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Aktualisiert am 31.10.2010 - 01:17 UhrLesedauer: 10 Minuten

Russel Napier: „Zeit, das Portfolio auf eine Inflation vorzubereiten“

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Napier: Die Wechselkurse werden nicht von einer Zentralbank kontrolliert. Viele Zentralbanken wollen nicht, dass ihre Wechselkurse steigen. Die eigentliche Frage ist daher nicht, wo die Märkte die Wechselkurse gern hätten, sondern, wo die Zentralbanken Wechselkursbewegungen zulassen. Kein Zentralbanker der Welt will die Folgen sehr fester Wechselkurse tragen.

Selbst die Schweizerische Nationalbank wird es nicht zulassen, dass der Wechselkurs des Franken einfach so steigt. Eine Abwertung ist nicht möglich, denn eine Währung wertet immer gegenüber einer anderen Währung ab. Die Chinesen beispielsweise erlauben ihrer Währung, pro Jahr um 5 bis 6 Prozent zu steigen, eine Kursbildung am freien Markt lassen sie jedoch nicht zu. Eine Abwertung wird daher nicht gegenüber anderen Währungen erfolgen, sondern gegenüber Gütern.

Frage
: Erwarten Sie eine inflationäre Entwicklung in den Emerging Markets in den kommenden ein oder zwei Jahren?

Napier
: Die Bankensysteme in den Emerging Markets funktionieren recht gut, sind perfekt mit Kapital ausgestattet, und es gibt nicht viele Forderungsausfälle. Eine perfekte Situation für mehr Kredite, mehr Geld und mehr Inflation. In allen Emerging Markets sind ein hohes Kreditwachstum und ein hohes Geldmengenwachstum wahrscheinlich, und damit steigt der Inflationsdruck.

Das dürfte gerade westliche Investoren aus Deutschland, Großbritannien oder den USA überraschen, wo die Inflationsraten sehr niedrig sind. Auch in diesen Ländern dürften die Inflationsraten steigen, aber nicht so schnell. Vielmehr dürfte die Inflation in Asien zunehmen, was ein großes Problem für den Westen sein dürfte.
Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber entscheidend wird sein, dass diese Länder versuchen werden, die Inflation über eine unabhängigere Geldpolitik in den Griff zu kriegen, das heißt über flexiblere Wechselkurse. Ich erwarte also, dass wir es mit flexibleren Wechselkursen zu tun haben werden.

Frage
: Werden die Zentralbanken der Emerging Markets die Inflation bekämpfen und ihre Zinsen erhöhen?

Napier
: Wenn sie die Inflation bekämpfen wollen, haben die Zentralbanken das Problem, dass sie wahrscheinlich sehr viel Kapital anlocken werden. Das wäre die Konsequenz aus einer unterbewerteten Währung und einem hohen Zinsaufschlag gegenüber den USA. Die asiatischen Zentralbanken sollten die Zinsen heraufsetzen, möglicherweise werden sie aber auch an den Wechselkurs denken.

Asien steht an einem Wendepunkt, an dem es sich diesbezüglich entscheiden muss. Ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich Asien zunächst für eine Form der Kontrolle der Wechselkurses oder der Kapitaleinfuhr entscheiden wird. Auf lange Sicht wird eine Antwort auf den Inflationsdruck jedoch ein flexiblerer Wechselkurs ein. Aber ich glaube, das wird eine Zeit dauern.
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