Assekurata-Analyse Warum die betriebliche Krankenversicherung so erfolgreich ist
Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) wird seit Jahren gern als eines der wachstumsträchtigen Geschäftsfelder gerühmt. Als besonders erfolgreich erweisen sich dabei wegen Ihres Produktdesigns die sogenannten Budgettarife. Warum das so ist, wie sich der Markt derzeit darstellt und welche Faktoren, die Produkte erfolgreich machen, hat nun die Ratingagentur Assekurata in einem Blog-Beitrag analysiert.
Die bkV gilt für Arbeitgeber als interessantes Instrument, um Mitarbeiter zu binden und neue Talente anzuziehen. Arbeitnehmer wiederum profitieren von einer bKV, da sie zusätzliche Leistungen über den Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus erhalten können, die sie sich sonst oft nicht leisten könnten. Steuerrechtlich wird die bKV als Sachbezug behandelt und gehört daher zum steuerpflichtigen Arbeitslohn eines Arbeitnehmers, bis zu einer Freigrenze von 50 Euro.
Verdreifachung der Versicherten in sechs Jahren
Die Anzahl der Versicherungsnehmer und damit der Arbeitgeber, die eine bKV anbieten, hat sich seit 2016 fast vervierfacht (plus 356 Prozent), während die Anzahl der versicherten Personen sich fast verdreifacht (plus 190 Prozent) hat, so Assekurata. Insgesamt waren Ende 2022 in etwa 1,8 Millionen Angestellte im Besitz einer bKV. 2016 waren es gerade einmal knapp über 600.000.
Vor Einführung des ersten Budgettarifs im Jahr 2018 durch die Hallesche Krankenversicherung gab es laut Autor Alexander Kraus, Senior-Analyst bei der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur, eine breite Auswahl an sogenannten Bausteintarifen. Arbeitgeber mussten aus einer Vielfalt verschiedener Leistungsbausteine das für ihr Unternehmen passende Angebot auswählen. Dazu zählen: Chefarztbehandlung im Krankenhaus, Ein- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus, Zahnersatzleistungen, Naturheilverfahren oder Sehhilfen.
Vorteile: Schnelligkeit und Flexibilität
Aus Gründen der Gleichbehandlung und der sehr unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter sei es für Entscheider schwierig, ein passendes bKV-Produkt anzubieten. Genau hier setzen die Budgettarife an, die maßgeblich zum überdurchschnittlichen Wachstum in diesem Marktsegment in den vergangenen Jahren beigetragen hätten. Mittlerweile haben 16 Unternehmen Budgettarife im Portfolio, die Tendenz ist weiterhin steigend, schreibt Analyst Kraus. Ein Vorteil aus seiner Sicht: Sie erleichtern den Beratungsprozess für Vermittler und sind daher ein gern genutztes Produkt im Firmenkundengeschäft.
Grundsätzlich sei der Erfolg von Budgettarifen auch darauf zurückzuführen, dass die Produkte recht einfach gehalten sind, was den Zugang in die Unternehmen erleichtert. Wie der Name schon andeutet, ermöglichen Budgettarife eine flexible Verwendung des zur Verfügung gestellten Budgets. Relevant sind dann dabei nur die tatsächlich abgesicherten Leistungen (zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen, Sehhilfen, Zahnprophylaxe). Kraus: „Dies führt dazu, dass die Mitarbeiter recht schnell von den Angeboten Gebrauch machen und die Vorteile der bKV nutzen können.“ Gerade geringe Budgets von 300 Euro jährlich seien jedoch häufig schnell aufgebraucht. Je nach versicherten Leistungen sind diverse andere und auch höhere Leistungsinanspruchnahmen möglich, so Kraus.
Preis-/Leistungswettbewerb zu beobachten
Durch den Erfolg der Budgettarife hat auch ein Differenzierungswettbewerb begonnen, preislich, aber auch inhaltlich in der Tarifgestaltung, heißt es in dem Assekurata-Beitrag. Je nach Anbieter kann aus drei bis fünf Budgetstufen gewählt werden. Insgesamt differenziert sich der Markt inzwischen über alle Anbieter in elf Budgetstufen von 300 bis 1.600 Euro. Die Beiträge reichen dabei in der Minimalstufe von monatlich 9,95 Euro bis zu 49,95 Euro für die maximale Absicherung in Höhe von 1.600 Euro, die aktuell aber auch nur ein Marktteilnehmer anbietet.
Differenzierung über Produktdesign und Rahmenfaktoren
Inhaltlich unterscheiden sich die Budgettarife bereits im Produktdesign, schreibt Kraus: Je nach Tarif sind zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen oder Zahnersatzleistungen im Budget mitversichert. Insofern es sie nicht sind, gibt es in der Regel die Möglichkeit, diese über eigene Zusatzbausteine optional in den Kollektivvertrag einzubauen. Abweichungen finden sich aber auch schon in den grundsätzlichen Leistungsinhalten. Einheitlich sehen alle Tarife eine Leistung für Sehhilfen vor, unterscheiden sich dann aber in der jeweiligen Erstattungshöhe.
Die Mehrzahl der Anbieter übernimmt zudem die gesetzlichen Zuzahlungen aus den Bereichen Arznei- und Verbandmittel, Heil- und Hilfsmittel sowie Heilpraktikerleistungen und leisten Zuzahlungen zur professionellen Zahnreinigung. Dagegen sind Präventionskurse und Schutzimpfungen nur bei wenigen Tarifen mitversichert. Zudem bieten alle Anbieter eine Vielzahl an Service- und Zusatzleistungen an, die nicht in den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) verankert sind. Diese reichen vom Facharzttermin-Service bis hin zum Zweitmeinungsservice oder der Videoberatung.
Zuletzt hätten Anbieter bei Markteintritt versucht, mit Innovationen zu punkten. Als Leistung wurde zum Beispiel die Mitversicherung eines Kinderkrankentagegeldes aufgenommen. Kraus: „Weitere Besonderheiten sind auch die Budgeterweiterung bei voller Ausschöpfung des Budgets, aber auch genau umgekehrt, die Mitnahme des Budgets in das Folgejahr bei Nichtinanspruchnahme.“
Neben den AVB-seitigen Leistungsinhalten sind auch die Rahmenfaktoren unterschiedlich. Je nach Anbieter sind Kollektivgrößen von drei bis zehn Mitarbeitern für den Abschluss eines Budgettarifes ohne Gesundheitsprüfung notwendig. Einheitlich verzichten aber alle Anbieter auf Wartezeiten und auch laufende Behandlungen sind immer mitversichert. Abweichungen gibt es dagegen bei der Frage, ob Versicherte das volle Budget bei unterjährigem Versicherungsbeginn erhalten und ob Familienangehörige mitversichert werden können.
Prozess- und Servicequalität als entscheidende Stellschrauben
Für den Erfolg eines Budgettarifes ist laut Assekurata jedoch nicht nur die Tarif-, sondern auch die Unternehmensqualität wichtig. Vor allem die Prozess- und Servicequalität seien entscheidende Faktoren für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens im Bereich der bKV. Die Leistungseinreichung müsse schnell und unkompliziert erfolgen, damit sie den Kunden begeistert und dazu animiert, weitere Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Sollte es hier zu Komplikationen oder Verzögerungen kommen, würden Kunden schnell unzufrieden und der Ruf nach Alternativen in Bezug auf die Zuwendung des Arbeitgebers könnte schnell lauter werden. Tankgutscheine oder ähnliche Leistungen stünden in direkter Konkurrenz zur betrieblichen Krankenversicherung und könnten dann von Mitarbeitern schnell als die bessere Alternative angesehen werden.
Hallo, Herr Kaiser!