Jährliches Treffen in Monte Carlo Rückversicherer verlangen zweistellige Prämiensteigerungen in der Kfz-Versicherung
Es ist das jährliche Stelldichein der Rückversicherungsbranche: Das Branchentreffen „Rendez-Vous de Septembre“ findet seit 1957 im Fürstentum Monaco statt. Doch statt Romantik ging es seit vergangenem Samstag mit 3.000 Teilnehmern aus etwa 80 Ländern wie immer um harte Zahlen. Vier Tage lang loten die Unternehmen mit ihren Kunden und Maklern Preise und Konditionen für die große Vertragserneuerung zum kommenden Jahreswechsel aus.
Rückversicherer bleiben in guter Verhandlungsposition
Die großen Player wie Weltmarktführer Munich Re, Swiss Re und Hannover Rück erwarten auch weiterhin eine hohe Nachfrage ihrer Kunden wie Allianz, Ergo und Co. Schließlich dürften die Risiken etwa durch Naturkatastrophen, Haftpflichtklagen und Cyber-Attacken kaum weniger werden. Laut Swiss Re überstiegen allein die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen in den vergangenen vier Jahren jedes Mal die Marke von 100 Milliarden US-Dollar (rund 90 Milliarden Euro).
Experten sehen Ende der Preiserhöhungen
Rückversicherungen schützen die Versicherer vor hohen Verlusten durch unerwartete Schadensfälle, wie sie vor allem im Zuge des Klimawandels aber auch durch Cyber-Angriffe immer häufiger werden. In den vergangenen Jahren hatte die Branche ihre Preise deutlich erhöht und dies auch meist durchsetzen können, in der Folge sprudelten die Gewinne. Nun dürfte diese Entwicklung laut Einschätzung vieler Experten ein vorläufiges Ende finden. So geht die Ratingagentur Fitch davon aus, dass der Höhepunkt bereits überschritten ist, und hat den Ausblick für die Branche auf „neutral“ gesenkt.
Gutes Jahr 2023 reicht der Branche nicht
In einigen Erstversicherungsmärkten gibt es laut der Hannover Rück inzwischen leichte Preisnachlässe. Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz pocht dennoch darauf, die Prämien für Rückversicherungsschutz auf einem angemessenen Niveau zu halten, wie beim Branchentreffen verlautbart wurde. Ähnlich dürfte es der Weltmarktführer sehen. Zwar sei der Rückversicherungsmarkt derzeit „in einem vernünftigen Gleichgewicht“, wie Thomas Blunck, Vorstand der Munich Re, sagte. Aber: „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.“ Ein gutes Jahr wie 2023 reiche längst nicht, um für die vier schlechten Jahre davor zu entschädigen.
Wie immer drohen die Anbieter schnell mit dem Rückzug aus dem Geschäft, wenn sie ihre Konditionen nicht durchsetzen können. Bei der Absicherung gegen Naturkatastrophen wie Hochwasser traten die Rückversicherer schon vergangenes Jahr auf die Bremse. Sie decken kleine und mittlere Risiken einfach nicht mehr ab, sehr zum Ärger der Erstversicherer.
Prognose: Prämieneinnahmen steigen etwas geringer
Für die Jahre 2024 bis 2026 erwartet die Munich Re in der Schaden- und Unfall-Rückversicherung ein inflationsbereinigtes Prämienwachstum von durchschnittlich 2 bis 3 Prozent pro Jahr. Ähnlich äußerte sich die Hannover Rück zu Wochenbeginn. In den drei Jahren zuvor waren die Prämieneinnahmen den Angaben zufolge hingegen um etwa 4 Prozent pro Jahr gestiegen. Auch hier kamen inflationsbedingte Preiserhöhungen noch obendrauf.
Hallo, Herr Kaiser!
Rückversicherer machen Druck auf Kfz-Versicherer
Wegen gestiegener Ersatzteilpreise und Baukosten traf die sogenannte Schadeninflation bekanntlich vor allem die Kfz- und Gebäudeversicherung. Die Auto-Versicherer kämpfen seit vergangenem Jahr mit Verlusten und ziehen sich in Teilen bereits aus dem Geschäft zurück. Entsprechend war die Kfz-Versicherung ein großes Thema beim diesjährigen Branchentreffen im Fürstentum, wie unter anderem die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) berichtet. Die Botschaft dabei war eindeutig: Autofahrer müssen sich auf starke Preiserhöhungen einstellen.
Laut SZ-Bericht waren viele Versicherer bisher vorsichtig mit Preiserhöhungen in der Sparte, um ihre Kunden nicht zu verprellen. Doch diese Vorsicht könnten sie sich nicht mehr leisten. Ein Großteil der Reserven sei aufgebraucht, und die Rückversicherer hätten ihrerseits hohe Preise für die Schutzdeckungen durchgesetzt. Die Preiserhöhungen für 2025 müssten daher höher ausfallen als die 8 bis 9 Prozent für 2024, so die Forderung von Michael Pickel, Vorstand bei der Hannover Rück. „Sie müssen auf jeden Fall zweistellig sein.“
Haftpflichtschäden in den USA bleiben großes Problem
Besondere Sorge bereitet den Rückversicherern weiterhin die Haftpflichtversicherung in den USA, wie die SZ schreibt. Dort sprechen Gerichte bei Sammelklagen immer höhere Schadenersatzurteile gegen Unternehmen aus. „Wir beobachten eine kontinuierliche Zunahme aggressiver Prozesspraktiken, die besonders für die Haftpflichtversicherung problematisch sind“, sagt Gianfranco Lot, Manager bei der Swiss Re. Dieser Trend hat in den vergangenen zehn Jahren nach Berechnungen des Unternehmens zu einem Anstieg der Haftpflichtschäden in den USA um 57 Prozent auf 143 Milliarden Dollar (129 Milliarden Euro) geführt.
Die Branche habe in den vergangenen Jahren bei den Haftpflichtrisiken einiges falsch gemacht, sagt Munich Re-Vorstand Stefan Golling. „Wir haben eindeutig dabei versagt, Schaden- und Inflationstrends richtig einzuschätzen.“ Die Versicherungswirtschaft sei zu optimistisch gewesen und habe zu lange zu niedrige Preise toleriert. „Wir können so nicht weitermachen.“