LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in NewsLesedauer: 8 Minuten

Schroders zur Inflation Notenbankgeld nutzt weder Haushalten noch Unternehmen

Seite 2 / 3


Lockere Geldpolitik erhöht weder Haushaltsausgaben noch Löhne

Könnte es dieses Mal anders sein und das durch die quantitative Lockerung geschaffene Geld fließt durch erhöhte haushaltspolitische Ausgaben direkt in die Wirtschaft? Zweifelsohne trifft es zu, dass die Zentralbanken Geld schaffen und Staatsanleihen beinahe so schnell aufkaufen, wie die Staatsverschuldung wächst. Jedoch erfolgen diese Wertpapierkäufe an den Sekundärmärkten. Gekauft wird also von Anlegern – und nicht direkt von Regierungen an den Primärmärkten. Die zusätzliche Liquidität fließt folglich, wie schon zuvor, auf Anlegerkonten und in Bankreserven.

Sowohl die extreme geldpolitische Lockerung als auch die hohe Staatsverschuldung müssen dabei im Kontext eines wesentlich stärkeren Nachfrageeinbruchs bewertet werden. Die Regierungen sind eingesprungen, um Löhne fortzuzahlen und Kredite bereitzustellen – andernfalls müssten viele Unternehmen wegen des Lockdown und ausbleibender Zahlungsströme Insolvenz anmelden. Die Maßnahmen der Regierungen zielen darauf ab, die Wirtschaft vor den Auswirkungen des Lockdown zu schützen – und nicht die Nachfrage zusätzlich zu befeuern. Ebenso wenig sind die gestiegenen Emissionen von Unternehmensanleihen und die höheren Kreditvergaben an Unternehmen eine Reaktion auf eine stärkere Unternehmensaktivität. Vielmehr spiegeln sich darin die Bemühungen wider, ausbleibende Cashflows zu kompensieren, um Fixkosten zu decken und Reserven zu schaffen und so den Zeitraum des Lockdown zu überstehen.

Quantitative Lockerung veranlasst die Privathaushalte und Unternehmen nicht zu mehr Ausgaben. Ausgabenentscheidungen werden größtenteils vom Vertrauen in die Zukunft beeinflusst – und das hängt maßgeblich davon ab, wie hoch die Einkommen und wie solide die Unternehmensbilanzen sind. Die Inflationserwartungen der Privathaushalte sind auch in der Ära von ultralockerer Geldpolitik rückläufig. Das trägt wesentlich dazu bei, dass das Lohnwachstum begrenzt bleibt (Abbildung 3).

Produktionslücke statt Vollbeschäftigung

Eine höhere Inflation in der Zukunft ist keineswegs völlig ausgeschlossen. Sollte sich die Konjunktur erholen, könnten zu langanhaltende Maßnahmen fiskal- oder geldpolitischer Art allzu starke Anreize für die Wirtschaft schaffen. Gleichzeitig könnte die Politik in Versuchung geraten, Haushaltsdefizite ausufern zu lassen, um die Pandemie abzuschütteln und die Wirtschaft wieder auf Vollbeschäftigung zu trimmen. Allerdings würde es schon erheblicher und anhaltender Ausgaben bedürfen, um die Produktionslücke (die Differenz zwischen dem Potenzial einer Volkswirtschaft und der tatsächlichen Wirtschaftsleistung) zu schließen und so Inflation zu erzeugen.

Der wirtschaftliche Leerlauf ist dagegen erheblich: Die Arbeitslosigkeit ist in den USA auf Nachkriegshochs von 13,3 Prozent (Stand: Mai 2020) angestiegen und die Produktionslücke dürfte in diesem Jahr mit 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) jene von 6,5 Prozent während des letzten Tiefs in der globalen Finanzkrise noch übersteigen. Zwar ist die Arbeitslosigkeit in Europa geringer, jedoch ist das in erster Linie Beurlaubungen und Kurzarbeitergeld zu verdanken – die Flaute am Arbeitsmarkt wird hier also womöglich nur verschleiert.

Mit der allmählichen Aufhebung der Kontaktsperren dürften die Arbeitslosenquoten deutlich sinken. Allerdings werden überschüssige Kapazitäten höchstwahrscheinlich bestehen bleiben: Befürchtungen über eine zweite Infektionswelle und geringere Arbeitsplatzsicherheit dürften Verbraucher und Unternehmen beunruhigen und die Erholung bei den Konsumausgaben bremsen.

Hinzu kommen strukturelle Verlagerungen: Sektoren wie Reisen, Tourismus und das Gastgewerbe können infolge neuer Vorschriften nach der Pandemie weniger wirtschaftlich arbeiten. So erkennen Fluggesellschaften schon jetzt die langfristigen Auswirkungen auf ihren Betrieb und nehmen Stellenkürzungen vor. Die Auswirkungen von Auftragsstornierungen auf das verarbeitende Gewerbe führen unterdessen zu nachgelagerten Effekten für die Beschäftigung in der gesamten Wirtschaft. Derart negative Nachwirkungen bedeuten, dass auch weiterhin überschüssige Kapazität vorhanden sein dürfte, was die Inflation unter Druck setzt.

Tipps der Redaktion