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Roundtable „Macht hat, wer den Kundenzugang hat“

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Kann man denn bereits von einer Margenerosion sprechen?

Carsten Wittrock, Partner der Praxisgruppe Private Banking, Asset & Wealth Management bei Zeb
Foto: Andreas Mann

Wittrock: In unserer letzten Studie haben wir uns die Margenentwicklung europäischer Asset Manager von 2013 bis 2017 angeschaut. Die Umsatzmarge ist in dem Fünfjahreszeitraum von 36 auf 31 Basispunkte gefallen. Ebenso die Kostenmarge von 24 auf 21, aber nur weil die betreuten Fondsvolumen gestiegen sind. Ansonsten wären sie aufgrund des gleichbleibend hohen absoluten Kostenblocks in den vergangenen Jahren gestiegen. Heißt, die Profitabilität ist von 12 auf 10 Basispunkte gefallen. Ein Rückgang, aber kein enormer.

Küssner: Und man muss die Entwicklung für die einzelnen Vertriebskanäle und Produktgruppen einzeln betrachten. Der Preiskampf findet momentan vor allem im Bereich passiver Investments statt. Es ist leichter, dort Preise zu senken und im Markt durchzusetzen, gerade für die Großen. Aufseiten der Absatzkanäle ist derzeit der Vertrieb an institutionelle Kunden unter Druck. Dort fordern die Investoren mehr Transparenz, schauen sich genauer die Kosten an, nicht nur die Verwaltungsgebühren, sondern auch die Execution-Kosten. Es gibt Investment Consultants, die darauf spezialisiert sind, die Asset-Mandate bis ins letzte Detail zu durchleuchten. Bei allem Preisdruck hat die Branche es aber auch immer wieder verstanden, den Margenverfall auszugleichen. Derzeit beispielsweise durch das Angebot von alternativen Investments.

Wie sieht die Gebührenentwicklung im Retail- und Wholesale-Vertrieb aus?

Memminger: Die Margen in Europa sind noch stabil. Allerdings zeigt ein Blick in die USA, was auf uns zukommen könnte. Dort sind die Margen bereits stark zurückgegangen, was vor allem dem Siegeszug der ETFs geschuldet ist. Deren Marktdurchdringung liegt in den USA im Aktien-Segment bei über 70 Prozent. In Europa sind es verschwindend geringe 5 Prozent. Gleichzeitig sind die Anleger nach wie vor bereit, für ein Leistungsversprechen und eine Dienstleistung wie dem Mischfonds mehr zu bezahlen.

Goergen: Die Institutionalisierung, und damit der Preiswettbewerb um jeden Basispunkt, schreitet voran. Entscheidend ist daher als erste Priorität, für unsere Kunden die bestmögliche Performance zu erzielen. Als Nächstes wird es darum gehen, wie die Fondsindustrie effizienter werden und intelligente Implementierungsstrategien entwickeln kann, wie vielleicht wieder gute Swap-Produkte angeboten werden, thematische aktive Strategien und auch ETFs in den Fokus rücken oder das Know-how des aktiven Asset Managements mit passiven Investments zusammengebracht wird. Darüber hinaus kann man überlegen, wie man liquide und illiquide Invest ments zusammenbekommt und nicht zuletzt das Thema Nachhaltigkeit sowohl in den Produkten als auch Prozessen etabliert. Worauf ich hinauswill: Die Asset-Management-Industrie steht klar vor Herausforderungen, aber ich sehe auch sehr viele Chancen.

Hefti: Ich würde bei der Entwicklung der Margen zwischen Produkt- und Vertriebsseite unterscheiden. Gerade bei der Letzteren tut sich einiges. In der Schweiz wird in der diskretionären Vermögensverwaltung von Banken um Basispunkte gefeilscht. Wenn Bankhäuser sich heute bereits gegen Bestandsprovisionen entschieden haben, fehlen ihnen in der Regel erhebliche Mittel, für die sie Ersatz finden müssen. Gleichzeitig müssen Banken und andere Vertriebseinheiten digitaler werden, also investieren. Wo sollen diese Investitionsbudgets herkommen? Zudem wird der Kunde anspruchsvoller. Kurzum: Wir sehen ein Auseinanderklaffen bei Kundenansprüchen und dem, was Finanzintermediäre leisten können. Zahlt der Kunde, der Finanzintermediär, der Anbieter oder die Plattform? Schaut man nach Großbritannien, wo die Bestands provisionen bereits gänzlich abgeschafft wurden, sieht man, dass Tausende von Retail-Kunden im luftleeren Raum stehen. Diese Entwicklung hat aber auch wiederum Potenzial für andere Finanzintermediäre wie zum Beispiel Retail-Plattformen geschaffen. Wir stehen insgesamt noch am Anfang der Entwicklung, insofern finde ich den Berg, vor dem wir stehen, riesig.


Quelle: Oliver Wyman

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