Schadensersatzansprüche in Europa „Bei Sammelklagen kann man nicht erst am Ende aufspringen“
Wertpapiersammelklagen sind eine spezielle Art von Gerichtsverfahren, bei denen eine natürliche oder juristische Person im Namen einer Gruppe von gleichermaßen Betroffenen Klage erheben kann. Ein Beispiel dafür sind Anleger, die Schadensersatzansprüche gegen ein Unternehmen wegen falscher oder irreführender Darstellung geschäftlich relevanter Fakten erheben.
Gemäß einer Untersuchung der Goal Group, eines global agierenden Spezialdienstleisters für die Durchführung von Sammelklagen, hat allein die Nichtbeteiligung von Investoren an Wertpapiersammelklagen vor US-Gerichten zwischen den Jahren 2000 und 2012 dazu geführt, dass Beträge in Höhe von insgesamt über 18 Milliarden US-Dollar nicht zurückgefordert wurden. Mehr als vier Milliarden US-Dollar gehen dabei auf das Konto europäischer Anleger. Deutsche Investoren haben beinahe 920 Milliarden US-Dollar in ausländischen Aktien angelegt.
Da die Klagemöglichkeit in den USA jedoch eingeschränkt wurde, ist es unerlässlich, dass Kapitalanleger die Beteiligung an Sammelklagen in allen sinnvoll möglichen Jurisdiktionen im Auge behalten, gerade auch in Europa und Deutschland.
Wertpapiersammelklagen in Europa
In den vergangenen Jahren sind in Europa immer mehr Möglichkeiten für die Erhebung von Sammelklagen, Gruppenklagen und sonstigen kollektiven Rechtsbehelfen geschaffen worden. Diese Entwicklung geht einher mit der Entscheidung des obersten US-Gerichtshofs (Supreme Court) im Jahr 2010, der in der Rechtssache „Morrison v. National Australia Bank Ltd“ befand, dass das US-Wertpapierrecht nur auf an US-Börsen notierte Gesellschaften anwendbar ist.
Damit wurde die Möglichkeit sogenannter „f-cubed actions“ („foreign hoch drei Klagen“) ausgeschaltet, bei denen es sich um Klagen von Nicht-US-Aktionären gegen Nicht-US-Gesellschaften handelte, die an einer Nicht-US-Börse gekaufte Aktien betrafen, jedoch vor einem Gericht in den USA erhoben wurden.
In mehreren europäischen Staaten gibt es bereits Gesetze über Sammelklagen, Gruppenklagen und sonstigen kollektiven Rechtsbehelfen, oder entsprechende laufende Gesetzgebungsverfahren, die sich jedoch von denen in den USA unterscheiden. So haben die meisten Staaten ein „Opt-in“-System, bei dem die Beteiligten sich zu Beginn des Verfahrens registrieren müssen, und ein Vergleich ist nur für diejenigen Anleger rechtswirksam, die sich aktiv an dem Verfahren beteiligt haben.
Es ist also nicht möglich, zunächst abzuwarten, wie ein anderer wichtiger Kläger gegen den Beklagten vorgeht. Da die unterlegene Partei für die Kosten aufkommen muss, scheuen viele Anleger vor einem Rechtsstreit zurück und es ist unwahrscheinlich, dass die Beschuldigten ein Vergleichsangebot machen, solange sie nicht verklagt worden sind.
Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, gemeinsam mit gleichsam betroffenen Anlegern eine Sammelklage anzustrengen, um den Beklagten stärker unter Druck zu setzen. Damit kann das gebündelte Spezialwissen der Kapitalanleger und Fondsmanager für die Klagebegründung aller Anleger genutzt werden.
Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten – ein neues Rechtsgebiet in Deutschland
Deutschland hat die Geltungsdauer des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) bis zum 1. November 2020 verlängert. Wenn sich das Gesetz bewährt, könnte es in die Zivilprozessordnung (ZPO) aufgenommen werden. Es betrifft alle Zivilrechtsstreitigkeiten, in denen im Zusammenhang mit dem Verkauf und Vertrieb von Finanzprodukten Kapitalmarktinformationen eingesetzt wurden, zum Beispiel wegen der Herausgabe eines unrichtigen Verkaufsprospekts, wie auch Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten.
Im November 2005 wurde das KapMuG zunächst für fünf Jahre probeweise eingeführt. Anlass dafür waren Klagen von etwa 17.000 Anlegern gegen die Deutsche Telekom. Die ersten Entscheidungen in Verfahren dieser Art ergingen im Wesentlichen zugunsten der Beklagten, und als das Gericht auch 2012 zugunsten der Telekom entschied, wurde die Effektivität des KapMuG in seiner ursprünglichen Form angezweifelt. Keines der Verfahren wurde bislang jedoch höchstrichterlich abgeschlossen.
In Deutschland hatte es zwölf Jahre gedauert, bis die erste Entscheidung im Fall Telekom erging, wohingegen in den USA eine Sammelklage von US-Anlegern hinsichtlich ihrer Verluste durch dasselbe Aktienangebot schon 2005 zu einem Vergleich über mehr als 120 Millionen US-Dollar geführt hatte.
Der Gesetzgeber hat daraufhin das KapMuG geändert und strengere Fristen eingeführt. So wurde das Verfahren zum Beispiel durch eine neue Sechsmonatsfrist beschleunigt, binnen derer der Antrag auf Durchführung eines Musterverfahrens vom Gericht zu bearbeiten ist.
Die geänderte Fassung des KapMuG gestattet den Anlegern, Ansprüche kostengünstig anzumelden und von einem Musterverfahren zu profitieren, ohne förmlich zu klagen. Im Musterverfahren geht es darum, dass der Kläger beziehungsweise der Beklagte die Feststellung anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen, oder die Klärung ergebnisrelevanter Rechtsfragen begehren kann. Das Gericht wählt den Musterkläger unter Berücksichtigung der Höhe des Anspruchs aus oder weil er die meisten der für den Rechtsstreit relevanten Aspekte aufgezeigt hat.
Früher kam ein Vergleich nur zustande, wenn 100 Prozent der Beteiligten ihm zustimmten. Jetzt wird ein verbindlicher Vergleich jedoch schon erreicht, wenn ihn mehr als 70 Prozent der Kläger annehmen. Der Vergleich bedarf dann der Genehmigung durch das Oberlandesgericht. Dieses neue Verfahren ist schneller und praktikabler.
Grundsätzlich trägt die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits, unterliegt jedoch der Musterkläger, so werden die Kosten des Musterverfahrens unter allen im Register verzeichneten Klägern entsprechend dem Wert ihrer jeweiligen Ansprüche aufgeteilt. Honorarvereinbarungen, die Erfolgshonorare für Prozessbevollmächtigte vorsehen, sind nur unter besonderen Umständen zulässig. Allerdings können Gerichts- und Anwaltsgebühren durch Dritte finanziert werden, denen als Gegenleistung ein prozentualer Anteil an dem durch die Klage erzielten Betrag zugesichert wird.
Gemäß einer Untersuchung der Goal Group, eines global agierenden Spezialdienstleisters für die Durchführung von Sammelklagen, hat allein die Nichtbeteiligung von Investoren an Wertpapiersammelklagen vor US-Gerichten zwischen den Jahren 2000 und 2012 dazu geführt, dass Beträge in Höhe von insgesamt über 18 Milliarden US-Dollar nicht zurückgefordert wurden. Mehr als vier Milliarden US-Dollar gehen dabei auf das Konto europäischer Anleger. Deutsche Investoren haben beinahe 920 Milliarden US-Dollar in ausländischen Aktien angelegt.
Da die Klagemöglichkeit in den USA jedoch eingeschränkt wurde, ist es unerlässlich, dass Kapitalanleger die Beteiligung an Sammelklagen in allen sinnvoll möglichen Jurisdiktionen im Auge behalten, gerade auch in Europa und Deutschland.
Wertpapiersammelklagen in Europa
In den vergangenen Jahren sind in Europa immer mehr Möglichkeiten für die Erhebung von Sammelklagen, Gruppenklagen und sonstigen kollektiven Rechtsbehelfen geschaffen worden. Diese Entwicklung geht einher mit der Entscheidung des obersten US-Gerichtshofs (Supreme Court) im Jahr 2010, der in der Rechtssache „Morrison v. National Australia Bank Ltd“ befand, dass das US-Wertpapierrecht nur auf an US-Börsen notierte Gesellschaften anwendbar ist.
Damit wurde die Möglichkeit sogenannter „f-cubed actions“ („foreign hoch drei Klagen“) ausgeschaltet, bei denen es sich um Klagen von Nicht-US-Aktionären gegen Nicht-US-Gesellschaften handelte, die an einer Nicht-US-Börse gekaufte Aktien betrafen, jedoch vor einem Gericht in den USA erhoben wurden.
In mehreren europäischen Staaten gibt es bereits Gesetze über Sammelklagen, Gruppenklagen und sonstigen kollektiven Rechtsbehelfen, oder entsprechende laufende Gesetzgebungsverfahren, die sich jedoch von denen in den USA unterscheiden. So haben die meisten Staaten ein „Opt-in“-System, bei dem die Beteiligten sich zu Beginn des Verfahrens registrieren müssen, und ein Vergleich ist nur für diejenigen Anleger rechtswirksam, die sich aktiv an dem Verfahren beteiligt haben.
Es ist also nicht möglich, zunächst abzuwarten, wie ein anderer wichtiger Kläger gegen den Beklagten vorgeht. Da die unterlegene Partei für die Kosten aufkommen muss, scheuen viele Anleger vor einem Rechtsstreit zurück und es ist unwahrscheinlich, dass die Beschuldigten ein Vergleichsangebot machen, solange sie nicht verklagt worden sind.
Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, gemeinsam mit gleichsam betroffenen Anlegern eine Sammelklage anzustrengen, um den Beklagten stärker unter Druck zu setzen. Damit kann das gebündelte Spezialwissen der Kapitalanleger und Fondsmanager für die Klagebegründung aller Anleger genutzt werden.
Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten – ein neues Rechtsgebiet in Deutschland
Deutschland hat die Geltungsdauer des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) bis zum 1. November 2020 verlängert. Wenn sich das Gesetz bewährt, könnte es in die Zivilprozessordnung (ZPO) aufgenommen werden. Es betrifft alle Zivilrechtsstreitigkeiten, in denen im Zusammenhang mit dem Verkauf und Vertrieb von Finanzprodukten Kapitalmarktinformationen eingesetzt wurden, zum Beispiel wegen der Herausgabe eines unrichtigen Verkaufsprospekts, wie auch Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten.
Im November 2005 wurde das KapMuG zunächst für fünf Jahre probeweise eingeführt. Anlass dafür waren Klagen von etwa 17.000 Anlegern gegen die Deutsche Telekom. Die ersten Entscheidungen in Verfahren dieser Art ergingen im Wesentlichen zugunsten der Beklagten, und als das Gericht auch 2012 zugunsten der Telekom entschied, wurde die Effektivität des KapMuG in seiner ursprünglichen Form angezweifelt. Keines der Verfahren wurde bislang jedoch höchstrichterlich abgeschlossen.
In Deutschland hatte es zwölf Jahre gedauert, bis die erste Entscheidung im Fall Telekom erging, wohingegen in den USA eine Sammelklage von US-Anlegern hinsichtlich ihrer Verluste durch dasselbe Aktienangebot schon 2005 zu einem Vergleich über mehr als 120 Millionen US-Dollar geführt hatte.
Der Gesetzgeber hat daraufhin das KapMuG geändert und strengere Fristen eingeführt. So wurde das Verfahren zum Beispiel durch eine neue Sechsmonatsfrist beschleunigt, binnen derer der Antrag auf Durchführung eines Musterverfahrens vom Gericht zu bearbeiten ist.
Die geänderte Fassung des KapMuG gestattet den Anlegern, Ansprüche kostengünstig anzumelden und von einem Musterverfahren zu profitieren, ohne förmlich zu klagen. Im Musterverfahren geht es darum, dass der Kläger beziehungsweise der Beklagte die Feststellung anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen, oder die Klärung ergebnisrelevanter Rechtsfragen begehren kann. Das Gericht wählt den Musterkläger unter Berücksichtigung der Höhe des Anspruchs aus oder weil er die meisten der für den Rechtsstreit relevanten Aspekte aufgezeigt hat.
Früher kam ein Vergleich nur zustande, wenn 100 Prozent der Beteiligten ihm zustimmten. Jetzt wird ein verbindlicher Vergleich jedoch schon erreicht, wenn ihn mehr als 70 Prozent der Kläger annehmen. Der Vergleich bedarf dann der Genehmigung durch das Oberlandesgericht. Dieses neue Verfahren ist schneller und praktikabler.
Grundsätzlich trägt die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits, unterliegt jedoch der Musterkläger, so werden die Kosten des Musterverfahrens unter allen im Register verzeichneten Klägern entsprechend dem Wert ihrer jeweiligen Ansprüche aufgeteilt. Honorarvereinbarungen, die Erfolgshonorare für Prozessbevollmächtigte vorsehen, sind nur unter besonderen Umständen zulässig. Allerdings können Gerichts- und Anwaltsgebühren durch Dritte finanziert werden, denen als Gegenleistung ein prozentualer Anteil an dem durch die Klage erzielten Betrag zugesichert wird.
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