplin ist im Bergbausektor seit 2013 und im Energiesektor seit 2020 ein zentrales Thema. Auf Druck der Anleger haben die Unternehmen ihre Ausgaben drastisch gekürzt – mit Folgen für das Neuangebot. Angesichts nun gestiegener Rohstoffpreise wächst die Versuchung, wieder mehr zu investieren. Aber was wir dazu von Firmenentscheidern hören, finden wir beruhigend und erwarten daher, dass sie an ihrem disziplinierten Kapitaleinsatz festhalten.

Im Energiesektor ändern immer mehr Firmen die Vergütungsstruktur für ihre Manager: Statt am Produktionswachstum orientiert sie sich nun an der Rendite. Auch das dürfte helfen, den Wandel dauerhaft zu machen. Bei integrierten Öl- und Gaskonzernen mit hoher Marktkapitalisierung hat die Ölproduktion nach eigenen Angaben den Höchststand erreicht und wird voraussichtlich allmählich sinken. Bei Shell etwa überschritt sie bereits 2019 den Zenit.