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Aktualisiert am Lesedauer: 5 Minuten

Schenken mit gutem Gefühl

Schon bald werden Lebensversicherungen, geschlossene Fonds und Immobilien ihre großen Vorteile bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer verlieren. Wer eine Vermögensübertragung plant, muss sich deshalb beeilen. Was Anleger dabei beachten sollten.

An diesem Ort werden Träume wahr: Jedes Jahr besuchen vier Millionen Menschen den Europapark in Freiburg, um Abenteuer und Abwechslung zu erleben. In Deutschlands größtem Freizeitpark donnern die Kinder mit ihren Eltern beim Fjord-Rafting einen Wildbach herunter, sie entdecken eine Edelsteinhöhle oder erleben einen Piratenüberfall.
So erfolgreich das Erlebnisparadies auch ist – Eigentümer Roland Mack denkt über einen Verkauf nach. Eine Entscheidung, die ihm nicht leicht fällt, führt er den Familienbetrieb doch schon in der achten Generation. Außerdem hat er bereits seine zwei Söhne in das Unternehmen geholt. Doch Macks drei Kinder müssen durch die geplante Erbschaftsteuerreform voraussichtlich 300 Millionen Euro aufbringen, wenn sie den Europapark einmal erben werden. „Das würde die Firma kaputt machen“, befürchtet der Badener, der in 32 Jahren aus einem kleinen Schlosspark eine Touristenattraktion ersten Ranges machte.
So wie Roland Mack geht es derzeit vielen mittelständischen Unternehmern in Deutschland. Die höheren Steuern bei einer Vermögensübertragung auf die nächste Generation drohen, ihr Lebenswerk zu zerstören. Auch bisher schon fällt es Erben oft schwer, den Betrieb weiterzuführen, weil das liquide Vermögen kaum für die Erbschaftsteuer reicht. Doch noch begrenzt eine Reihe von Vergünstigungen die Abgaben an das Finanzamt.

Gericht fordert Reformen


Diese werden jedoch bald wegfallen, ebenso wie die Vorteile von Immobilien und Policen bei der Vermögensübergabe. Anfang des Jahres verkündete das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss, der die bisherige Ausgestaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer für verfassungswidrig erklärte (Aktenzeichen: 1 BvL 10/02). Spätestens ab 2009 müssen deshalb alle Vermögenswerte mit ihrem Marktwert in die Steuerberechnung eingehen. Erst danach erlauben die obersten deutschen Richter dem Staat, durch Freibeträge oder andere Vergünstigungen soziale Aspekte zu berücksichtigen.
Auch wenn noch nicht alle Details der Erbschaftsteuerreform feststehen, sollten sich Besitzer von geschlossenen Fonds, Immobilien und Policen schon jetzt mit den anstehenden Veränderungen beschäftigen. Nach derzeitigem Stand können sie im Moment noch die bisherigen Bedingungen für Schenkungen nutzen – und diese dürften in vielen Fällen günstiger sein als die Neuregelungen.
„Einige meiner Mandanten übertragen derzeit einen Teil ihrer Schiffsbeteiligungen auf die nachfolgenden Generationen“, berichtet Thomas K. Rogalla, Rechtsanwalt und Finanzberater aus Hamburg. Schiffsfonds eignen sich durch ihren meist sehr niedrigen schenkungsteuerlichen Wert besonders gut für die Vermögensübergabe. Wurde zudem der Freibetrag für die Übertragung inländischen Betriebsvermögens von 225.000 Euro in den vergangenen zehn Jahren nicht genutzt, können die Anleger unter Umständen sogar eine Beteiligung von nominal einer Million Euro steuerfrei weitergeben. Allerdings müssen sie darauf achten, dass der Schiffsbetrieb noch mindestens fünf Jahre weiterläuft. Sonst entfällt der Steuervorteil nachträglich.

Startzeitpunkt der Reform unklar

Rogalla empfiehlt seinen Mandanten sogar, möglichst nur Fonds mit einer noch längeren Laufzeit zu übertragen. „Bisher gibt es lediglich politische Absichtserklärungen, dass Anleger für Schenkungen in diesem Jahr noch wahlweise die bisherige Regelung nutzen können“, erklärt er. Die Reformvorschläge wollen die künftigen Steuervorteile für Betriebsvermögen an eine Fortführung des Unternehmens von sieben oder von zehn Jahren koppeln. Daher wären die Anleger bei einer längeren Restlaufzeit des Fonds auf der sicheren Seite, falls es für Übertragungen ab Anfang 2007 keine Option für das alte Recht geben sollte.
Neben den Schiffsfonds eignen sich Policen in der zweiten Hälfte ihrer Laufzeit besonders gut für die Weitergabe. Ihr Steuerwert ist außerdem vergleichsweise leicht zu ermitteln.
Dagegen ist die Analyse der anderen geschlossenen Fonds und der Immobilien recht aufwändig. Kommt noch ausländisches Steuerrecht hinzu, wie etwa bei Fonds, die in Großbritannien aktiv sind, ist es angebracht, sich fachkundige Hilfe zu suchen. Doch allein schon die professionelle Analyse eines größeren Portfolios unter dem Aspekt einer steuergünstigen Vermögensübertragung kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
Nicht nur die Erbschaftsteuerreform lässt es als sinnvoll erscheinen, das oft verdrängte Thema der Nachlassplanung gerade jetzt anzugehen. Auch die Einführung der Abgeltungssteuer ab dem Jahr 2009 hat gravierende Auswirkungen. Nur noch bis Ende 2008 ist es möglich, Wertpapiere so zu übertragen, dass deren Kursgewinne auch künftig von der Abgeltungssteuer verschont bleiben.
Und die Investmentfonds, Aktien und Anleihen würden künftig bei der Übergabe größerer Vermögen eine wichtigere Rolle spielen als bisher, meint Finanzberater Rogalla. „Das weniger liquide Vermögen – wie etwa Immobilien, Forst- und Landwirtschaft oder Unternehmensbeteiligungen – wird durch die Reform voraussichtlich deutlich höher besteuert werden. Ohne ein ausreichend großes liquides Vermögen werden die Erben zu Notverkäufen gezwungen sein.“
Viele Gründe sprechen dafür, sich jetzt um die Nachlassplanung zu kümmern. Dennoch rät Tom Friess, Geschäftsführer des VZ Vermögenszentrums in München, sich dabei nicht von den steuerlichen Aspekten zu übereilten Schritten drängen zu lassen: „Die Weitergabe eines Teils des Vermögens sollte immer gut überlegt sein.“
Der Schweizer Finanzprofi, der schon mehrere Dutzend Nachlassplanungen begleitet hat, empfiehlt, sich zunächst selbst darüber klar zu werden, welche Ziele mit der Vermögensübergabe erreicht werden sollen. Danach sollte die Familie in die Überlegungen einbezogen werden. „Die meisten unserer Mandanten legen großen Wert da - rauf, dass ihr letzter Wille keinen Streit und keine erbitterten Kämpfe in der Familie auslöst“, berichtet er. „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht, wenn der Mandant die Familie schon während der Nachlassplanung über seine Absichten und sein Testament informiert.“

Testamentsvollstrecker entlastet

Meistens zeichneten die engsten Angehörigen das Testament sogar als gelesen gegen. „Anders als beim Erbvertrag lässt dies dem Mandanten alle Freiheiten, das Testament später gegebenenfalls anzupassen“, erläutert Friess. „Zugleich vermeidet das Vorgehen aber böse Überraschungen für die Erben bei der Testamentseröffnung und verhindert in der Regel eine Fundamentalopposition von Angehörigen gegen den letzten Willen. Wer gegengezeichnet hat, zieht nicht so schnell vor Gericht.“
Sind im Testament zahlreiche Vermächtnisse festgelegt, um zum Beispiel Personen außerhalb der gesetzlichen Erbfolge zu bedenken, kann es sinnvoll sein, einen Testamentsvollstrecker einzusetzen. Dieser entlastet die Erben bei der Umsetzung des letzten Willens. Die Gebühren für diese Dienstleistung orientieren sich an einer Empfehlung des Deutschen Notarvereins.
Das Schwierigste an der Nachlassplanung dürfte jedoch die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit sein. „Das Thema ist den meisten anfangs eine unangenehme Pflicht“, beobachtet Friess. Im Lauf der Zeit verändere sich das jedoch oft. „Sie wissen dann, dass sie alles geregelt haben“, so der Berater. „Und das ist ein gutes Gefühl.“

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