Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Der Rubel sollte mehr rollen
Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank. Foto: Dekabank
Wladimir Putin will den Rubel im internationalen Zahlungssystem deutlich stärken. Doch sind die Pläne des russischen Präsidenten überhaupt erfolgsversprechend? Ein Gastbeitrag von Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater.
Nach der nun angestrebten Praxis sollen Rohstoffeinnahmen in harten Währungen sofort durch die (nicht sanktionierte) Gazprombank am Devisenmarkt verkauft werden. Was sind die Effekte dieser Umstellung?
Formal würde durch die Umstellung die Nachfrage nach Rubel zwar nicht mehr deutlich gesteigert. Anders als im bisherigen Arrangement würde sie nicht mehr durch die russische Zentralbank befriedigt werden, sondern ausschließlich am Devisenmarkt. Wenn die Rubel-Verkäufe der Notenbank wegfallen, dann steigt der Wert der russischen Währung an. Dem Westen soll damit gezeigt werden, dass ohne die Mitwirkung der (eigentlich sanktionierten) russischen Zentralbank fortgesetzte Rohstoffimporte schwierig werden würden.
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Nach der nun angestrebten Praxis sollen Rohstoffeinnahmen in harten Währungen sofort durch die (nicht sanktionierte) Gazprombank am Devisenmarkt verkauft werden. Was sind die Effekte dieser Umstellung?
Formal würde durch die Umstellung die Nachfrage nach Rubel zwar nicht mehr deutlich gesteigert. Anders als im bisherigen Arrangement würde sie nicht mehr durch die russische Zentralbank befriedigt werden, sondern ausschließlich am Devisenmarkt. Wenn die Rubel-Verkäufe der Notenbank wegfallen, dann steigt der Wert der russischen Währung an. Dem Westen soll damit gezeigt werden, dass ohne die Mitwirkung der (eigentlich sanktionierten) russischen Zentralbank fortgesetzte Rohstoffimporte schwierig werden würden.
Dementsprechend zeigen die Ankündigungen Moskaus schon jetzt Wirkung, da sie wesentlich zur Erholung des Rubels in den vergangenen Wochen beigetragen haben dürften. Dies sendet dann wieder Vertrauenssignale an die russische Bevölkerung, selbst wenn diese längst bereits Konvertibilitätsbeschränkungen hinnehmen muss. Der russische Staat würde unter den angedachten Zahlungsmodalitäten zwar nicht mehr über steigende Deviseneinnahmen verfügen, diese für ihn allerdings gegenwärtig weitgehend wertlos, da sie zum Teil blockiert sind.
Trotz der vielfältigen Importsanktionen macht ein stabiler Rubelkurs Sinn, denn es verbleibt weiterhin ein großes Volumen an importierten Konsumgütern, deren Preise für die russische Bevölkerung durch einen starken Rubel entlastet werden. Das verändert allerdings nichts daran, dass die hohen Ressourcen, die die Kriegsführung von der russischen Volkswirtschaft verlangt, weitgehend im Inland aufgebracht werden müssen, was wachstumshemmend und tendenziell inflationär wirkt.
Das russische Geschäftsmodell läuft erst dann wieder besser, wenn Staaten gefunden werden, denen man die eigenen Rohstoffe verkaufen kann und aus denen benötigte Importgüter einkauft werden können. Dies werden über kurz oder lang Schwellenländer sein, allen voran China.
Aber mit diesen Ländern wird Einigkeit herrschen, dass das US-amerikanisch dominierte Zahlungssystem und mit ihm der US-Dollar oder der Euro nicht die Infrastruktur sein sollte, auf welcher der „neue“ Handel aufgesetzt werden sollte. Insofern ist nicht so sehr die aktuelle Kriegsfinanzierung als vielmehr die künftige Ausrichtung der russischen Außenwirtschaftsbeziehungen die eigentliche Stoßrichtung der Rubel-Umstellung: weg vom westlich dominierten Finanzsystem, hin zu einem Zahlungssystem, in dem der Rubel eine größere Bedeutung hat. Wenn dabei noch ein Propaganda-Erfolg in Form eines kurzfristig stärkeren Rubel-Kurses herauskommt, umso besser.
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