Gefragte Ressourcen Scheitert die Energiewende an Rohstoffmangel?
Seltene Erden sind eine Gruppe von 17 Metallen. Aufgrund ihrer besonderen optischen und magnetischen Eigenschaften kommen sie beispielsweise in Leuchtmitteln, Röntgengeräten sowie Katalysatoren zum Einsatz – und auch für die Energiewende spielen sie eine bedeutende Rolle.
Die Europäische Union (EU) möchte bis 2050 ihren CO2-Ausstoß auf Netto-Null senken, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. In diesem Zusammenhang hat sie jüngst auf die beträchtlichen Mengen der Seltenen Erden Neodym und Dysprosium hingewiesen, die neben anderen Metallen wie Graphit und Nickel für den Ausbau erneuerbarer Energien und der E-Mobilität benötigt werden.
Aufgrund des Übergangs zu klimafreundlichen Technologien dürfte die Nachfrage nach Seltenen Erden künftig rasant steigen. Benötigt werden sie zum Beispiel für Permanentmagnete. Diese halten ein gleichmäßiges Magnetfeld, ohne dass elektrische Leistung aufgewendet werden muss und kommen zunehmend in Windkraftanlagen und Elektrofahrzeugen zum Einsatz.
Windturbinen mit einem direkt angetriebenen Permanentmagnet-Synchrongenerator (Direct Drive Permanent Magnet Synchronous Generator, DD-PMSG) sind an Standorten mit geringer Windgeschwindigkeit effizienter, außerdem leichter und günstiger in der Wartung. Im Antriebsstrang von Elektroautos führen Permanentmagnete zu kompakteren Größen und höherer Effizienz. Das hat einen Nachfrageschub ausgelöst: Wurden sie 2015 noch in 79 Prozent aller Antriebsstränge verwendet, waren es 2019 bereits 82 Prozent.
Viele Produkte, in denen Seltene Erden verwendet werden, tragen zu sauberer Energieerzeugung sowie -nutzung und damit einer Verringerung der Treibhausgasemissionen bei. Die gefragten Metalle bringen aber auch ökologische und soziale Probleme mit sich.
China dominiert den Markt für Seltene Erden
Mit Abstand die meisten Seltenen Erden werden in China gewonnen: Das Land produziert mehr als sechsmal so viel wie Australien auf Platz 2. Außerdem ist es der größte Verbraucher und besitzt die meisten Reserven. Diese herausragende Position hat die Europäische Kommission dazu veranlasst, eine Liste von Rohstoffen zu erstellen, die dem größten Risiko in der Lieferkette ausgesetzt sind. Angeführt wird sie von den Metallen der Seltenen Erden.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Umweltkosten der Gewinnung Seltener Erden in China ihre Vorteile überwiegen, insbesondere wegen des illegalen Abbaus. Als Reaktion darauf haben die Behörden Maßnahmen ergriffen und unter anderem neue Vorschriften erlassen.
Angesichts zunehmender Fälle von Lungen- und Gehirnkrebs sowie Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat die Politik begonnen, die Verschmutzung von Wasser, Luft und Boden zu bekämpfen. Die Behörden fordern, die Seltene-Erden-Industrie, Unternehmen und Verbraucher an den Kosten dafür zu beteiligen. Das könnte die Marktpreise in die Höhe treiben.
Wie stark die Preisschwankungen ausfallen können, war beispielsweise 2011 zu beobachten. Damals ließ ein Streit zwischen China und Japan den Preis einiger Elemente um das Dreißigfache ansteigen.
Vor diesem Hintergrund haben einige Länder versucht, ihre Abhängigkeit von chinesischen Lieferungen zu verringern. Eine Abbaustätte im Westen von Texas könnte die USA 130 Jahre lang mit 15 der 17 Seltenen Erden versorgen. Japan hat in einen australischen Standort mit bedeutenden Vorkommen investiert.
Abgesehen vom Bergbau dominiert China aber auch bei der Verarbeitung der Seltenen Erden. Das Land verfügt über etwa 85 Prozent der Kapazitäten. Das heißt: Selbst, wenn die Metalle woanders abgebaut werden, landen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit in China. Das gibt Peking ein Druckmittel in die Hände. Als die USA im Oktober Waffen an Taiwan verkauften, drohte China mit der Beschränkung der Importe Seltener Erden zur Verarbeitung. Dies verdeutlicht eine weitere Abhängigkeit von der asiatischen Supermacht.