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Schuldenkrise: „Eigenhandel der Banken sollte verboten werden“

Hans Cristoph Binswanger
Hans Cristoph Binswanger
DAS INVESTMENT.com: Herr Binswanger, der Schuldenschnitt bei Griechenland ist gesetzt. Müssen jetzt die Banken gestützt werden? 

Hans Christoph Binswanger: Die Banken müssen jetzt ihre Gläubigerpositionen zusammenstreichen. Das hätte schon längst gemacht werden müssen. Aber man wollte eher die Banken schonen als Griechenland retten.

DAS INVESTMENT.com: Bereits im Juli haben Banken und Investoren zugesagt, freiwillig im Schnitt auf 21 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten. Finanzminister Schäuble hält das nicht für ausreichend. Und Sie? 

Binswanger: Schäuble hat recht. Es muss eine radikale Umschuldung geben. Es stellt sich aber auch die Frage, ob man nicht noch zusätzliche Wege beschreiten muss.

DAS INVESTMENT.com: Welche?

Binswanger: Die Banken dürfen nicht mehr die Schaltzentrale der Wirtschaft sein. Momentan können sie im Prinzip ohne Grenzen Geld schöpfen. Die Zentralbanken müssen heute die Bankgeldschöpfung mit eigenem Geld nachfinanzieren, wenn sie keine allgemeine Krise riskieren wollen. Sie sollten daher die Kontrolle über das Geld wieder zurückgewinnen, das heißt künftig das Monopol auf die Kredit- und damit die Geldschöpfung haben. Dabei müssen allerdings die Zentralbanken ihre Ziele über das Ziel der Stabilisierung der Güterpreise hinaus erweitern: keine Inflation der Vermögenswerte und Aktien, keine Spekulationsblasen, und die Ressourcen unserer Erde dürfen nicht überbeansprucht werden.

DAS INVESTMENT.com: Ihr ehemaliger Doktorand, Josef Ackermann, wehrt sich gegen die geplanten Eigenkapitalvorschriften. Er hält nicht die Finanzierung der Banken für das Problem, sondern die Tatsache, dass Staatsanleihen nicht mehr risikolos sind. Die Politik müsse das Vertrauen in die Stabilität der Staatsfinanzen wieder herstellen.

Binswanger: Natürlich müssen die Staaten sparen. Aber solange die Banken über das Tempo der Geldschöpfung entscheiden, werden wir von einer Krise in die nächste stolpern. Da können die Staaten so viel sparen, wie sie wollen. Wenn von vorneherein alle Kredite mit Zentralbankgeld gedeckt werden müssten, ich denke an die Idee des 100-Prozent-Geldes von Irving Fisher, könnte man künftige Krisen verhindern.

DAS INVESTMENT.com: Wenn die Staaten sparen, droht dann nicht Rezession?

Binswanger: Nicht, wenn die Banken das tun, wofür sie eigentlich da sind: die reale Wirtschaft finanzieren, Unternehmen Kredite geben. Sie sollen ihre wichtige Handelsfunktion behalten: Kleine Beträge einsammeln und große weitergeben. Und sie machen kurzfristig investiertes Geld zu langfristigem. Aber der Spekulation muss Einhalt geboten werden. Der Eigenhandel der Banken, mit dem vor allem spekulative finanzielle Finanzwerte geschaffen werden, sollte darum stark eingeschränkt, am besten verboten werden. Dann kann man die Rezession verhindern, weil dann wieder die Finanzierung der realen Investitionen in den Vordergrund tritt.

DAS INVESTMENT.com: Wer soll das machen?

Binswanger: Das ist Aufgabe der Regierungen und Parlamente. Sie müssen die entsprechenden Gesetze erlassen. Es ist auf jeden Fall ein längerfristiger Prozess, aber wir sollten uns auf diesen Weg begeben. Sonst  bekommen wir hohe Inflation und weitere Staatsbankrotte.

DAS INVESTMENT.com: Glauben Sie, dass die Regierungen das tun werden?
Binswanger: Momentan eher nicht. Kurzfristig bin ich pessimistisch. Mit zunehmenden Krisen steigt aber auch der Druck auf die Regierungen, ihrer demokratischen Legitimierung gerecht zu werden. Ich kann mir daher vorstellen, dass die Krisenausläufe doch zu radikaleren Reformen führen werden. Langfristig bin ich optimistisch.

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