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Sal. Oppenheim exklusiv: „Volkswirte sind auch politische Berater“

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DAS INVESTMENT.com: Brauchen Banken und Vermögensverwalter jetzt politische Berater?

Edler: Unsere Volkswirte sind zugleich politische Berater.

Braems: Wir hatten auch schon andere Themen, bei denen wir Rat von außen brauchten. Bei Fukushima mussten wir uns plötzlich mit Atomphysik auseinander setzen. Da haben wir eben mit Atomexperten gesprochen. Jetzt ist es die Politik, in einem Jahr beeinflusst vielleicht etwas ganz anderes die Kurse.

DAS INVESTMENT.com: Der eine ist Volkswirt, der andere Anlageexperte. Gibt es Schnittmengen?

Edler: Wir arbeiten eng zusammen, haben aber unsere eigenen Gebiete.

Braems: Natürlich kann ich morgens mal sagen ‚Ich würde jetzt keine Aktien kaufen.‘ Aber mehr als ein Tipp ist das dann nicht, und wir diskutieren darüber auch ausgiebig. Aber am Ende fällt er die Entscheidung.

Edler: … und muss sie auch verantworten.

Braems: Genauso nehme ich Anregungen von ihm auf, wenn sie von meiner Meinung abweichen. Er könnte ja richtig liegen.

DAS INVESTMENT.com: Wie oft streiten Sie sich?

Edler: Selten. Zumal wir in der Regel analytisch in verschiedenen Zeithorizonten unterwegs sind. Für mich sind die kommenden 30 Tage interessant, während Kollege Braems die kommenden sechs bis zwölf Monate analysiert. Natürlich fließt seine langfristige Analyse bei uns mit ein. Trotzdem kann es vorkommen, dass wir uns kurzfristig entgegen seiner Meinung positionieren. Bei Fukushima waren wir uns mal uneinig. Aber wir hatten auch beide zu wenig Ahnung von Atomkraftwerken, um uns fundiert streiten zu können.

DAS INVESTMENT.com: 30 Tage Sicht erscheinen recht kurz für eine Asset Allocation.

Edler: Wir haben eine strategische Struktur, an der wir uns langfristig orientieren. Unsere taktische Asset Allocation überprüfen wir dagegen einmal im Monat oder in Extremsituationen wie eben Fukushima. Die Grundlage unserer taktischen Entscheidungen bildet grundsätzlich unser quantitatives Modell. Das daraus resultierende Signal in Zusammenhang mit unserer qualitativen Markteinschätzung führt zur Entscheidung. Die Volkswirtschaftsabteilung unterstützt uns stark, indem sie die große Menge an ökonomischen und politischen Informationen aufarbeitet, einordnet und interpretiert.

Braems: Die taktische Asset Allocation ist auch nicht als monatliches Hin und Her zu verstehen. Es sind vielmehr Entscheidungen, die monatlich überprüft werden.

DAS INVESTMENT.com: Was ist mit der Theorie, dass man den Markt durch taktische Manöver gar nicht schlagen kann?

Edler: Das stimmt nicht. Die Asset Allocation, ob taktisch oder strategisch, ist der Performance-Treiber schlechthin.