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Goldman Sachs AM: „All-in-One-Produkte sind nicht zeitgemäß“

Nach einem herausfordernden Börsenjahr blicken viele Anleger gespannt auf 2024. Wird sich der Aufwärtstrend fortsetzen? Und wo liegen aktuell die Favoriten bei Investoren? Dazu sprach DAS INVESTMENT mit Sandra Straka, Leiterin des Kundengeschäfts von Goldman Sachs für den Bereich Third-Party Wealth Client Business in Deutschland und Österreich. Ihre Position umfasst den Vertrieb von Asset-Manag...
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Nach einem herausfordernden Börsenjahr blicken viele Anleger gespannt auf 2024. Wird sich der Aufwärtstrend fortsetzen? Und wo liegen aktuell die Favoriten bei Investoren? Dazu sprach DAS INVESTMENT mit Sandra Straka, Leiterin des Kundengeschäfts von Goldman Sachs für den Bereich Third-Party Wealth Client Business in Deutschland und Österreich. Ihre Position umfasst den Vertrieb von Asset-Management-Produkten an Banken, Fondsselektoren und Vermögensverwalter. Straka ist seit 14 Jahren im Kundengeschäft von Goldman Sachs tätig - zunächst für Österreich, seit einem Jahr nun auch für Deutschland. Im Interview spricht sie über...
... die Entwicklungen an den weltweiten Märkten
… die aktuellen Investmenttrends und Favoriten der Kunden
... Goldman Sachs' Strategie bei der Einführung neuer Produkte und welche Bedingungen diese erfüllen müssen
... und den Boom der Eltifs und Private Markets.
DAS INVESTMENT: Frau Straka, wie schauen Sie aktuell auf die Märkte für 2024?
Sandra Straka: Wir bei Goldman Sachs sind vorsichtig optimistisch. Die Aktienmärkte haben sich 2023 deutlich besser entwickelt als viele erwartet hatten. Vor allem ab November gab es eine starke Rallye. Die letzten beiden Monate des Vorjahres waren für uns im Vertrieb die stärksten überhaupt. Viele Kunden hatten noch Cash-Reserven, die sie kurzfristig investieren wollten – auch, um ihre Jahresperformance zu verbessern. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend zunächst fortsetzt. Denn es gibt immer noch sehr viel Cash im Markt. Die Zentralbanken dürften die Zinsen behutsam senken, das ist bereits eingepreist. Sollte die Inflation aber wieder anziehen, etwa durch Lieferengpässe, könnten die Notenbanken ihren Kurs auch wieder ändern. Hinzu kommt: In diesem Jahr stehen Wahlen in 76 Ländern mit 4 Milliarden Wählern an – auch das könnte für Volatilität sorgen. Deshalb ist eine breite Streuung über verschiedene Anlageklassen besonders wichtig.
Auf welche Aktienmärkte setzen Sie derzeit besonders?
Straka: Wir sehen großes Potenzial in den Emerging Markets, vor allem Indien. Die Alterspyramide ist dort deutlich vorteilhafter als beispielsweise in China und viele westliche Unternehmen verlagern zunehmend ihre Produktion dorthin. Apple produziert beispielsweise schon rund 10 Prozent seiner iPhones in Indien und möchte den Anteil bis 2026 auf 25 Prozent ausbauen. Das ist nur einer der langfristigen Wirtschaftsbooster für die Region.
Der zu Lasten von China geht.
Straka: Unsere Strategen gehen davon aus, dass Asien insgesamt weiterhin spannend bleibt. Aus unser Sicht bietet Indien im Bereich der Schwellenländer im Moment attraktive Chancen im Vergleich zum Risiko. Mit einem Anteil von etwa 18 Prozent der Weltbevölkerung und etwa 12 Prozent der weltweiten Erwerbsbevölkerung ist Indien in globalen Portfolios deutlich unterrepräsentiert, mit einer Gewichtung von weniger als 2 Prozent im MSCI ACWI Index. Wir erwarten, dass Indiens nominales BIP in den nächsten Jahren wahrscheinlich zweistellig wachsen wird. Und auch bei institutionellen Investoren sehen wir ein zunehmendes Interesse an unseren Indien-Strategien .
Okay, Indien ist die Nummer eins. Welchen Markt finden Sie noch spannend?
Straka: Ein weiteres Land mit Potenzial ist Japan. Viele Privatkunden investieren dort, aber auch institutionelle Anleger sind zunehmend interessiert. Ein weiterer Wachstumsbereich sind Small Caps.
Die kamen in den beiden Vorjahren stark unter die Räder. Hat das die Profis nicht eher verschreckt oder gibt es nun Einstiegsgelegenheiten?
Straka: Das Sentiment ändert sich allmählich. Viele der kleineren Unternehmen konnten sich in der Vergangenheit günstig refinanzieren, die höheren Zinsen treffen sie nun dementsprechend nicht so stark. Wir gehen wie viele Marktbeobachter davon aus, dass die Zinsen wieder fallen werden. Zudem stehen viele Unternehmens-Refinanzierungen erst 2025 und 2026 an, das aktuelle Zinsniveau sollte sich bis dahin deutlich entspannt haben. Da die Bewertungen sehr niedrig sind, ist das Small-Cap-Segment nun recht attraktiv.
Das war der Aktienmarkt. Wie sieht es bei Anleihen aus?
Straka: Neben Aktien entwickeln sich jetzt auch wieder Anleihen positiv, denn schließlich gibt es wieder Zinsen. Wir setzen auf eine Übergewichtung von Investment-Grade-Anleihen in Europa und den USA. Bei Hochzinsanleihen wird man hingegen nicht immer entsprechend für die Risiken bezahlt. Hier muss man genauer hinschauen.
Was bedeuten all diese Trends und makroökonomischen Faktoren für Ihre Produktpalette?
Straka: Wenn wir aus dem Vertrieb heraus Marktinteresse für ein bestimmtes Thema sehen, gehen wir auf unsere Produktteams zu – europaweit und auch global. Dann schauen wir, ob weitere Kollegen diesen Bedarf bestätigen können, und dann entsteht womöglich ein neues Produkt. Aber ich muss sagen: Es gibt bereits sehr viele sehr gute Fonds am Markt. Dementsprechend sind wir mit neuen Produkten eher zurückhaltend. Viele unserer Flaggschiffe managen wir schon 20 Jahre sehr erfolgreich, und häufig ist es sinnvoller, den Fokus auf bestehende Produkte zu bewahren und sich nicht in Dutzenden Themen zu verzetteln.
100 Millionen Euro werden oft als Mindestvolumen für Fonds genannt. Heutzutage eine hohe Hürde?
Straka: Viele institutionelle Investoren erwarten bereits zum Start mindestens 100 Millionen Euro Fondsvolumen. Bei Banken wiederum sind 3 Jahre Track Record eine typische Voraussetzung für eine Empfehlung. Wir starten neue Fonds daher oft mit einem sogenannten Ankerinvestor, also einem großen Kunden, der von Beginn an einen signifikanten Betrag zusagt. Ohne diesen wäre das Erreichen der 100-Millionen-Grenze zu Beginn manchmal schwierig.
Der eine oder andere Fonds schafft es trotz dieser Hürden ans Tageslicht.
Straka: Wir haben beispielsweise vor einigen Jahren einen Future-Tech-Leaders-Fonds aufgelegt. Der investiert in Zukunftstechnologien der zweiten Reihe, nicht nur in die bekannten Big Player. Ein anderes Beispiel ist unser Global Future Economic Security Fonds, der sich Unternehmen anschaut, die ihre globalen Produktionsstätten ausweiten wollen, um weniger abhängig von einzelnen Standorten zu sein. Die drei Schlüsselthemen sind: Lieferkettensicherheit, Ressourcensicherheit und Nationale Sicherheit.
Welchem Trend trauen Sie langfristiges Wachstum zu?
Straka: Ein großer Trend der vergangenen Jahre war und ist das Thema Healthcare. Wir sehen uns gezielt die Zukunft des Gesundheitswesens an – der Schwerpunkt liegt weniger auf reinen Pharma-Unternehmen, stattdessen ergänzend auf Roboterchirurgie und digitaler Medizin. Das ist aufgrund der Überalterung der Gesellschaft ein Riesenthema, bei dem viel Innovationspotenzial besteht.
Spielt künstliche Intelligenz eine Rolle bei der Produktentwicklung? Versuchen Sie mit Algorithmen schneller die Trends zu erspüren als die Mitbewerber?
Straka: Die Computermodelle in unserem quantitativen Aktienbereich analysieren 18.000Unternehmen auf Tagesbasis. Die werten nicht nur Bilanzdaten aus, sondern Millionen aktueller Zeitungsartikel, Social-Media Daten und Analysteneinschätzungen. So erhält unser Team ein besseres Gespür dafür, wo die Trends hingehen und wie Anleger über bestimmte Unternehmen und Branchen denken.
Goldman Sachs spricht Privatkunden und institutionelle Kunden gleichermaßen an. Hat sich in diesem Mix etwas in den vergangenen Jahren verändert?
Straka: Was sich bei Privatkunden und deren Beratern wie auch auf institutioneller Seite geändert hat, ist das Interesse an spezielleren Lösungen statt All-in-One-Produkten. Diese sind nicht mehr zeitgemäß. Konkret heißt das: Früher suchte man beispielsweise einen Aktienfonds Asien oder Global, heute möchte man eher Bausteine wie zum Beispiel „Aktien Asien ohne China“. Oder nicht nur den Flaggschiff-Aktienfonds eines Hauses, sondern eine kleinere Nische daraus als ergänzendes Satelliten-Investment. Die Kunden möchten mehr selbst entscheiden und kombinieren, statt einfach ein vorgefertigtes Produkt zu kaufen. Das erfordert auf unserer Seite flexiblere, individualisierbare Anlagelösungen.
Wie steht es um das Thema Eltif und den Boom der Private Markets?
Straka: Im Bereich alternativer Investments wie Infrastruktur oder Private Equity werden wir künftig eine große Nachfrage sehen. Das gilt für institutionelle, aber zunehmend auch für private Anleger, weil diese Anlagen zur Portfoliodiversifikation beitragen und interessante Renditechancen bieten. Wir haben bereits 2023 unseren ersten Eltif aufgelegt. Der Markt ist sehr spannend und wächst weiter, sowohl was die Anbieter-Seite betrifft wie auch das Interesse bei den Anlegern. Es gibt aber auch noch einige operationale Themen, die geklärt werden müssen, etwa beim Reporting und den Abwicklungsmöglichkeiten. Hier ist vieles im Umbruch.. Zudem ist der Beratungsbedarf aufgrund der Komplexität der Produkte größer.
Das heißt, es ist vor allem ein kommunikatives Thema?
Straka: Eine Herausforderung liegt in der eingeschränkten Liquidität dieser Anlagen. Privatkunden sind es etwa gewohnt, ihre Investments flexibel handeln zu können. Bei Private Markets Produkten gibt es meist nur gewisse Zeichnungsfenster und Einschränkungen beim Verkauf. Deshalb ist es wichtig, die Kunden vor einer Anlageentscheidung genau aufzuklären: Im Worst Case kann es einige Jahre dauern, bis man aus einer Position vollständig aussteigen kann. Die Komplexität dieses Produkts muss man im Beratungsgespräch proaktiv diskutieren



