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Solide Emittenten Schwellenländer-Unternehmensanleihen gewinnen an Glanz

Handels- und Finanzzentrum Jakarta
Handels- und Finanzzentrum Jakarta: Unternehmen in Indonesien, den Philippinen und Indien kaufen verstärkt ihre umlaufenden, auf US-Dollar lautenden Anleihen zurück und refinanzieren sich durch günstigere Bankdarlehen in Lokalwährung. | Foto: Imago Images / agefotostock

Professionelle Investoren sagen scherzhaft, dass das Vereinigte Königreich drauf und dran ist, zu einem Emerging Market zu werden. Doch damit tut man den Ländern unrecht, die tatsächlich Schwellenländer sind. Denn weniger entwickelte Länder erweisen sich in einiger Hinsicht als sicherer Hafen der Stabilität – nicht zuletzt am Markt für Unternehmensanleihen.

Sabrina Jacobs

Allgemein sind Unternehmensemittenten aus den Schwellenländern weniger anfällig für Kapitalflucht als in der Vergangenheit. Das liegt daran, dass ihre Anleihen zu einem größeren Anteil im Besitz lokaler Investoren sind, sie relativ gering verschuldet und meist in Ländern mit robusten makroökonomischen Fundamentaldaten ansässig sind. In Zeiten allgemeiner Volatilität an den Anleihemärkten erscheinen die Renditen von Schwellenländer-Unternehmensanleihen mit kurzer Laufzeit besonders attraktiv (siehe Grafik 1).

Grafik 1 – Hohe Rendite, niedrige Duration

Rendite im Vgl. zur Duration bei verschiedenen Anleiheklassen, in % bzw. in Jahren

 

Quelle: Bloomberg, Pictet Asset Management. Daten per 21.10.2022.

Natürlich gibt es viele Unterschiede zwischen den Regionen und Sektoren, daher müssen die Investoren die Unternehmensqualität sorgfältig analysieren und ein gutes Verständnis der makroökonomischen Situation haben. Diese Bemühungen dürften sich jedoch auszahlen: In vielen Fällen sind Schwellenländer-Unternehmensanleihen im Vergleich zu ihren Fundamentaldaten günstig, zum Beispiel gemessen am Rendite-Spread, den sie im Verhältnis zum Leverage bieten.  

Fundamental attraktiv

Schwellenländerunternehmen haben sich 2022 bisher außergewöhnlich gut entwickelt, mit einem Umsatzanstieg von 22 Prozent und einem Gewinnanstieg von 27 Prozent im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Zudem ist es um ihre Bilanzen gut bestellt und die Nettoverschuldung ist im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent gesunken. Dadurch ist die Nettoverschuldungsquote von 1,3 im Jahr 2021 (ohne Russland und die Ukraine aus offensichtlichen Gründen sowie Immobilien) auf etwa 1,2 zurückgegangen, zeigt eine Studie von JP Morgan. 

Viele Unternehmen in den Schwellenländern haben ihre Gewinnmargen im Zuge der Pandemie steigern können. Dadurch sind sie wiederum besser in der Lage, unter anderem höhere Kosten infolge der Rohstoffpreisinflation abzufedern. Nehmen wir zum Beispiel Stahlunternehmen in Indien. Die Stahlindustrie war einer der am stärksten von steigenden Faktorkosten und in letzter Zeit von Exportsteuern betroffenen Sektoren. Aufgrund des Gewinnanstiegs nach der Pandemie konnten die inländischen Akteure jedoch einen Rückgang der Gewinnmargen um 6 Prozentpunkte auf einen 12-Monats-Durchschnitt von 21 Prozent im ersten Quartal gegenüber dem Höchststand von 27 Prozent im letzten Jahr auffangen. 

Für Anleiheinvestoren ist das immer noch eine gute Sicherheitsmarge. Auch wenn die steigenden Faktorkosten zu einem Anstieg der Verschuldung führen könnten, so ist doch seit einigen Jahren ein Entschuldungstrend bei den großen Stahlproduzenten festzustellen. Auch die meisten anderen Rohstoffexporteure können eine erfreuliche Entwicklung vorweisen. 

Mittlerweile sind viele einzelhandelsorientierte Unternehmen und solche mit Premiumprodukten in einer starken Position, ihre Preismacht zu behalten und dadurch mit der Inflation Schritt zu halten. In China konnten große und hoch bewertete Technologieunternehmen ihre starken Margen schützen, da ihre Endkunden zu einem Großteil Einzelhandelsunternehmen sind und die Inflationsrate in China deutlich niedriger ist als in anderen Teilen der Welt. Auch Signale der Zentralregierung, dass ihre strengen regulatorischen Maßnahmen beendet sind, waren hilfreich. Gleichzeitig haben die von den USA auferlegten Restriktionen für den chinesischen Technologiesektor nur begrenzte Auswirkungen, da sie sich auf Chiphersteller beschränken.

 

Am anderen Ende des Spektrums haben wir Branchen, in denen schnell steigende Kosten nicht sofort an die Kunden weitergegeben werden können und keine natürliche Absicherung gegen Wechselkursschwankungen gegeben ist, zum Beispiel im Telekommunikationssektor. Grundsätzlich schätzen wir den Sektor aufgrund seiner defensiven Eigenschaften und der Vorhersehbarkeit der Cashflows. Aber wenn Unternehmen längerfristige Verträge abgeschlossen haben, zum Beispiel für Breitbandinternet, haben sie keine Möglichkeit, die Preise für bestehende Kunden kurzfristig zu erhöhen.

Dazu kommt noch, je generischer das Produkt, desto schwieriger ist es für Unternehmen, die Kosten weiterzugeben. Einige Sektoren waren dem Energieschock stark ausgesetzt – vor allem die Versorgungsunternehmen, die nicht in der glücklichen Lage sind, Öl oder Erdgas zu fördern, spüren den Druck. Das gilt insbesondere für Energiebetriebe, die an Privatkunden verkaufen, nicht zuletzt dort, wo die Regierungen dem Inflationsdruck entgegenwirken wollen, indem sie vorschreiben, wie viel Kosten an die Haushalte weitergegeben werden dürfen.