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Europa-Ausblick 2023 Schlechte Aussichten für Italien und Skandinavien

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Inflationsstärke und Spitzenzinssatz werden vom Markt unterschätzt

Der sprunghafte Anstieg der Energiekosten hat dazu beigetragen, die Inflation im Euroraum in diesem Jahr auf fast 11 Prozent zu heben. Wir gehen davon aus, dass der Preisanstieg für Energie auch in den kommenden Jahren höher ausfallen wird als im Rest der Welt, da der LNG-Markt angespannt bleiben dürfte. Die steigende Inflation in Europa ist allerdings nicht nur rohstoffbedingt. Die Kerninflation ist auf 5 Prozent gestiegen.

Wir denken, dass die Inflation in Europa viel höher bleibt als in den vergangenen 10 bis 15 Jahren und möglicherweise auch höher als die durchschnittliche Inflation der Industrieländer. Der Arbeitsmarkt ist so angespannt wie nie zuvor (Abbildung 1), und unsere Frühindikatoren deuten darauf hin, dass das Lohnwachstum in den kommenden Quartalen auf 5 bis 6 Prozent steigen könnte.

Die Markterwartungen, wie stark die EZB die Zinsen anheben wird, sind zwar deutlich gestiegen. Aber wenn wir unsere Wachstums- und Inflationsaussichten kombinieren und die einfache Taylor-Regel anwenden – die besagt, dass der reale Zinssatz entsprechend steigen muss, um die Inflation zu dämpfen –, benötigen wir im Euroraum in der Spitze einen Zinssatz von 5 bis 6 Prozent. Aktuell ist lediglich eine Erhöhung bis auf 3 Prozent eingepreist. Anders ausgedrückt: Ohne diese Erhöhungen wäre im nächsten Jahr ein starker Rückgang des BIP um etwa 6 Prozent erforderlich, um die Inflation wieder auf das 2-Prozent-Ziel zu bringen. Der Weg dorthin wird nicht geradlinig verlaufen. Die EZB muss bei der Erreichung ihres Inflationsziels im Gegensatz zur US-Notenbank (Fed) mehrere Volkswirtschaften berücksichtigen und hat ein Auge darauf, eine unkontrollierte Ausweitung der Spreads in den Peripherieländern zu verhindern. Daher muss es vielleicht erst Anzeichen für eine Stabilisierung geben, bevor die EZB überhaupt über eine weitere Zinserhöhung nachdenkt. Die Fundamentaldaten der Inflation gehen jedoch konform mit einem deutlich höheren Spitzenzinssatz.

Risiken in Italien und Skandinavien

Die EZB wird 2023 ihre Bilanz wahrscheinlich schneller abbauen als die Bank of England und die Fed. Spezielle langfristige Kredite an Banken (TLTRO-Kredite) werden fällig und die quantitative Straffung soll früh im Jahr 2023 starten. In Verbindung mit umfangreichen Emissionsplänen dürfte dies die Laufzeitprämien im nächsten Jahr weiter in die Höhe treiben. Dadurch sehen wir Risiken in zwei Bereichen. Der erste ist die italienische Staatsverschuldung, die inzwischen 150 Prozent des BIP übersteigt. Obwohl die neue Regierung einen relativ vernünftigen ersten Haushalt vorgelegt hat, besteht das Risiko einer höheren Verschuldung als erwartet. Die Energiesubventionen wurden nur für ein Quartal verlängert. Bei anhaltend hohen Energiepreisen wird die Regierung jedoch unter Druck geraten, sie länger aufrechtzuerhalten. Ein zweiter Bereich ist die hohe Verschuldung der privaten Haushalte in den skandinavischen Ländern. Dies dürfte die Zinserhöhungszyklen in Schweden und Norwegen im Vergleich zu anderen Ländern einschränken und erhöht das Risiko einer sehr starken Abwärtskorrektur der Immobilienpreise in beiden Ländern. In Schweden sehen wir hierfür bereits Anzeichen. Dies bedeutet auch, dass sich die Währungen abschwächen müssen, da beide Volkswirtschaften sich von einem auf die Binnennachfrage gestützten Wachstum wegbewegen.

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