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Schwellenländer-Aktien
Börsen-Samba im sonnigen Süden
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Von in FondsLesedauer: 10 Minuten
Besucher auf dem Zuckerhut in Rio de Janeiro mit Blick auf die Copacabana: Brasilianische Unternehmen gehören wieder zu den Lieblingen vieler Fondsmanager.
Besucher auf dem Zuckerhut in Rio de Janeiro mit Blick auf die Copacabana: Brasilianische Unternehmen gehören wieder zu den Lieblingen vieler Fondsmanager. | Foto: Imago Images / imagebroker

An hochrangigen Gästen herrscht in Indien derzeit kein Mangel. So traf sich jüngst auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) in Mumbai, um dort seine 141. Vollversammlung abzuhalten. Allein in diesem Ballungsraum leben inzwischen knapp 30 Millionen Menschen, mehr als 1,4 Milliarden im ganzen Land.

 

Und der Name des IOC-Treffpunkts ist Programm: Wachstumszentrum (Growth Center) heißt dieser Teil der Stadt. Den internationalen Anspruch unterstreichen die Nachbarn: das Jio World Plaza, der Jio World Drive, die Jio World Residences und der Jio World Garden. Der vor Ort ansässige Namenspatron Jio gilt übrigens als drittgrößter Telefonkonzern der Welt hinter China Mobile und Vodafone.

Emerging Markets auf der wirtschaftlichen Überholspur

Indiens Premierminister Narendra Modi lässt es sich nicht nehmen, die Begrüßungsrede zu halten. Der erfahrene Politiker nutzt die Gelegenheit, die ökonomischen Fortschritte des Subkontinents einem breiten Publikum rund um den Globus zu präsentieren. Seit den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts blüht die Wirtschaft auf. Die jährliche Produktion von Gütern und Dienstleistungen kletterte von einst rund 200 Milliarden Euro auf 3.500 Milliarden Euro. In wenigen Jahren wird Indien auch führende Industrienationen wie Deutschland und Japan in dieser Disziplin überholen.

Schon vor einem halben Jahrhundert deregulierte die Regierung den früheren britischen Kolonialstaat ökonomisch. Mit Erfolg: Die Wirtschaft wuchs fortan mit enormer Geschwindigkeit. Bestimmte Branchen wie Informationstechnologie  und die Pharmaindustrie erreichten Weltklasse, weil Geld in den Ausbau der universitären Bildung floss und an Fachkräfte-Nachwuchs so kein Mangel herrschte. Trotz der in weiten Teilen immer noch vergleichsweise armen Bevölkerung gehört Indien zu den G20, der Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.

Das sind gute Gründe für Emerging-Market-Investoren, Indien nicht außen vor zu lassen. Das gilt auch für das sechsköpfige Management-Team des Robeco QI Emerging Markets Active Equities (ISIN: LU0940007189) um Wilma de Groot und Tim Dröge. Das Team will den Aktienindex MSCI Emerging Markets übertreffen, indem es bei der Analyse von Unternehmen zuvorderst quantitative Faktoren wie günstige Bewertungen (Value), profitable Geschäftsideen (Qualität) und steigende Kurse (Momentum) berücksichtigt.

In das Portfolio gelangen auf diese Weise rund 200 unterschiedliche Aktien. „Wir erwarten von unserem Multi-Faktor-Modell, dass es die Benchmark konstant übertrifft“, wirbt de Groot. Darüber hinaus habe der Fonds im Vergleich zur Benchmark einen geringeren ökologischen Fußabdruck, weil seine Investments weniger Kohlendioxid emittieren.

Auf Sicht von drei Jahren glänzt der Robeco-Fonds mit einem Wertzuwachs von 7,8 Prozent jährlich. Der Vergleichsindex verfehlt diese Marke bei Weitem und kommt auf 1,7 Prozent. Die größten Aktien-Positionen sind Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSM), Tencent, Samsung und Alibaba, erst auf Platz 5 folgt der brasilianische Ölkonzern Petroleo Brasileiro als einziges nicht fernöstliches Unternehmen in den Top 10.

Indiens Anteil am Fondsvermögen liegt an zweiter Stelle hinter China und mit 15,7 Prozent trotz der klaren Bottom-up-Strategie des Robeco-Fonds exakt auf dem Niveau der Benchmark. Die Volksrepublik dagegen nimmt im Portfolio sogar noch mehr Raum ein als im nach Börsenwert geordneten MSCI-Index. Dabei hat der chinesische Aktienmarkt verglichen mit den übrigen großen Schwellenmärkten eine lange Durststrecke hinter sich (siehe Grafik). Während auf Indien konzentrierte Aktienfonds ihren Wert innerhalb von drei Jahren um mehr als 60 Prozent im Schnitt steigern konnten, gaben Portfolios mit China-Universum mehr als 30 Prozent nach.

Was hat Investoren zu solch einer radikalen Abkehr von ihrem langjährigen Liebling getrieben? Zuerst bremsten weitreichende Lockdowns während der Corona-Pandemie die wirtschaftlichen Fortschritte Chinas, dann fiel der anschließende Aufschwung eher homöopathisch aus. Leidtragende waren nicht zuletzt westliche Unternehmen, die auf funktionierende Lieferketten angewiesen sind.

China steckt in einer dramatischen Wirtschaftskrise

Hinzu kommen geopolitische Sorgen wie der schwelende Konflikt mit Taiwan, dessen Unabhängigkeit Peking nicht anerkennt, sowie die erneut aufflammende Krise in der überschuldeten Immobilienbranche. Diese macht rund ein Viertel der chinesischen Wirtschaftsleistung aus. Die angeschlagenen Immobilienriesen allein stehen mit 165 Milliarden Euro bei ausländischen Kreditgebern in der Kreide.

 

Für Jihong Min, Portfoliomanager bei T. Rowe Price, erklärt dies den Börsentrend: „China musste jahrelang negative Schlagzeilen verkraften, und die Anleger reagierten darauf mit einem Umschichten nach Indien, wo die Nachrichten zweifellos besser waren.“ Sollten die Spannungen andauern, dürfte Indien der größte Nutznießer bleiben, so der Profi-Anleger. Deswegen schenken nicht nur Olympia-Funktionäre dem Subkontinent ihre Aufmerksamkeit.

Staatschefs geben sich die Klinke in die Hand, bereits im Frühjahr kam Bundeskanzler Olaf Scholz zu Besuch. Im Sommer rollte US-Präsident Joe Biden dem indischen Premier in Washington sogar buchstäblich den roten Teppich aus.

An den Chancen der Volksrepublik China hat sich unterdessen kaum etwas geändert. Der internationale Währungsfonds IWF attestiert eine Rückkehr zum früheren Wachstumstempo (siehe Grafik). So soll das BIP in diesem Jahr nach 3 Prozent im Vorjahr bereits wieder um 5 Prozent zulegen.

Die jüngsten Resultate geben den Prognosen recht. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres nahm die Wirtschaftskraft sogar um 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. „Die monatlichen Daten deuten darauf hin, dass die Wirtschaft den Tiefpunkt überwunden hat“, bestätigt Tommy Wu vom Research der Commerzbank. Der leitende Volkswirt betont, dass in erster Linie der Konsum das Wachstum stütze, da die Haushalte nun weniger sparten. Die Belebung sei vor allem der starken Nachfrage nach Dienstleistungen zu verdanken.

David Soh von RBC Bluebay AM überraschen diese Zahlen keineswegs: „Wir sind aus mehreren Gründen optimistisch. Der Erlebniskonsum in Hotels und Restaurants etwa entwickelt sich gut“, so der Asien-Experte. Zu Beginn dieses Jahres habe gerade die Beschäftigung bei Dienstleistern noch deutlich unter dem Vor-Pandemie-Niveau gelegen: „Der anstehende Aufschwung dort dürfte viele Arbeitsplätze zurückbringen.“ Das sollte dem Experten zufolge sowohl für höhere Einkommen als auch für weiter steigenden Konsum sorgen.

Aktuell jedoch spielt China etwa im RBC Emerging Markets Small Cap Equity (LU1217269551) lediglich eine Nebenrolle. Nur jeder zehnte Euro des Fondsvermögens fließt in die Volksrepublik. Indische Unternehmen dagegen erhalten mehr als ein Viertel. Die prominentesten Beispiele dort sind der Technologiekonzern Cyient und Phoenix Mills, ein Betreiber von Einkaufszentren. Die Spitzenposition nimmt der taiwanesische Messgeräte-Hersteller Chroma ATE mit 4,5 Prozent ein. Auf Sicht von drei Jahren stehen bei dem Fonds 7,3 Prozent jährliche Rendite zu Buche.

Mit dem RBC Emerging Markets ex China Equity (LU2200108640) hat die Fondschmiede auch eine Strategie, die Investments im Reich der Mitte ausschließt. Das kommt insbesondere Gesellschaften in Brasilien, Mexiko und Chile zugute, die zusammen ein Fünftel des Portfolios einnehmen. Der Performance hat der China-Verzicht nicht geschadet, mit 8,3 Prozent jährlich nimmt der Anteilspreis sogar schneller zu.

Die stärkste Performance auf Sicht eines Jahres erzielt der Blackrock Emerging Markets Equity Strategies (LU1289970086). Das Plus beträgt 19,3 Prozent. Anteilseigner, die seit Auflegung 2015 dabei sind, konnten sich im Schnitt an 9,7 Prozent pro Jahr erfreuen. Das 475 Millionen Euro schwere Portfolio steuern Gordon Fraser und Samuel Vecht. Aktuell verteilen die beiden das Vermögen auf 102 Aktiengesellschaften.

Dabei gehen sie durchaus pointiert vor: Ihr Liebling, der koreanische Technologieriese Samsung, erhält 8,3 Prozent. Nahezu 41 Prozent setzt das Blackrock-Duo insgesamt auf seine zehn Top-Positionen. Dort zeigt sich neben bekannten Mega Caps etwa der Immobilienentwickler Ayala mit Sitz auf den Philippinen.

Das größte Übergewicht gegenüber dem MSCI Emerging Markets gewähren die Fondsmanager aber brasilianischen Firmen. Die bekommen derzeit allein schon von ihrer Notenbank einigen Rückenwind. Anders als in den USA oder Euroland steigen im größten Land Südamerikas die Leitzinsen nicht oder verharren auf hohem Niveau, sodass Anleihen als Aktiensubstitut immer lohnender werden.

Vielmehr steuern die Währungshüter entgegengesetzt und senken die Zinsen momentan bei jeder Sitzung um 0,5 Prozentpunkte. Obwohl diese von einem so hohen Niveau kommen, dass sie 2024 noch zweistellig sein werden, macht das Vorgehen Anlegern Börseninvestments wieder schmackhaft.

Das gilt ebenso für andere Länder auf dem Kontinent, sagt Axel Christensen, Blackrocks Chefstratege für Lateinamerika: „Die Region tanzt makroökonomisch aus der Reihe und hellt das ganze Schwellenländer-Bild auf.“ Die Zentralbanken hätten die Zinssätze früher angehoben und nun mehr Spielraum zu lockern. Christensen bringt es auf den Punkt, warum er Aktien aus den Schwellenländern favorisiert: „Die dortige Politik setzt stärker darauf, Wachstum zu fördern, statt es einzuschränken.“ Gegen eine schwächelnde Weltwirtschaft sei aber kaum ein Unternehmen immun, sodass Anleger solche wählen sollten, die von klimaschonender Produktion und Deglobalisierung profitieren.

 

 

Der Schroder Emerging Markets Value (LU2180923653) geht bei der regionalen Allokation noch weiter. Vera German und Juan Torres haben Brasilien zum drittwichtigsten Land nach China und Südkorea gemacht, zudem tauchen Mexiko und Chile aus Lateinamerika, Südafrika und Nigeria vom afrikanischen Kontinent sowie Indonesien und Kasachstan aus Asien übergewichtet auf. Brasilien gilt schon lange als gut bestückter Rohstoff-Lieferant.

Nach dem Angriff Wladimir Putins auf die Ukraine dürften südamerikanische Minenbetreiber ein willkommener Ersatz für die sanktionierten russischen Förderer sein. Brasilianische Aktien erscheinen gegenüber Titeln aus vielen anderen Schwellenländern zudem günstig. So liegt das Kurs-Buchwert-Verhältnis am Zuckerhut aktuell bei 1,5. Diese Kennziffer fällt bei indischen Aktien mehr als doppelt so hoch aus.

Auch mexikanische Wertpapiere sind mit einem Wert von 2,4 deutlich teurer. Das enge Portfolio mit zurzeit lediglich 41 Titeln kann einen ähnlich belebenden Effekt auf die Performance haben wie die Länderwahl. Die 16,8 Prozent jährlicher Wertzuwachs seit Oktober 2020 sprechen dafür, dass das Manager-Team wenig falsch gemacht hat. Die beiden suchen nach eigenem Bekunden ausschließlich Unternehmen, die zu Unrecht einen herben Rückschlag ihrer Profitabilität oder ihres Aktienkurses hinnehmen mussten.

Das dickste Plus auf Sicht von drei Jahren schafft mit 20,7 Prozent jährlich das Management-Team des Evli Emerging Frontier (FI4000066915) um Hans-Kristian Sjöholm. Anders als der Name vermuten lässt, kommen nicht nur Frontier-Markets-Aktien, sondern Nebenwerte aus Schwellenländern rund um den Globus ins Portfolio. Im September besuchte Sjöholm die Türkei, in den vergangenen Jahren ein No-Go für viele Fondsmanager: „Die Stimmung vor Ort war wieder optimistisch, da Präsident Recep Tayyip Erdogan dem neuen Finanzminister und dem Zentralbank-Gouverneur nun einen Freibrief für seriöse Wirtschaftspolitik gegeben hat.“ Die habe es seit Jahren nicht mehr gegeben, was ausländische Investoren bislang abschreckte.

Dass die Gruppe ambitionierter Schwellenmärkte wächst, zeigt auch das jüngste Treffen der Brics-Staaten im südafrikanischen Johannesburg. Das einstige Vorzeige-Quartett Brasilien, Russland, Indien und China mausert sich zu einem respektablen Rudel. Inzwischen sind es bereits elf Mitglieder. Bis 2028 will die Gruppe mehr als 40 Billionen Euro pro Jahr erwirtschaften, nahezu ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung. Rund 20 weitere Kandidaten stehen schon bereit. Für diese gilt das olympische Motto „Dabei sein ist alles“, das auch zahlreichen langfristig orientierten Investoren angesichts der Wachstumsstärke und der Börsenchancen einleuchten dürfte.

Hier finden Sie eine Übersicht aller Aktienfonds, die weltweit in Schwellenländern anlegen.

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