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Aktienanlagen in Schwellenländern „Die Vereinigten Arabischen Emirate, Dubai und Saudi-Arabien sind für uns sehr interessant“

Portfoliomanager Claus Born
Portfoliomanager Claus Born: „In Riad, der Hauptstadt des Königreichs Saudi-Arabien, haben wir kürzlich unser 14. Analystenbüro in den Schwellenländern eröffnet.“ | Foto: Franklin Templeton

DAS INVESTMENT: Herr Born, in welchen Märkten Asiens sehen Sie besonders große Wachstumschancen?

Claus Born: In vielen Ländern des Kontinents. Indien sticht natürlich hervor mit einer sehr guten Langzeitperspektive über die nächsten fünf, zehn und 15 Jahre. China sollte man auch nicht aus dem Blick verlieren. Trotz aller wirtschaftlichen Probleme wächst die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft mit rund 5 Prozent und nicht alle Unternehmen performen in dem seit einiger Zeit schwierigen Markt schlecht. Südkorea und Taiwan sind die klassischen Technologiemärkte unter den asiatischen Schwellenländern; auch hier bieten sich Chancen. Vietnam aus dem Frontier-Bereich ist ebenfalls spannend, die Volkswirtschaft profitiert vom Nearshoring und der China+1-Strategie westlicher Unternehmen, die Fertigungsalternativen zu China suchen.

Inwieweit stehen Investitionen in China die zunehmenden geopolitischen Spannungen entgegen?

Born: Wir wollen uns trotz der Konflikte keine Chancen entgehen lassen. Schaut man sich den chinesischen Gesamtmarkt an, gibt es Top-Unternehmen, die aufgrund der schlechten Presse, die China derzeit in der Welt hat, sehr günstig bewertet sind.

Asiatische Aktienwerte mit hoher Marktkapitalisierung werden von globalen Anlegern umfassend analysiert. Lukrative Chancen können durch die Beschäftigung mit Aktien entstehen, die nur wenige Anleger genau im Blick haben. Ist jetzt die Zeit für asiatische Small Caps?

Born: Kleine und mittlere Unternehmen aus den asiatischen Schwellenmärkten haben ihren besonderen Reiz. Viele von ihnen sind sehr stark, solide und bedienen ihre wachsenden Heimatmärkte. Sie sind damit weniger vom Export und der globalen Konjunktur abhängig. Auch wenn sie das Etikett Small Cap tragen, handelt es sich nicht selten um Unternehmen, die eine Führungsposition in ihren Märkten einnehmen. Zugleich werden sie an der Börse zu attraktiven Preisen gehandelt. Der Index umfasst 1.500 Aktien – ein Paradies für Stockpicker.

 

Welche Sektoren nimmt das Fondsmanagement von Franklin Templeton Emerging Markets Equity hier besonders in den Blick?

Born: Reisedienstleister beispielsweise, die von der erstarkenden Kaufkraft der Verbraucher profitieren. Interessant sind auch lokale Retail-Ketten und Anbieter von starken lokalen Markenprodukten, die sich einen Platz neben den Produkten ausländischer Hersteller erobern.

Die Wahl in Indien ist gelaufen, Modi wurde, mit Abstrichen, bestätigt. Was spricht dafür, dass Indien auf einen jahrzehntelangen Wachstumspfad einschwenkt, etwa so, wie es China vorgemacht hat?

Born: Hohe einstellige Wachstumsraten kennt Indien schon seit vielen Jahren. Das Land stand immer ein bisschen im Schatten von China, weil dort über viele Jahre hinweg noch höhere Wachstumsraten erzielt wurden. Indien hat unter den größeren Volkswirtschaften derzeit die höchsten BIP-Wachstumsraten, sie liegen bei 6 bis 7 Prozent. Im Verbund mit den Reformen, der demografischen Entwicklung im Land und einer vorteilhaften geopolitischen Situation könnten sich die guten Wachstumsraten langfristig fortsetzen. Das Potenzial ist da: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt in Indien 2.500 US-Dollar, das sind nur 20 Prozent des chinesischen BIPs. In Kaufkraftparität ausgedrückt, ist der Unterschied allerdings nicht mehr so markant: Er liegt bei 9.300 US-Dollar für Indien, während China „nur noch“ 150 Prozent darüber liegt. In Indien ist noch richtig viel Luft nach oben.

China hat sich durch eine dirigistische Politik aus der Armut befreit. Schafft es das demokratisch regierte Indien gleichermaßen in der Wohlstandsentwicklung nach oben?

Born: China hat lange Zeit mit der staatlich gelenkten Wirtschaft Erfolg gehabt, was für einige Bereiche auch weiterhin gilt. Sieht man sich jedoch die Weltgeschichte näher an, wird klar: Dirigistische Staatsformen sind nicht grundsätzlich überlegen. Nicht zentral gesteuerte Wirtschaften erweisen sich als flexibler und ausdauernder. Indien ist ein Land der Gegensätze, die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesstaaten sind teilweise sehr groß. Die Modi-Regierung hat in den vergangenen Jahren viel dafür getan, gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen für alle Teilnehmer des riesigen, dynamisch wachsenden Marktes zu schaffen. So wurde, als Beispiel, eine landesweite Mehrwertsteuer auf dem gesamten Territorium eingeführt, die als Konsequenz einen einheitlichen Wirtschaftsraum geschaffen hat.

Südkorea und Taiwan haben vor vielen Jahrzehnten die Grundlagen für ihren Wirtschaftsaufschwung gelegt. Inwieweit haben diese beiden Volkswirtschaften weiteres Potenzial?

Born: Beide Länder sind im Technologiesektor stark, vor allem im Halbleiterbereich. Die Wachstumschancen in diesem Marktsegment sollten den beiden Protagonisten zugutekommen. Die relativ weit entwickelten Volkswirtschaften selber haben jedoch nicht mehr so viel Wachstumspotenzial wie Indien. Das hängt nicht zuletzt auch mit der Bevölkerungsentwicklung zusammen. Mit 0,8 Kindern pro Frau hat Südkorea die weltweit niedrigste Geburtenrate. Auch Taiwan hat ein riesiges Geburtenproblem: Die Fertilität liegt bei 0,87.

In Taiwan wollte ein Präsidentschaftskandidat unlängst die Geburtenrate mit einer unkonventionellen Idee erhöhen: Paare sollten mit jedem Neugeborenen auch ein Haustier großziehen dürfen. In Südkorea geht die Regierung den Weg der Reformen, um den Wohlstand zu verbreitern und Paaren die Erfüllung ihres Kinderwunsches zu erleichtern.

Born: Ja, in Südkorea liegt noch einiges Potenzial brach, um die Wirtschaft zu entlasten und letztlich den Verbrauchern Gutes zu tun. Neue Anreize im Steuersystem, damit die südkoreanischen Unternehmen eine höhere Effizienz ihrer Kapitalstruktur erreichen und mehr Dividenden ausschütten, und eine moderne Corporate Governance in den Unternehmen sollen den Weg ebnen. Die Reformen sind auch Folge der Corona-Krise: Deutlich mehr Menschen als zuvor investieren in Aktien; daher sind die Interessen der Anleger politisch wichtig geworden.

 

Asiatische Schwellenländer kommen bei der Entwicklung ihrer Volkswirtschaften mittels Leapfrogging gut voran. Ein Beispiel: 36 Prozent aller verkauften Neuwagen in China sind E-Autos, zugleich wird die dazugehörige Infrastruktur aufgebaut. Was bedeutet das für Rohstoffanleger?

Born: Die Energiewende als weltweites Phänomen wird in den kommenden Jahrzehnten dazu führen, dass der Anteil der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen geringer wird. Für den Aufbau der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, für Speicher und den Ausbau der Stromnetze werden erheblich Mengen von Metallen benötigt, darunter Kupfer und Lithium. Durch die Energiewende entsteht ein enormer Bedarf an entsprechenden Rohstoffen. Das Erschließen neuer Minen bedarf oft einer Vorbereitungszeit von zehn Jahren und kostet viele Milliarden US-Dollar. Daher könnte es, sobald die globale Wirtschaft wieder anzieht, schnell zu Engpässen in der Rohstoffversorgung kommen. Und Kernländer der Rohstoffproduktion sind Schwellenländer. Gerade auch in dieser Hinsicht sollten Anleger die zukünftigen Erträge von Schwellenländern in Aktienportfolios keinesfalls unterschätzen.

Wo bieten sich in Schwellenländern außerhalb Asiens Chancen?

Born: Lateinamerika ist interessant, etwa Brasilien mit seinen 220 Millionen Einwohnern. Dieser Markt hat in den vergangenen Quartalen jedoch gelitten: Politische Enttäuschungen, eine hohe Verschuldung und Verzögerungen bei den erwarteten Zinssenkungen der Notenbank haben zu einer Korrektur am Aktienmarkt geführt. Die Bewertungen am brasilianischen Markt sind folglich derzeit auf einem Tiefstand – die vielen gesunden und stabilen Unternehmen, die hohe Dividendenzahlungen an ihre Anleger ausschütten, lassen sich derzeit daher preisgünstig ins Portfolio buchen. Mittelfristig gesehen ist Brasilien ein interessanter Markt.

Spannend ist in Lateinamerika auch Mexiko.

Born: Nach zwei Jahren mit einem starken Lauf haben wir auch hier eine Korrektur erlebt. Der Wahlsieg von Claudia Sheinbaum, der Kandidatin des linken Regierungsbündnisses, die im Juni die Präsidentschaftswahl haushoch gewonnen hat, sorgte für Kapitalabflüsse. Das Potenzial von Mexiko als riesiger kostengünstiger Industriestandort dürfte aber ungebrochen sein. Unternehmen, die den Produktionsstandort China diversifizieren wollen, zieht es verstärkt in das 130-Millionen-Einwohner-Land; in direkte Nachbarschaft zu dem durch Freihandelsabkommen gesicherten Absatzmarkt USA. Nach dem Kursrutsch sehen wir auch hier wieder günstige Bewertungen.

Gibt es neue Entwicklungen in der Anlageklasse Schwellenmärkte, die Anleger in den Blick nehmen sollten?

Born: Märkte, die spannend sind und zunehmend an Bedeutung gewinnen, aber im Allgemeinen wenig beachtet werden, finden sich im Nahen Osten. Die Vereinigten Arabischen Emirate – insbesondere Dubai – und Saudi-Arabien sind für uns sehr interessant. Vor diesem Hintergrund haben wir vor kurzem in Riad, der Hauptstadt des Königreichs Saudi-Arabien, unser 14. Analystenbüro in den Schwellenländern eröffnet. Es hat in der Region viele Börsengänge gegeben, der Markt verbreitert sich und auch die Gewichtung des Nahen Ostens innerhalb der Anlageklasse Emerging Markets nimmt zu.

Womit hängt dieser neue Aufwuchs auf der Landkarte der Kapitalanlage zusammen?

Born: Die genannten Länder im Nahen Osten setzen sich dafür ein, ihre bislang ölbasierte Wirtschaftsbasis zu verbreitern und ihre Finanzplätze zu fördern. Gerade in einer großen Volkswirtschaft wie Saudi-Arabien mit 37 Millionen Einwohnern ergeben sich aus den zahlreichen Börsengängen breit gestreute Geschäftschancen.

 

Über den Interviewten:

Claus Born ist Client-Portfoliomanager bei Franklin Templeton, einem der weltweit führenden Vermögensverwalter. Mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung in der Finanzbranche verfügt Born über ein fundiertes Fachwissen im Bereich der globalen Anleihen- und Aktienmärkte. Seit seinem Einstieg bei Franklin Templeton im Jahr 2007 hat er sich als kompetenter Ansprechpartner für institutionelle Investoren etabliert, die maßgeschneiderte Anlagestrategien suchen, um ihre spezifischen finanziellen Ziele zu erreichen und gleichzeitig die Herausforderungen eines sich ständig verändernden Marktumfelds zu meistern.

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