- Startseite
- Versicherungen
-
Pools profitieren von mangelndem Service der Versicherer
DAS INVESTMENT: Herr Rex, wie positioniert sich JDC im Markt und was zeichnet Ihr Geschäftsmodell aus?
Marcus Rex: Wir verstehen uns primär als Technologieanbieter. Unser Ziel ist es, die Finanzdienstleistungsplattform der Zukunft zu entwickeln, über die sämtliche Prozesse im Investment-, Versicherungs- und Finanzierungsbereich automatisiert werden können. Wir sind fest davon überzeugt, dass nur Automatisierung es dem Makler ermöglicht, profitabel zu arbeiten. Technik skaliert – davon sind wir überzeugt.
Unser Vertrieb ist in zwei Säulen aufgebaut: Zum einen das institutionelle Geschäft, in dem wir Banken und Exklusivvertriebe, AO-Organisationen und Belegschaftsmakler unterstützen. Die zweite Säule ist das klassische Maklergeschäft. Die beiden Vertriebseinheiten haben wir im Juni 2023 zusammengefasst, als ich Vorstand der JDC-Gruppe wurde. Im vergangenen Jahr haben wir 171 Millionen Euro Provisionsumsatz erzielt, dieses Jahr werden es 205 bis 220 Millionen sein. Wir starten mit sehr viel Rückenwind und glauben, dass es sich nächstes Jahr so fortsetzen wird. Die Konsolidierung im Poolmarkt tut uns eher gut, als dass es uns schadet.
Unsere Hauptzielgruppe sind Makler, die einen eigenen Betrieb führen und sowohl hohe technologische Anforderungen haben als auch bereit sind, Services auszulagern. Wir sind auch der Partner für Einzelvermittler, wenn dieser seine weiteren Poolanbindungen aufgibt. Unsere Kernaussage „persönlich und digital erfolgreich“ können wir nur aufrechterhalten, wenn wir mit Partnern zusammenarbeiten, die das auch honorieren.
Wir sind auch sehr stark im Investmentbereich, in dem wir bereits seit Ende der 50er-Jahre gewachsen sind. Durch Zukäufe haben wir stark expandiert, etwa bei Vermögensverwaltern. Zudem haben wir eigene Technologieunternehmen wie Morgen & Morgen, Joint Ventures und kaufen über Beteiligungen wie bei Summitas auch Makler zu. Wir haben einen eigenen Vertrieb mit Finum Finanzhaus und Finum Private Finance, agieren in Deutschland und Österreich, beschäftigen 430 Mitarbeiter und sind börsennotiert.
Herr Kober, wie stellt sich das für die BCA dar und gibt es Unterschiede im Geschäftsmodell? Welche Rolle haben Sie dabei?
Dirk Kober: Ich bin seit zwölf Jahren bei der BCA, leite den Versicherungsbereich und durfte ein Stück der Historie mitgestalten. Die BCA wurde 1985 von Jens Wüstenbecker gegründet, die bereits früh vor allem Einzelmakler im Investmentbereich angebunden hat. Das war sozusagen unsere DNA. Heute verstehen wir uns als Allfinanzpool und Anbieter technischer Lösungen, bieten für jedes Geschäftsmodell das passende rechtliche Dach: Ob Mehrfachagent, klassischer Makler oder jemand mit 34f-Lizenzierung oder nach Paragraf 32 KWG.
Dafür haben wir verschiedene Marken aufgebaut: Die BCA AG als Investment- und Versicherungspool für Makler, die VVS GmbH für Mehrfachagenten, ein Haftungsdach und unsere hauseigene BfV Bank für Vermögen, über die wir auch Investmentprodukte auflegen können. Jeder, der eine Heimat sucht, soll sie bei uns finden – nicht nur technisch.
Wir sehen uns als Full-Service-Dienstleister. Neben funktionierender Technik und Produktlösungen bieten wir persönlichen Service – und zwar nicht nach Terminbuchung. Unsere Vertriebspartner können ihre Ansprechpartner direkt erreichen. Viele kennen die Menschen am Telefon persönlich. Wir unterstützen bei speziellen Risiken, bieten Weiterbildung und sind letztlich Dienstleister für alles, was ein moderner Vermittler heute benötigt. Das gilt für den Einzelmakler genauso wie für größere Einheiten, die wir servicieren.
Wir sehen aktuell, dass auch größere Einheiten die Investitionen in Digitalisierung entweder nicht stemmen können oder wollen. Hier werden wir verstärkt als Partner genutzt. Auch seitens der Jungmakler erfahren wir in den letzten Jahren deutlich mehr Nachfrage nach unserem Angebot. Zudem wollen wir einen offenen Zugang bieten, beidseitig für den Vermittler wie den Produktgeber. Wir verspüren momentan im Maklerpool-Segment, dass es sich durch die Konsolidierung oder Aufkäufe von Investoren momentan ein Stück weit ändert.
Unser klares Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren, besonders im Versicherungsbereich deutlich zu wachsen. Damit wollen wir uns der Stärke unserer Investmentsparte annähern.
Herr Busche, wie bewerten Sie diese Geschäftsmodelle vor allem hinsichtlich der Entwicklung zu Technologieanbietern?
Thomas Busche: Die Entwicklung hat Vor- und Nachteile. Wir haben sehr viel mit Vermittlern zu tun, die ein gehobenes Alter haben. Für diese Generation ist es oft schwer, sich rein technisch zu orientieren – am liebsten haben sie den Antrag noch ausgedruckt unterm Arm. Gleichzeitig kommen junge Berater, die wachsen wollen, für die technisch keine Grenzen existieren.
Deswegen halte ich das hybride Modell für den richtigen Weg: Technisch auf dem neusten Stand zu sein für die Prozesse im Hintergrund – Maklerverwaltungsprogramme, KI, Bipro und alle rechtlichen Anforderungen wie Datenschutz – aber gleichzeitig den persönlichen Kontakt nicht zu vergessen. Die Entwicklung zu reiner Technik, Sprachcomputern im Kundenservice und automatisierten Abschlüssen kann ich nicht mittragen. Gerade die Älteren haben auch viele Fragen und schätzen es, jemanden zu erreichen. Die Entwicklung der Gesellschaften geht dahin, dass wir immer weniger Service haben. Es braucht nach wie vor Fachleute, die diese Sparte bedienen und sich dort auskennen.
Die aktiven Makler benötigen vor allem technische Unterstützung. Sie wollen Vergleichsmöglichkeiten zur Hand haben und möglichst schlanke Abschlussstrecken nutzen können. Natürlich suchen sie auch nach Absicherungen, die sich vom Standard abheben – hier sind besondere Konzepte und Deckungserweiterungen in bestimmten Bereichen gefragt. Bei den Verkäufern und Maklerrentnern müssen wir bei der Übernahme von Beständen deren bestehende Pool-Anbindungen berücksichtigen. Das bedeutet, dass wir auch Zugang zu den verschiedenen Pools brauchen, mit denen der Verkäufer zusammengearbeitet hat. Diese Verbindungen müssen wir aufrechterhalten und pflegen können.
In welchen Fällen zeigt sich aus ihrer Sicht, dass es weiterhin persönliche Betreuung braucht?
Busche: Wir haben über Jahre das Ventilgeschäft für die Generali und Volksfürsorge-Gruppe deutschlandweit gemacht. Das waren knapp 4.500 Ausschließlichkeitsvermittler. Und da war es genau dieser Service-Gedanke, der im Vordergrund stand, weil das alles Dinge waren, die der Ausschließlichkeitsvermittler selber nicht darstellen konnte oder das Unternehmen es nicht wollte. Und das wurde zentral bei uns angefragt.
Unsere Stärke liegt in der persönlichen Ansprache und dem spezifischen Know-how. Wenn es beispielsweise um die Versicherung eines Tierfriedhofs oder eines Foodtrucks geht, wissen wir genau, welcher Anbieter die passende Lösung bereithält. Für die Kolleginnen und Kollegen im Außendienst sind solche Spezialfälle meist Ausnahmesituationen, die sie vielleicht ein- oder zweimal in ihrer Karriere erleben. In solchen Momenten suchen sie natürlich den Rat eines Sparten-Spezialisten. Das ist wesentlich effektiver als selbst zu recherchieren.
Wir übernehmen deutschlandweit die Nachfolgerregelung für die Concordia, die an unserem Unternehmen beteiligt ist. Das heißt, wir verrenten und kaufen Maklerbestände. Auch hier ist der persönliche Kontakt von größter Bedeutung. Die Makler, deren Bestände wir übernehmen, sind häufig über 70, teilweise sogar über 80 Jahre alt. Diese Generation legt großen Wert auf persönliche Ansprache – so haben sie ihr Geschäft gelernt und so haben sie es mit ihren Kunden praktiziert. Diesen Ansatz möchten sie auch bei der Nachfolgeregelung gewahrt wissen. Die zunehmende Technisierung bereitet ihnen oft Sorge. Sie möchten nicht, dass ihre Kunden künftig nur noch digital betreut werden.
Rex: Technologie und Service schließen sich nicht aus. Servicekompetenzcenter in sämtlichen Sparten sind heute eine hygienische Grundvoraussetzung. Die notwendigen Services für Provisionsabrechnungen, Dokumentenmanagement und Geschäftsvorfälle mit einem unterstützenden Backoffice sind inzwischen Standard. Die Technologie macht dieses Servicemodell noch erfolgreicher und befähigt die Maklerschaft. Den Erfolg sehen sie daran, dass unsere Kosten nicht proportional zum Umsatz steigen, weil Technik das ganze skaliert.
Die Branche befindet sich derzeit in einer Transformationsphase. Der durchschnittliche Makler ist 57 Jahre alt und in den vergangenen vier Jahren um 3,7 Jahre gealtert. Die Branche hat verkannt: Wer über seine Nachfolge nachdenkt, benötigt eine Data-Warehouse, dass es einem potenziellen Käufer einfach macht, ein Unternehmen zu bewerten. Die heutige Digitalisierung des Bestands wird sich übermorgen auszahlen, da man alle Zöpfe abschneiden muss. Viele Makler unterhalten zahlreiche Systeme, Anbindungen, Vergleichsrechner und Maklerverwaltungsprogramme, die orchestriert werden müssen. Diese Komplexität macht es nahezu unmöglich, Geschäftsvorfälle effizient abzuwickeln oder eine Vertriebsstrategie zu entwickeln.
Wenn Makler 80 Prozent ihres Geschäfts bei einem Pool machen und die anderen 20 Prozent über Direktvereinbarungen mit den Gesellschaften abwickeln, haben sie trotzdem alles in einem System. Die Älteren, die händische und manuelle Prozesse gewöhnt sind, nochmal umzuerziehen ist schwierig. Dennoch halte ich es für extrem wichtig, loslassen zu können und sich auf diese Transformation einzulassen.