Scheinselbständigkeit Falschberatung kommt Familienbetriebe teuer zu stehen
Zwischen 2014 und 2017 suchten Mitarbeiter der mittlerweile insolventen Versicherungsagentur Avens Familienbetriebe auf, die Angehörige beschäftigten. Sie gaukelten diesen vor, sich von der Sozialversicherungspflicht befreien zu dürfen. Sie seien als Selbständige zu betrachten, erklärten die Vermittler den Angehörigen, verkauften ihnen private Rentenversicherungen bei den Krankenkassen Schwenninger BKK, BKK24 und Mhplus und kassierten dafür üppige Provisionen, berichtet der SWR.
Einige Kunden überredeten sie auch dazu, die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu kündigen und in die private Krankenversicherung (PKV) zu wechseln.
Anschließend erhielten die Neukunden einen Bescheid ihrer neuen Krankenkasse, demnach sie von der Sozialversicherungspflicht befreit wurden. Was die Betroffenen anscheinend nicht wussten: Die Krankenkassen dürfen solche Bescheide gar nicht ausstellen. Wer sozialversicherungspflichtig ist und wer nicht, entscheidet seit 2005 allein die Deutsche Rentenversicherung; die Krankenkassen ziehen lediglich die Beiträge ein.
Hallo, Herr Kaiser!
Nachzahlungen im fünf- bis sechstelligen Bereich
Die Deutsche Rentenversicherung war es auch, die den mutmaßlichen Betrug aufdeckte. Bei einer Sonderprüfung fand sie nämlich nach eigenen Angaben rund 300 solcher unrechtmäßiger Bescheide. Nun ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft sowohl gegen die Beratungsagentur als auch gegen Mitarbeiter der beteiligten Krankenkassen.
Den Kunden kommt die Angelegenheit teuer zu stehen: Sie werden wohl die ausstehenden Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie gegebenenfalls zur gesetzlichen Krankenversicherung zurückzahlen müssen. Denn gemäß einem Urteil des Bundessozialgerichts darf die Deutsche Rentenversicherung die rechtswidrigen Bescheide der Kassen anfechten. Einige der Kunden haben nach SWR-Angaben bereits die Nachzahlungsforderungen bekommen, die sich im fünf- bis sechsstelligen Bereich bewegen.