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Rohstoffe Sal. Oppenheim: Ölpreis-Verfall stützt die Wirtschaft

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Einfluss des Ölpreises auf das globale Wachstum

Mit dem Ölpreisrückgang geht eine Umverteilung der Einkommen einher. Entlastet werden dabei die Konsumenten. 2015 ist der durchschnittliche Ölpreis gegenüber dem Vorjahr um 46 US-Dollar/Barrel gesunken. Bei einem Verbrauch von knapp 94 Millionen Barrel pro Tag beläuft sich die Entlastung der Konsumenten damit auf 1,5 Billionen US-Dollar, das entspricht rund 2,2 Prozent der globalen Wertschöpfung. Dem steht eine gleich hohe Belastung der Produzenten gegenüber. Der positive Effekt für die Weltwirtschaft ergibt sich daraus, dass die Produzenten in der Regel eine höhere Sparquote beziehungsweise einen geringeren Ausgabenmultiplikator als die Konsumenten aufweisen. Schätzungen des Internationalen Währungsfonds folgend, dürfte man von einem Ölpreisrückgang in der jetzigen Größenordnung langfristig einen positiven Wachstumsimpuls von 0,5 Prozent bis 1 Prozent erwarten.

Gibt es Gründe, anzunehmen, dass sich dieses Mal die positiven Effekte in den ölimportierenden Ländern nur in abgeschwächter Form oder später materialisieren, während die negativen Effekte in den Förderländern früher oder stärker ausfallen als in der Vergangenheit? Zunächst einmal wird der Aufschwung in den Industrieländern in letzter Zeit tatsächlich von der Binnennachfrage und insbesondere vom privaten Konsum getragen. Allerdings scheint dieser Effekt noch weit von der Größenordnung entfernt zu sein, die man bei einem solch drastischen Ölpreisverfall erwarten würde. Das kann auch eine Folge der Finanzkrise sein: Möglicherweise wird die Konsumentenrente aus dem billigen Öl nicht mehr ganz so stark wie in der Vergangenheit für neuen Konsum genutzt, sondern auch zur Schuldentilgung eingesetzt. Dafür spricht, dass die Sparquoten der privaten Haushalte in den USA und Japan zuletzt angestiegen sind. In dem Maße, wie sich die Sparquote stabilisiert, kann der positive Einkommenseffekt dann zeitverzögert eintreten – zumal Öl ja derzeit immer noch deutlich billiger ist als vor einem Jahr.

Aufgrund der Stärke des Preisrückgangs fallen die Verluste auf der Produzentenseite deutlich höher aus als in der Vergangenheit und nötigen die Produzenten so zu schnelleren Anpassungen
. Einige Länder, wie Venezuela oder Aserbaidschan, befinden sich bereits tief in einer Krise. So tragisch das für diese Länder ist, darf man darüber nicht vergessen, dass die Ölförderländer nach Angaben der UNCTAD lediglich 8,5 Prozent zur globalen Wertschöpfung beitragen. Hinzu kommt, dass viele dieser Länder in der Lage sind, die Mindereinnahmen über einige Zeit „wegzupuffern“. So weisen Berechnungen des Internationalen Währungsfonds zufolge Länder wie Saudi-Arabien Staatsdefizite von über 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf.

Als vorteilhaft dürfte sich aber erweisen, dass in der Vergangenheit die Einnahmen, die bei hohen Ölpreisen erzielt wurden, angespart wurden
. Es besteht eine sehr hohe Korrelation zwischen den gesamtwirtschaftlichen Sparquoten der ölproduzierenden Länder und dem Ölpreis (Abbildung 4). Je höher der Ölpreis ist, desto mehr wird gespart, und umgekehrt. Als Mitte der 1980er Jahre der Ölpreis um 50 Prozent sank, fiel die Sparquote in Saudi-Arabien von über 40 Prozent auf unter 5 Prozent. Ein ähnliches Bild bot sich auch 2014 und 2015: In vielen ölproduzierenden Ländern sank die Sparquote deutlich. Sie befindet sich aber mit 25 Prozent bis 30 Prozent immer noch auf Niveaus, von denen aus eine weitere Senkung durchaus möglich erscheint. Diese Reduktion des Sparens dämpft den negativen Nachfrageeffekt infolge der Einkommenseinbußen auf Produzentenseite. Daher sollte der positive Effekt des niedrigen Ölpreises auf die Weltwirtschaft nicht so stark gebremst werden.

In einigen Ländern flossen die Mehreinnahmen aus hohen Ölpreisen direkt in Staatsfonds. Seit dem Verfall der Ölpreise ist der Anstieg der Kapitalanlagen in den Fonds der öl- und gasproduzierenden Länder, die nach Angaben des Sovereign Wealth Fund Institute in der Spitze rund 4.150 Milliarden US-Dollar betrugen, nicht nur zum Stillstand gekommen, sondern die Anlagen wurden auch aktiv reduziert. Einige Länder haben also bereits begonnen, einen Teil ihres „Tafelsilbers“ zu veräußern. Diese Verkäufe dürften in den letzten Monaten mit dazu beigetragen haben, dass die Kapitalmärkte immer dann nachgaben, wenn der Ölpreis schwächer notierte.

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