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Schroder ISF Global Recovery „Manche Titel müssen Rost ansetzen, um später umso strahlender zu glänzen“

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Redaktion: Auf welcher Grundlage entscheiden Sie, welche Titel Sie ins Portfolio aufnehmen?

Andrew Lyddon: Wir betrachten Gegenwart und Vergangenheit zugleich. Das heißt, wir interessieren uns vor allem für solche Unternehmen, bei denen der aktuelle Kurswert nicht die ehemaligen Erfolge widerspiegelt. Wie Nick eben schon sagte: Wir setzen gezielt auf unterbewertete Titel. Speziell von Unternehmen, die derzeit die Gunst der meisten Anleger verloren haben, bei denen wir jedoch langfristig das Potenzial zur Erholung sehen.

Bevor wir investieren, suchen wir allerdings zuerst nach Gründen, warum wir genau das nicht tun sollten: Etwa weil uns die Unternehmensleitung nicht überzeugt; vielleicht stimmt auch das Geschäftsmodell nicht oder nicht mehr; oder die finanzielle Situation bietet schlicht nicht den nötigen Sicherheitspuffer. Kurzum, ein umfassendes Risiko-Rendite-Profil ermöglicht uns klare Einblicke und wir können abschätzen, wie sich ein Unternehmen über einen gesamten Geschäftszyklus entwickeln dürfte. Dazu gehört auch eine Prognose, ob sich die Wende aus eigener Kraft herbeiführen lässt oder ob eher äußere Faktoren die entscheidende Rolle spielen – und natürlich die Frage nach den verbundenen Risiken.

Redaktion: Gehen Sie mit ihren Investitionen auch höhere Risiken ein?

Nick Kirrage: Nein, nicht notwendigerweise. Anleger setzen Risiko gerne mit Volatilität gleich – diese Betrachtung greift jedoch regelmäßig zu kurz. Schwankende Kurse sind an sich noch kein Risiko: Risiko bedeutet vielmehr die Wahrscheinlichkeit, einen Großteil der Anlage zu verlieren oder einen Totalverlust zu erleiden. Wie schon gesagt besteht ein wesentlicher Teil unserer Arbeit darin, Bilanzen und Finanzierungsvereinbarungen zu analysieren. Damit stellen wir sicher, dass wir die Kapitalrisiken schon im Vorfeld sehr genau kennen – und entsprechend vermeiden.

Gehen wir hingegen solche Risiken ein, tun wir das sehr bewusst, um im Gegenzug mit der Aussicht auf außergewöhnlich hohe Gewinne belohnt zu werden. Tatsächlich ist es so, dass sich der innere Wert einer Gesellschaft kaum über kurze Zeiträume grundlegend verändert. Vielmehr sehen wir schwankende Kurse als Chance, denn oftmals sind Wertschwankungen gleichzeitig Stimmungsschwankungen – und damit eine günstige Gelegenheit für uns als wertorientierte Anleger.

Redaktion: Langfristig erwirtschaften Sie mit Ihrem Ansatz außergewöhnliche Erträge. Wie sieht es kurzfristig aus? Gibt es nicht doch Fallstricke?

Andrew Lyddon: Wenn man ausschließlich kurzfristig denkt, dann ganz sicher. Wie lange wird es dauern, bis auch der Rest des Marktes den wahren Wert eines Unternehmens erkennt? Diese Frage können wir im Vorfeld nicht beantworten – das wäre wieder ein Fall für die Kristallkugel. Nick ist ja schon darauf eingegangen: Schwanken die Kurse, kann das kurzfristig auch ein mehr oder minder tiefer Ausschlag nach unten sein. Wertorientiert anlegen heißt antizyklisch anlegen: Wer gegen den Strom schwimmt, macht die besseren Geschäfte, davon sind wir fest überzeugt. Unser Fonds eignet sich eher für Anleger, die die Geduld mitbringen, kurzfristige Wertschwankungen entspannt an sich vorüberziehen zu lassen. Manche Titel müssen einfach zunächst etwas Rost ansetzen, um später umso strahlender zu glänzen.

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