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Gewerbe-Policen Versicherer scheuen vor Russland-Geschäften zurück

Skulptur vor einem Kriegsschiff in der russischen Hafenstadt Noworossijsk
Skulptur vor einem Kriegsschiff in der russischen Hafenstadt Noworossijsk: International tätige Versicherer bieten seit dem Krieg in der Ukraine immer seltener Policen an, mit denen Firmen ihr Geschäft in Russland absichern können. | Foto: Imago Images / SNA

Weltweit haben Versicherer in den vergangenen Tagen ihr Geschäft mit gewerblichen Policen eingestellt, die äußerst wichtig sind für den Austausch von Waren und Dienstleistungen mit Handelspartnern in Russland. Damit reagiere die internationale Assekuranz auf die global verhängten Sanktionen vieler Staaten infolge des militärischen Angriffs der Ukraine, welche die russische Wirtschaft schwer belasten dürfte. Die betroffenen Unternehmen könnten ihre vertraglichen Pflichten dadurch womöglich nicht mehr erfüllen, berichtet The Wall Street Journal.

„Alles ist zum Stillstand gekommen“, zitiert die US-Zeitung Jerry Paulson, Vize-Chef des Versicherungsmaklers HUB International aus Chicago. Der aktuelle Rückzug der Versicherer mache das Geschäft mit Russland für die von ihm betreuten Unternehmen noch schwieriger. Konkret berichtet er von Verhandlungen über Policen für einen US-Industriekunden mit Logistikzentren und Fabrik in Russland. Sechs beteiligte Versicherer hätten die Gespräche pausiert oder bereits abgelehnt, die politischen Risiken des Unternehmers absichern zu wollen.

Steigende Preise für Versicherungen

Die entsprechenden Versicherungen springen für Verluste ein, die einem Gewerbetreibenden aufgrund staatlicher Aktivitäten entstehen. Dazu zählen auch Kriegshandlungen, Enteignungen und erzwungene Verkäufe. Noch wichtiger seien aber Warenkreditversicherungen, die den finanziellen Verlust ausfallender Kundenzahlungen absichern. Weil viele Unternehmen ohne die Policen keine Verträge mit ausländischen Kunden abschließen wollen, werde der Russland-Handel de facto eingefroren. Das dürfe die russische Wirtschaft weiter ins Straucheln bringen. 

Nach Angaben von Maklern sowie Vorständen international tätiger Versicherungsgesellschaften stiegen mit der Zunahme der Kampfhandlungen in der Ukraine auch die Preise weiterer Versicherungsprodukte. So sei es inzwischen praktisch unmöglich, Seetransporte in einen Hafen an der ukrainischen Schwarzmeerküste abzusichern. Und für den Umweg über russische Häfen wie Noworossijsk, berechneten Versicherer in London Aufschläge von bis zu 2 Prozent vom Neuwert eines Tankschiffes. Das entspreche etwa rund 730.000 Euro für zehn Tage Versicherungsschutz. 

Größter Handelspartner deutscher Häfen

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Die aktuellen Sanktionen gegen Russland dürften sich auch auf den Seeverkehr Deutschlands auswirken. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war die Russische Föderation von Januar bis November 2021 mit rund 24,1 Millionen Tonnen wichtigster Handelspartner der deutschen Seehäfen. Danach folgten Schweden (23,7 Millionen Tonnen) und die Volksrepublik China (20,2). Zum Vergleich: In dieser Zeit wurden in den deutschen Seehäfen insgesamt 265,3 Millionen Tonnen im Warenverkehr umgeschlagen.

Grafik: Destatis

Wichtige Handelsgüter deutscher Seehäfen sind laut Destatis insbesondere Kohle und Rohöl. Insgesamt wurden von Januar bis November rund 28,6 Millionen Tonnen dieser fossilen Energieträger in deutschen Häfen empfangen, wobei 31,0 Prozent auf Kohle und 68,3 Prozent auf Rohöl entfielen. 37,7 Prozent davon kamen aus der Russischen Föderation, die mit 10,8 Millionen Tonnen Platz eins der wichtigsten Handelspartner für fossile Energieträger der deutschen Seehäfen belegt. Auf den weiteren Plätzen folgten die Vereinigten Staaten (4,8 Millionen Tonnen) und das Vereinigte Königreich (3,1).

Im Seehandel Deutschlands mit der Russischen Föderation hat der Import von Gütern mit 89,2 Prozent (21,5 Millionen Tonnen) den größten Anteil am Warenumschlag. Neben fossilen Energieträgern wie Kohle und Rohöl (10,8 Millionen Tonnen) kamen vor allem Kokerei- und Mineralölerzeugnisse (5,4) aus der Russischen Föderation. Aus deutschen Seehäfen in die Russische Föderation gelangten in den ersten elf Monaten vorigen Jahres rund 2,6 Millionen Tonnen Güter. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem Rückgang um 10,0 Prozent.

Die Ukraine gilt als Kornkammer Europas

Das Umschlagvolumen der deutschen Seehäfen mit der Ukraine lag von Januar bis November 2021 bei rund 636.000 Tonnen und damit um 4,3 Prozent über dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Dabei handelt es sich nahezu ausschließlich um Wareneingänge. Wichtigste Handelsgüter der Ukraine mit den deutschen Seehäfen waren mit einem Anteil von 70,3 Prozent Fischerei- oder land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse wie beispielsweise Getreide. Danach folgten mit einem Anteil von 20,7 Prozent Erze, Steine und Erden sowie sonstige Bergbauerzeugnisse.

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