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Roundtable-Gespräch Teil 1 6 Multi-Asset-Experten im Interview: „Alpha ist der neue Zins“

Zum Roundtable-Gespräch versammelt- von links nach rechts: Dan Sauer (Nordea), Thomas Hammer (Main First), Timo Carstensen (Gothaer AM), Klaus-Dieter Erdmann (MMD), Hauke Hess (Veritas), Dennis Bützer (Bank J. Safra Sarasin). Foto: Piotr Banczerowski
Zum Roundtable-Gespräch versammelt- von links nach rechts: Dan Sauer (Nordea), Thomas Hammer (Main First), Timo Carstensen (Gothaer AM), Klaus-Dieter Erdmann (MMD), Hauke Hess (Veritas), Dennis Bützer (Bank J. Safra Sarasin). Foto: Piotr Banczerowski
DAS INVESTMENT: Schlagen sich im derzeitigen Marktumfeld die innovativen Mischfonds-Konzepte besser als die traditionellen Strategien?

Klaus-Dieter Erdmann: Das kann man so nicht sagen. Wir haben im ersten Quartal dieses Jahres gesehen, dass viele innovative Produkte – die etwa unter dem Begriff Absolute Return laufen – einen deutlichen Drawdown verzeichnen mussten. Im Gegensatz dazu erzielten andere Fonds, die vorrangig klassisch agieren, aber in der Diversifikation etwas breiter aufgestellt sind, zum Teil ein positives Ergebnis. Gegenwärtig lautet der Schlachtruf im Markt: Alpha ist der neue Zins. Doch waren die in diesem Jahr bislang erfolgreichen Strategien nach unserer Beobachtung eher Beta-getrieben. Was mir auch ein wenig Sorge macht, ist, dass derzeit eine ganze Reihe von Produkten auf den Markt kommt, die hohe Anlegererwartungen wecken, die sie möglicherweise nicht halten können.

Timo Carstensen:
Viele Ansätze nennen sich zwar marktneutral oder Absolute Return, haben aber immer ein gewisses Beta zu irgendeinem Markt. Das führt in Draw-down-Phasen zu einer negativen Performance. Und eine Alpha-Chance kann gleichzeitig immer auch ein Alpha-Risiko mit sich bringen. Kaufe ich beispielsweise in diesen Tagen eine BMW-Aktie und verkaufe im Gegenzug eine VW-Aktie, kann sich das lohnen. Kommt es aber anders, geht es möglicherweise sogar doppelt so stark in die gegengesetzte Richtung.

Thomas Hammer: Die vergangenen Jahre waren im Vertrieb stark geprägt von der Situation, dass Anleger Alternativen zu Niedrigzinsprodukten bevorzugt haben. Darauf hatten sich die Produktgeber eingestellt. Gelegentlich war aber der Aktienanteil auch bei Produkten für konservative Anleger vergleichsweise hoch angesetzt. In einem Multi-Asset-Konstrukt ist es jedoch unserer Meinung nach wichtig, unterschiedliche Renditequellen zu berücksichtigen. Dabei haben Aktien auf lange Sicht das Potenzial, den größten Mehrwert zu liefern. In welcher Kombination oder in welchem Maß man allerdings auf Aktien setzt, muss auf das jeweilige individuelle Anlegerprofil abgestimmt werden.

Dan Sauer: Und noch ein Punkt ist meines Erachtens wichtig. Den Markt zuverlässig vorhersagen und so immer Mehrwerte schaffen zu wollen, ist für uns nicht die richtige Herangehensweise. Die richtige Antwort ist doch vielmehr, die Risiken aktiv managen zu wollen. Prinzipiell fällt es uns eher schwer, unsere Nordea-Fonds in die Kategorisierung alte oder neue Welt einzusortieren. Dies über unsere gesamte Branche hinweg sauber zu bewerkstelligen, wird sicherlich eine große Herausforderung. Umso schöner, dass es Instanzen wie MMD gibt, die hier ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.

Bleiben wir noch bei der aktuellen Marktbilanz. Insbesondere einige Wertsicherungskonzepte haben in den ersten Monaten nicht gerade gut ausgesehen. Woran liegt’s?

Hauke Hess: Man kann Wertsicherungskonzepte falsch und richtig einstellen. Die Kalibrierung etwa bei CPPI-Konzepten ist unserer Ansicht nach falsch. Wenn Sie Anlegern versprechen, 100 Prozent Aktie, aber nur 10 Prozent Risiko eingehen zu können, geht bei CPPI die Aktienpartizipation durch Lock-in-Effekte sehr schnell auf null. Im Niedrigzinsumfeld sind die Konsequenzen dann ein endgültiger Verlust von 10 Prozent. Andererseits ist es richtig, Anleger bezüglich der Risikostruktur nicht zu überfordern. Dafür sind Wertsicherungskonzepte geeignet – und zwar solche, die dem Anleger vorher sagen, welches Risiko er eingeht.

Um Ertragspotenziale zu heben und die Volatilität im Zaum zu halten, konzentrieren sich viele Assetmanager auf sogenannte Qualitätsaktien. Der richtige Weg?

Dennis Bützer:
Ich denke schon. Qualitätsaktien zeigen weniger Schwankungsanfälligkeit und über mehrere Konjunkturzyklen betrachtet eine bessere Performance. Die Frage ist nur, wie ich solche Aktien identifizieren kann. Wir beziehen vor diesem Hintergrund nicht-finanzielle Aspekte aus dem Bereich Umwelt, Soziales und vor allem Corporate Governance in unsere Analysen ein. Aktuelle Studien beweisen etwa, dass ein gutes, langfristig ausgerichtetes Management Unternehmen stabiler durch Krisensituationen steuert. Die Ergebnisse der Nachhaltigkeitsanalysen fließen dann in unsere Finanzanalyse ein. Mit messbarem Erfolg: Im vergangenen Jahr haben unsere europäischen nachhaltigen Aktien den MSCI Europa um 6 Prozent übertroffen.

Carstensen:
Wir müssen für die Zukunft natürlich auch einbeziehen, dass wir uns in einem Umfeld mit recht geringem Wirtschaftswachstum bewegen. Qualitätsaktien sind somit relativ teuer geworden. Value-Titel hingegen sind weiterhin vergleichsweise günstig – und irgendwann kommt sicherlich der Punkt, wo der Value-Ansatz wieder die Marktbedingungen hat, um seine Stärken ausspielen zu können. Doch werden Aktien in Zukunft generell nicht mehr in der Größenordnung performen können, wie wir es in den zurückliegenden drei Jahren beobachten konnten. Der Grund ist schlicht, dass das Preisniveau jetzt einfach ein anderes ist.

Hammer: Allerdings ist es aber auch gerade die Aufgabe des Portfoliomanagers, immer wieder neue Wertsteigerungspotenziale zu erkennen. Hier bieten etwa zukunftsgerichtete Geschäftsmodelle von mittelständischen Unternehmen unseres Erachtens gute Möglichkeiten. Man sucht dann zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung nach der SAP von morgen. Um hier die passenden Kandidaten zu ermitteln, ist eine detaillierte Bottom-up-Analyse durch die Portfoliomanager essenziell.

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