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„Big-Tech-Konzerne haben regelrecht Angst vor Stromengpässen“

DAS INVESTMENT: Herr Gwerder, der Enduring Assets von Wellington ist in der Spitzengruppe der Infrastrukturfonds über 15 Jahre. Was unterscheidet Ihren Ansatz von anderen Anbietern?
Ronny Gwerder: Viele Infrastrukturfonds investieren heute auch in Bereiche wie Halbleiter oder Smart-Metering. Wir bleiben dagegen bei echter Kerninfrastruktur, um von deren charakteristischen Eigenschaften zu profit...
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DAS INVESTMENT: Herr Gwerder, der Enduring Assets von Wellington ist in der Spitzengruppe der Infrastrukturfonds über 15 Jahre. Was unterscheidet Ihren Ansatz von anderen Anbietern?
Ronny Gwerder: Viele Infrastrukturfonds investieren heute auch in Bereiche wie Halbleiter oder Smart-Metering. Wir bleiben dagegen bei echter Kerninfrastruktur, um von deren charakteristischen Eigenschaften zu profitieren: Stabilität aufgrund physisch gedeckter Geschäftsmodelle und langfristige Planbarkeit dank verlässlicher und wiederkehrender Cashflows. Unser Ziel ist eine möglichst niedrige Abhängigkeit von Markt- und Rohstoffzyklen.
Welche Assets stehen im Fokus?
Gwerder: Rund 60 Prozent sind in Versorgern wie RWE oder Eon investiert. Weitere ungefähr 15 Prozent entfallen auf Dateninfrastruktur, 15 Prozent auf Gaspipelines und 10 Prozent auf Transportinfrastruktur wie Seehäfen und Flughäfen – und das ausschließlich auf börsennotierte Unternehmen.
Warum ist das Thema Infrastruktur-Investment derzeit überhaupt so allgegenwärtig?
Gwerder: Wir erleben einen fundamentalen Wandel in der Stromnachfrage. Seit Ende der 1980er Jahren stagnierte diese in der westlichen Welt bei nahezu null, weil Effizienzgewinne den steigenden Bedarf ausglichen. Nun erwarten wir durch KI, E-Mobilität und Dekarbonisierung einen Anstieg von 3 bis 4 Prozent jährlich, im Datencenter-Bereich bis gegen Ende des Jahrzehnts sogar 8 bis 9 Prozent.

Was ist mit dem Risiko steigender Finanzierungskosten? Könnten wieder steigende Zinsen Ihnen bei einigen Projekten nicht einen Strich durch die Rechnung machen.
Gwerder: Im Allgemeinen sehen wir diese Gefahr weniger. Warum? Wir investieren nur in regulierten Märkten, wo Unternehmen eine gesicherte Rendite auf eingesetztes Kapital erzielen. In den USA beispielsweise liegen diese Renditen in der langfristigen Entwicklung etwa 6 Prozent über den 10-jährigen Staatsanleihen. Je mehr diese Unternehmen investieren dürfen, desto höher ist ihr langfristiger Wachstumspfad. Wo wir eine Gefahr sehen, ist bei der US-Zollpolitik. Diese hat das Potential die Projektkosten gerade bei den Erneuerbaren in die Höhe zu treiben.
Eine Billion Euro hat der Bundestag bewilligt, um die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Profitieren Sie vom deutschen Sondervermögen?
Gwerder: Es hängt davon ab, wie die konkrete Ausgestaltung des Programms aussehen wird. Mit RWE haben wir einen wichtigen Player für die Dekarbonisierung im Portfolio. Eine interessante Position ist zudem Eon, die wir im zweiten Halbjahr 2024 frisch ins Portfolio aufgenommen haben. Wir denken, dass Eon aufgrund der Größe und Skalierbarkeit ihres Geschäftsmodells eine zentrale Rolle bei der Modernisierung der Stromnetze in Deutschland spielen wird. Wenn der deutsche Staat mehr Geld für die Modernisierung der Stromnetze ausgibt, gehen wir davon aus, dass Eon die erste Adresse sein wird.
Welche Regionen betrachten Sie als besonders vielversprechend für Investitionen in die Strominfrastruktur?
Gwerder: Über das gesamte Portfolio betrachtet ist aktuell über die Hälfte in Nordamerika investiert und rund ein Viertel in Europa. Das sind unsere Kernregionen. Auch in Japan finden wir interessante Anlagemöglichkeiten. Dagegen haben wir Investments in Versorger aus Schwellenländern, insbesondere China, in den vergangenen Jahren heruntergefahren.
Aus politischen oder makroökonomischen Gründen?
Gwerder: Sowohl als auch. Längerfristig glauben wir jedoch, dass sich wieder interessante Anlagemöglichkeiten im Bereich EM Versorger ergeben könnten. Dort findet ein massives Wachstum statt, dass für uns als Infrastruktur Investoren interessant ist. Aktuell sprechen die makroökonomischen Bedingungen allerdings dagegen.
- Asset-Schwerpunkt: Aktienfonds Infrastruktur
- Auflegung: 01.04.2019
- Ertragsverwendung: thesaurierend
- Fondsgesellschaft: Wellington Luxembourg S.à r.l.
- ISIN: IE00BH3VJH87
- Performance YTD: -2,26%
- Performance 3 Jahre: 4,27%
- Performance 5 Jahre: 43,67%
- Sharpe Ratio 5 Jahre: 0,76
- Sum. lfd. Kosten: 1,86%
- Volatilität 1 Jahr: 11,26%
- Volumen in Mio. EUR: 528
- Währung: USD
Im Bereich Dateninfrastruktur, der schnell wächst, aber auch regulatorisch begrenzt wird – wo sehen Sie die größten Risiken?
Gwerder: Bei Dateninfrastruktur investieren wir aktuell nicht in europäische Telekommunikationsunternehmen, die wir derzeit renditeseitig wenig inspirierend finden. Stattdessen konzentrieren wir uns eher auf den asiatischen Raum, vor allem Japan und Korea. Diese Märkte finden wir aus regulatorischer wie wettbewerbstechnischer Sicht interessant und auch von den Wachstumschancen her attraktiv – insbesondere in den Bereichen Mobilkommunikation und Internetinfrastruktur. Die asiatischen Telekommunikationsunternehmen sind auch oft deutlich innovativer als ihre europäischen Pendants. Sie betreiben Datencenter und arbeiten an neuen Technologien, die den Stromverbrauch von Rechenzentren reduzieren könnten.
Sie erwähnten, dass der Stromverbrauch durch KI massiv steigen wird. Investieren Sie auch direkt in energieintensive KI-Rechenzentren?
Gwerder: Nein, das machen wir nicht. Wir bleiben auf die Kerninfrastruktur fokussiert und investieren in das Thema über die Stromversorgung. Hier ist ein wichtiger Punkt zu beachten: Die großen Hyperscaler wie Amazon, Microsoft und Google haben inzwischen regelrecht Angst, in den USA nicht genügend Strom für den Rund-um-die-Uhr-Betrieb ihrer Datencenter zu bekommen. Denn sie können ein Datencenter nicht nur mit erneuerbarer Energie betreiben, sondern brauchen die sogenannte Baseload/Grundlast, die ständig verfügbare Energie. Deshalb haben sie im letzten Jahr wieder einen stärkeren Fokus auf Nuklearenergie gelegt. Microsoft und Amazon haben entweder Stromabnahmeverträge mit Nuklearenergie-Produzenten abgeschlossen, oder sogar stillgelegte Atommeiler reaktiviert.

Nuklearenergie ist allerdings kurz- bis mittelfristig nicht ausreichend ausbaufähig, die Debatte hatten wir auch in Deutschland.
Gwerder: Richtig. Daher wird ein anderer Energieträger wichtiger für die Grundlastproduktion – und das ist aus unserer Sicht Erdgas. Meta etwa hat im Dezember bekannt gegeben, dass sie ihr größtes Datencenter in Louisiana bauen wollen und dieses soll Strom aus drei Gaskraftwerken erhalten. Das ist ein Beispiel, warum wir auch in Gaspipelines investieren.
Ist das aus ESG-Sicht nicht problematisch?
Gwerder: Wir sehen das nicht so. Natürlich hat man im Infrastruktur- und Versorgerbereich automatisch einen höheren CO2-Fußabdruck. Aber wir wollen in die Energietransformation investieren – also in Unternehmen, die von brauner zu grüner Energie übergehen. Eine Firma, die heute 100 Prozent grün ist, wird morgen nicht 101 Prozent grün sein können. Aber wir sind sicher, dass gerade die Transformation von braun zu grün wachstumsmäßig sehr interessant ist. RWE beispielsweise erzielt bereits zwei Drittel ihres Ebitda aus erneuerbaren Energien, daneben betreibt die Firma noch einige Kohlekraftwerke. Der Kohleausstieg ist jedoch geplant. mit .
Ihr Portfolio umfasst zwischen 30 und 40 Positionen. Wie vermeiden Sie Klumpenrisiken und nach welchen Kriterien entscheiden Sie, was ins Portfolio kommt oder herausfliegt?
Gwerder: Unser internes Renditemodell ist ein wichtiger Treiber für die Entscheidung, welche Unternehmen wir ins Portfolio aufnehmen. Wie erwähnt, wollen wir eine niedrige Marktsensitivität und geringe Abhängigkeit von Rohstoffzyklen in unserem Portfolio haben.
Seit der Auflage im Jahr 2013 haben wir ein Marktbeta im Bereich von 0,7 – das ist niedrig für ein reines Aktienportfolio im Vergleich zum MSCI World. Im Vergleich mit den verschiedenen globalen Infrastruktur-Benchmarks haben wir in diesem Zeitraum eine höhere Rendite bei geringeren Drawdowns und meist niedrigerer Volatilität erzielt. Das spricht aus unserer Sicht für die Art und Weise, wie wir unser Portfolio konstruieren. Wir finden, das ist der richtige Weg, um von den Eigenschaften und Stärken von Infrastruktur Unternehmen zu profitieren.
Der Infrastrukturbereich ist auch für Private-Equity-Investoren sehr interessant, die die Bewertungen nach oben treiben. Finden Sie bei dieser Konkurrenz überhaupt noch attraktive Anlagen?
Gwerder: Überraschenderweise profitieren wir davon. Denn wir beobachten immer wieder, dass Private-Infrastructure-Unternehmen beim Aufkauf von Vermögensteilen börsennotierter Infrastrukturunternehmen oft einen stattlichen Aufschlag gegenüber dem Buchwert bezahlen. Unsere Portfoliounternehmen planen deshalb neue Energieprojekte oft größer als nötig, weil sie wissen, dass sie einen Teil mit Aufschlag an Private-Infrastructure Investoren verkaufen können.
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Welche wichtigen Trends oder Technologien im Bereich Infrastruktur werden aktuell noch unterschätzt oder übersehen?
Gwerder: Im Zentrum unseres Interesses stehen seit längerem die Versorger. Zum Beispiel die US-Versorger: Wenn man deren langfristige relative Bewertung gegenüber dem S&P 500 betrachtet, sind wir nicht weit von den 20-jährigen relativen Tiefständen entfernt, was das Kurs-Gewinn-Verhältnis angeht. Ähnliches gilt für europäische Versorger deren Bewertung im langjährigen Vergleich zum Stoxx 600 Index ebenfalls unterdurchschnittlich ausfällt.
Zudem finden wir die geplanten Infrastrukturprogramme in Europa, wie zum Beispiel zur Modernisierung der Stromnetze oder Ausbau der Stromproduktion, als spannend für Investoren. Die Dekarbonisierung sowie das Bedürfnis bei der Energieproduktion ein erhöhter Grad an Unabhängigkeit zu erlangen, sind langfristige Wachstumstreiber auf dem alten Kontinent.
Nicht zuletzt ist Energiepolitik auch Sicherheitspolitik und letztere steht in Europe wieder höher auf der politischen Agenda. Zusammenfassend liegt unser Hauptfokus, etwa 90 Prozent des Portfolios, auf Stromversorgung und Dateninfrastruktur, mit einem absoluten Schwerpunkt auf Strominfrastruktur. Wir sind überzeugt, dass diese Bereiche langfristig attraktiv bleiben. Wir entwickeln uns immer mehr zu einer digitalisierten Gesellschaft und arbeiten in einer digitalen Wirtschaft – und dafür braucht man genau diese beiden Infrastrukturbereiche, heute und auch in 10 oder 15 Jahren.
Über den Interviewten:
Ronny Gwerder ist Investmentexperte und Portfolio Advisor bei Wellington Management. In dieser Rolle berät er Kunden zu Investmentstrategien, insbesondere in den Bereichen Aktien und alternative Anlagen.



