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Schäubles Gläubiger

Lesedauer: 5 Minuten
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann derzeit Bundesanleihen zu sehr günstigen Zinsen ausgeben. Den Versicherungen schadet das, gehören sie doch zu den größten Finanzierern des Staates.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann derzeit Bundesanleihen zu sehr günstigen Zinsen ausgeben. Den Versicherungen schadet das, gehören sie doch zu den größten Finanzierern des Staates.
Das Vertrauen ist dahin. Ob sie noch einmal eine klassische Lebensversicherung abschließen würden, fragte das Emnid-Institut im Auftrag der „Bild am Sonntag“ Mitte November 504 Bundesbürger. 69 Prozent verneinten. Und zwei Drittel der Deutschen glauben nicht, dass sie die Leistung ausgezahlt bekommen, die ihnen der Versicherer anfangs versprochen hat. Ein bitteres Ergebnis für die Lebensversicherer. Und das ist noch nicht einmal komplett selbst verschuldet.

Schließlich sorgen Schuldenkrise und Europäische Zentralbank (EZB) dafür, dass die Lieblingswertpapiere der Versicherer kaum noch Rendite abwerfen. Gerade einmal 1,25 Prozent brachten zehnjährige Bundesanleihen im Juli – ein Negativrekord. Ende November sah es mit 1,44 Prozent kaum besser aus. In ihren Beständen haben die Versicherungen aber Garantien von durchschnittlich 3,2 Prozent. Diese Differenz wirft zwangsläufig die Frage auf, ob alle Gesellschaften heil aus der Krise kommen werden. Bei den Produkten zumindest zeigen sich jetzt schon Tendenzen, wie die Versicherer dem neuen Marktumfeld gerecht werden wollen.

Das gilt im Übrigen nicht nur für die klassische Lebensversicherung. Auch bei Fondspolicen mit Garantien besteht Handlungsbedarf. Dynamische Hybridprodukte zum Beispiel spannen ihr Sicherheitsnetz dadurch, dass die Versicherer in stürmischen Marktphasen einen Teil des Kundenvermögens von der Fondsanlage abziehen und in den Deckungsstock umleiten. Je weniger der abwirft, desto mehr Kundengeld muss der Versicherer in den Deckungsstock hineingeben, und desto weniger fließt wiederum in die Fondsanlage. Welche Trends zeigen sich also?

1. Garantien nur abschnittsweise aussprechen

Die Idee bei dieser Variante ist, die Garantien für klassische Lebensversicherungen nicht mehr für die gesamte Laufzeit, sondern nur noch für bestimmte Abschnitte und in unterschiedlichen Höhen auszusprechen. Versicherer, die mit diesem Gedanken spielen, sind etwa Generali und Allianz: „Wir wollen Mitte 2013 mit einem neuen Garantieprodukt auf den Markt kommen. Aktuell testen wir es gerade“, sagt Jürgen Kempen, Leiter Maklerzentralbereich der Allianz Lebensversicherung. „Dabei werden die Zusagen in verschiedene Zeiträume zerlegt, beispielsweise ein Garantie-Niveau während der Ansparphase und ein neues zu Beginn der Auszahlung der Rente. Das ist für den Kunden durchaus attraktiv, wenn er davon ausgeht, dass in 20 oder 30 Jahren die Zinsen und damit die Garantien höher sind als heute.“

Ein Nachteil dabei ist aber, dass der Kunde bei Vertragsabschluss eben nicht genau weiß, was ihn in 20 Jahren erwartet. Axel Kleinlein zumindest bemängelt die fehlende Transparenz des Garantie-Splittings: „Aktuariell mag das Konzept sinnvoll sein, aber vertrieblich wird es problematisch“, so der Chef des Bunds der Versicherten. „Geworben wird mit der Aussage: Sie bekommen x Prozent auf ihre Beiträge. Im Kleingedruckten steht dann, dass es diesen Prozentsatz nur für fünf oder zehn Jahre gibt. Der Kunde wird das nicht verstehen.“

Für den Versicherer stellt sich im Übrigen auch die Frage, wie hoch er die Rückstellungen berechnen soll, wenn er den Garantiezins nicht genau kennt. „Diese Lösung steht im Konflikt zum Handelsrecht“, sagt deshalb auch Carsten Zielke, Versicherungsanalyst bei Société Générale. „Die versicherungstechnischen Rückstellungen müssen mit dem Garantiezins über die gesamte Laufzeit auf- und abgezinst werden. Das geht nicht, wenn man den Zins nach einer gewissen Zeit neu bestimmt. Hierzu müsste das HGB geändert werden.“ Man darf also gespannt sein, wie Allianz & Co. mit diesen Feinheiten umgehen werden.

2. Portfoliolösungen mit begrenztem Risiko

Bei fondsgebundenen Produkten gehen die Versicherer dazu über, keine Garantien mehr zu geben. Vielmehr kaufen Kunden aktiv gemanagte Fondskörbe, bei denen sie entscheiden, wie viel Minus sie in einem bestimmten Zeitraum verkraften können. Bei der neuen Portfoliolösung von HDI heißt das Risikotragfähigkeit. Ende Oktober brachte der Versicherer sieben Portfolios mit unterschiedlichen Chance-Risiko- Profilen heraus.

Die Risikotragfähigkeit definiert dabei das Verlustpotenzial in Prozent des verwalteten Vermögens, welches der Kunde innerhalb von zwölf Monaten zu tragen bereit ist. Beim risikoärmsten Portfolio Investment- Stabilitäts-Paket (ISP) Smart liegt diese Verlustgrenze bei maximal 2 Prozent. Das Kundengeld legen die Portfoliomanager von Ampega-Gerling und Feri Finance dabei vor allem in Geldmarktfonds, Kurzläufer-Rentenfonds und Total- Return-Strategien an. Die erwartete Rendite liegt bei 1,5 bis 3,7 Prozent.

Am risikoreichsten ist das ISP Sprint. Sparer, die dieses Paket wählen, müssen in einem Jahr einen Verlust von bis zu 25 Prozent verkraften können. Anlagemöglichkeiten sind Schwellenländeraktien-, Nebenwerte-, Branchen- oder Rohstofffonds. Die erwartete Rendite liegt hier zwischen 4,3 und 8,3 Prozent. Die Kosten sind mit 1,5 Prozent angesetzt. Eine ähnliche Strategie verfolgt Standard Life bei der neuen Fondspolice Maxxellence Invest mit den drei sogenannten MyFolio-Fonds.

Diese gibt es in drei Risikoklassen, die über Schwankungsbreiten definiert sind. Die Volatilität in der defensiven Variante liegt bei 3,0 bis 5,5 Prozent, in der Variante Balance bei 8,5 bis 12,0 Prozent und beim chancenorientierten Modell bei 12,0 bis 15,5 Prozent. Die Portfoliomanager von Standard Life Investments können dabei in bis zu 15 Einzelfonds investieren. Die einzelnen Fonds können ihr Geld in verschiedene Anlageklassen anlegen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Immobilien oder Cash. Da die Portfolios sehr jung sind, lässt sich noch keine Aussage darüber treffen, ob die Depots ihrem Anspruch gerecht werden.

Bei den Standard-Life-Portfolios bietet sich aber ein Blick in den Heimatmarkt Großbritannien an. Dort setzt Standard Life die MyFolio-Fonds bereits seit über zwei Jahren ein. Der Fonds, der vom Risikoprofil mit dem deutschen Balance- Fonds vergleichbar ist, hat in dieser Zeit eine Wertentwicklung von 13,2 Prozent geschafft. Die Volatilität lag im Schnitt bei 7,5 Prozent.

3. Sicherungssysteme, die das Risiko reduzieren

Die MyFolio-Fonds flankiert Standard Life zusätzlich mit einem weiteren Sicherheitsbaustein. Grundlage des CSM (Capital Security Management) ist ein Trendfolgemodell, das der Versicherer – auf Kundenwunsch – auf einzelne Fonds anwendet. Signalisiert das System einen Abwärtstrend im Fonds, wird das Vermögen in den Geldmarktfonds Standard Life Euro Liquidity umgeschichtet – je nach Trendstärke entweder zur Hälfte oder komplett.

Sobald das System einen neuen Aufwärtstrend erkennt, fließt das Geld in den Fonds zurück. Verluste können so nicht vermieden, aber begrenzt werden. Für das Sicherungsmanagement zahlt der Kunde pro Jahr 0,3 Prozent des Vermögens, das am CSM teilnimmt.

Fazit: Versicherte müssen sich von langfristigen Garantien wohl verabschieden. Ebenso von der Vorstellung, dass es heute nach Inflation eine auskömmliche Rendite ohne Risiko gibt. Was empfiehlt der Verbraucherschützer? „Das Geld parken, bis die Zinsen wieder steigen“, sagt Kleinlein. Das kann aber noch eine ganze Weile dauern. „Oder der Kunde investiert das Geld indirekt in seine Altersvorsorge, etwa indem er sich weiterbildet.“ Auch eine Idee.

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