Der Blick in die Emerging Markets zeigt, wie wichtig Frauen als Unternehmerinnen für den wirtschaftlichen Aufstieg sind. Trotz aller Fortschritte ist noch viel zu tun.
Händlerin auf dem Weg zum Markt: Frauen müssen die gleichen wirtschaftlichen und finanziellen Chancen wie Männer bekommen| Foto: Imago Images / phototek
In Lateinamerika beispielsweise stehen Frauen weiterhin vor erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Trotz einiger Verbesserungen in den vergangenen Jahrzehnten bleibt die Gleichstellung der Geschlechter ein ungelöstes Problem.
Expertinnen wie Edda Schröder erkennen nach wie vor große Defizite angesichts der finanziellen Situation und des Zugangs zu Finanzdienstleistungen. „M...
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In Lateinamerika beispielsweise stehen Frauen weiterhin vor erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Trotz einiger Verbesserungen in den vergangenen Jahrzehnten bleibt die Gleichstellung der Geschlechter ein ungelöstes Problem.
Expertinnen wie Edda Schröder erkennen nach wie vor große Defizite angesichts der finanziellen Situation und des Zugangs zu Finanzdienstleistungen. „Mein besonderer Fokus liegt auf der Rolle der Mikrofinanzierung als Instrument zur Förderung wirtschaftlicher Unabhängigkeit“, so Schröder, die als Gründerin und Geschäftsführerin der Invest in Visions hierzulande 2011 den ersten Mikrofinanzfonds für Privatanleger initiiert hat.
Für gewöhnlich tragen Frauen in Südamerika die Verantwortung für Haushalt und Familie, was ihre Chancen auf eine geregelte Erwerbstätigkeit einschränkt. Sie leisten im Ergebnis durchschnittlich doppelt so viel unbezahlte Arbeit wie Männer. Dies führt zu geringem Einkommen und erschwert eine soziale Absicherung: „Die Erwerbsquote von Frauen liegt bei etwa 54 Prozent, während sie bei Männern rund 80 Prozent beträgt – eine Differenz von 26 Prozentpunkten. Zudem verdienen Frauen mit vergleichbarer Ausbildung und Erfahrung im Durchschnitt 17 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen“, so die Expertin.
Ein weiteres Hindernis stellt der eingeschränkte Zugang zu finanziellen Ressourcen dar. Mikrofinanzierung und andere Mechanismen für Kleinstkredite können dies Problem auflösen und Frauen ermöglichen, wirtschaftlich aktiv und selbstständig zu werden. Kreditinstitute wie die ecuadorianische Bank Banco Pichincha konzentrieren sich unter anderem auf Mikrokredite, um im Rahmen finanzieller Inklusion Kleinunternehmerinnen zu unterstützen und zugleich die Wirtschaft des ganzen Landes zu fördern. Dabei helfen auch Angebote zur Bildung und Gesundheitsversorgung, die zudem die Lebensqualität verbessert.
Bildung, Gesundheitssystem und Kreditzugang wesentliche Grundlagen
Mikrofinanzierung bietet Chancen, birgt jedoch auch Risiken. Ohne ausreichende finanzielle Bildung besteht die Gefahr der Überschuldung, insbesondere bei der Aufnahme mehrerer Kredite. Daher ergänzen Mikrofinanzinstitute ihre Angebote zunehmend um Schulungen in Finanzwissen, Unternehmensführung und weiteren relevanten Themen. Diese Bildungsmaßnahmen versetzen Kreditnehmerinnen in die Lage, informierte Entscheidungen zu treffen, ihr Unternehmen erfolgreich zu führen und sich im wirtschaftlichen Umfeld besser zurechtzufinden.
Die Förderung der finanziellen Unabhängigkeit von Frauen ist ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung Lateinamerikas. Mikrofinanzierung kann dazu beitragen, den Zugang zu finanziellen Ressourcen zu verbessern und die wirtschaftliche Eigenständigkeit von Frauen zu stärken.
Mikrokredit als Grundlage für die unternehmerische Selbstständigkeit
Dazu erzählt Schröder eine Erfolgsgeschichte aus Ecuador: „Es ist eines der Länder mit dem höchsten Investitionsanteil des Invest in Visions Mikrofinanzfonds. Neben dem Erhalt seiner großen Biodiversität steht das Land vor Herausforderungen wie Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit. Laut dem Nationalen Institut für Statistik und Volkszählung (INEC) fallen täglich rund 14.400 Tonnen Abfall an, von denen nur sechs Prozent recycelt werden.
Ein Beispiel für erfolgreiche Mikrofinanzierung ist die Geschichte von María Nelly Chipantasi Maila, eine 43-jährige Unternehmerin aus Ecuador. Seit 2003 hat sie mit Unterstützung von Banco Pichincha 14 Kredite aufgenommen und ein Recycling-Geschäft aufgebaut. Sie verarbeitet Kunststoffabfälle, die als Rohstoff für die Schlauchproduktion genutzt werden.
Mit einem Mikrokredit konnte sie Maschinen anschaffen, die es ermöglichen, Materialien zu sortieren und zu zerkleinern. Aktuell verarbeitet sie mit ihrem vierköpfigen Team rund vier Tonnen Plastik pro Woche. Zukünftig plant sie, nicht nur recycelte Materialien zu verkaufen, sondern daraus selbst Schläuche herzustellen. Neben dem ökologischen Nutzen ihres Unternehmens legt María Wert auf soziale Verantwortung. Sie beschäftigt unter anderem einen 60-jährigen Mitarbeiter, der aufgrund seines Alters keine Anstellung mehr fand. Zudem hofft sie, dass ihr Beispiel ihre Kinder inspiriert, ebenfalls unternehmerisch tätig zu werden.“
Die wirtschaftliche Teilhabe von Frauen ist aus Sicht der Mikrofinanz-Förderin ein entscheidender Faktor für nachhaltiges Wachstum. Mikrofinanzierung könne Frauen nicht nur den Zugang zu Kapital ermöglichen, sondern auch den Grundstein für mehr wirtschaftliche Stabilität einer Volkswirtschaft legen.
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