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Pflanzenkübel vor Wolkenkratzern in Bangalore
Pflanzenkübel vor Wolkenkratzern in Bangalore: Indische Unternehmen profitieren vom Binnenwachstum und sind weniger abhängig von zyklischen Schwankungen der globalen Märkte. | Foto: Imago Images / Pond5 Images
Daniel Morris

Daniel Morris: Jayesh, lassen Sie uns über die Bewertungen indischer Aktien sprechen. Wir sind uns der guten Renditen bewusst, die Sie mit indischen Aktien in den vergangenen drei Jahren erzielt haben. Aber es stellen sich die Fragen: Wie nachhaltig ist die Performance angesichts von Bewertungen, die deutlich höher liegen als in der Vergangenheit? Was lässt sich auf mittel- bis langfristige Sicht erwarten?

Jayesh Gandhi: In der Tat wurden in den vergangenen Jahren indische Aktien mit einem Aufschlag gegenüber Schwellenländern und globalen Aktien gehandelt. Wir gehen davon aus, dass dieser Aufschlag weiterhin Bestand haben wird.

Warum?

Jayesh Gandhi

Gandhi: Es gibt viele triftige Gründe. Wenn wir Indien und die Schwellenmärkte vergleichen, ist zu berücksichtigen, dass China den Schwellenmarktindex mit 30 bis 40 Prozent dominiert. Bekanntlich macht China einen Abschwung durch. Aufgrund des hohen Anteils Chinas am Schwellenmarktindex drückt die chinesische Volkswirtschaft die Zahlen für die Schwellenländer insgesamt. Daher dürfte ein Vergleich der anscheinend hohen indischen Bewertungen mit den aktuell unter Druck geratenen Bewertungen der Schwellenländer irreführend sein.

Am besten ist es daher, die indischen Aktienbewertungen mit der eigenen Aktienhistorie oder mit globalen Aktien der entwickelten Märkte zu vergleichen. In diesem Kontext stellen wir fest, dass der Bewertungsaufschlag für indische Aktien zwischen 10 und 15 Prozent liegt, was nicht so exorbitant hoch ist, wie einige kritische Marktberichte vermuten lassen.

Weshalb liegt für Sie ein Vergleich Indiens mit den entwickelten Märkten und nicht mit der Gruppe der Schwellenländer nahe?

Gandhi: Es gibt fundamentale Gründe, um beim Vergleich indischer Aktien mit Aktien aus Schwellenländern genau hinzuschauen und einen klaren Unterschied herauszustellen. So wird Indiens Volkswirtschaft von Unternehmen des Dienstleistungssektors dominiert: 50 Prozent der indischen Unternehmen gehören zum Dienstleistungssektor, der in der Regel eine viel solidere Bilanz, eine höhere Kapitalrendite und konstantere Renditen als der zyklische Produktionssektor aufweist.

Vergleicht man Indiens Wirtschaftsstruktur mit den meisten Schwellenländern, fällt auf: Letztere werden von zyklischen Sektoren und Rohstoffsektoren dominiert; folglich von Unternehmen, die von einer hohen Abhängigkeit vom globalen Wirtschaftswachstum geprägt sind. Indische Unternehmen hingegen sind eher vom inländischen Wachstum abhängig.

Und die Binnenwirtschaft ist in den vergangenen Jahren ziemlich gesund gewachsen.

Gandhi: Ja, angesichts des starken Wirtschaftswachstums in Indien und der verbesserten Rentabilität der Unternehmen sind die Gewinne indischer Unternehmen durchweg schneller gestiegen als die der Unternehmen in den meisten anderen Schwellenländern. Das ist ein Grund, warum es die Bewertungsprämie gibt. Aber auch aufgrund der Widerstandsfähigkeit der indischen Wirtschaft in den wirtschaftlich herausfordernden Zeiten der vergangenen zwei, drei Jahre hat sich die Prämie erhöht, eben weil sich das indische Wirtschaftswachstum als robust erwiesen hat.

 

Letztlich ist der Bewertungsaufschlag unserer Einschätzung nach auch auf die großen inländischen Kapitalmittel zurückzuführen, die inzwischen in Aktien fließen. Einer der großen von der Politik angestoßenen Trends in Indien ist die Zuführung von Ersparnissen in den Wirtschaftskreislauf, dessen Triebkräfte durch Investitionen verstärkt werden sollen. Hier hat die Regierung unter Narendra Modi zumindest bei den Jüngeren guten Erfolg: Sie wenden sich von traditionellen indischen Anlagen wie Immobilien und Gold ab. Die stetigen Geldzuflüsse in Aktien sorgen daher für eine zunehmend breitere und gestärkte Anlegerbasis, wodurch Indiens Wirtschaft zugleich weniger abhängig von den oft volatilen Kapitalströmen ausländischer Anleger wird. Die starken inländischen Zuflüsse haben die Marktvolatilität gesenkt und indische Aktien für ausländische Anleger attraktiver gemacht, weil diese den Vorteil der Diversifizierung nutzen wollen, der sich aufgrund der geringen Korrelation mit anderen Schwellenmärkten ergibt.

Alle diese Hintergründe machen indische Aktien im Vergleich zu Aktien aus anderen Schwellenmärkten besonders attraktiv – woraus der Bewertungsaufschlag resultiert. Natürlich kann man mit Fug und Recht behaupten, dass indische Aktien nicht billig sind. Aber wir erwarten, dass ein starkes Wirtschaftswachstum und eine bessere Rentabilität der Unternehmen den Anlegern mittel- bis langfristig ordentliche Renditen bescheren werden.

Morris: Natürlich hoffen wir, dass diese Renditen von Bestand sind. Gleichzeitig müssen wir uns auch mit den Risiken auseinandersetzen. Derzeit werden weltweit vielbeachtete Parlamentswahlen in Indien abgehalten. Es gibt Herausforderungen, denen sich das Land stellen muss. Können Sie einige der Hauptrisiken nennen, die Sie für indische Aktien sehen?

Gandhi: Das große Risiko für Indien sind im Wesentlichen die Energieimporte. Indien ist von hohen Energieimporten abhängig, insbesondere von Rohöl, Gas und Kohle. Da die Wirtschaft wächst, steigt auch der Bedarf an diesen Einfuhren weiter an. Es ist daher absehbar, dass die hohen Energiekosten das Wachstum beeinträchtigen und die Wirtschaftsleistung bremsen werden.

Trotz der Aktivierung der einheimischen Sparer und Anleger ist Indiens Wirtschaft weiterhin in erheblichem Maße von ausländischen Ersparnissen und Kapitalzuflüssen abhängig, das gilt insbesondere für die Infrastruktur. Der Investitionsrückstand ist bekannt und steht im Mittelpunkt des Interesses der Regierung Modi. Die weltweit hohen Zinssätze und die weltweite geldpolitische Straffung hemmen die Kapitalströme und bedingen in gewissem Maße eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Indien.

Diese beiden Herausforderungen haben sich in den letzten zwei Jahren gezeigt; dennoch ist es den politischen Entscheidungsträgern gelungen, sie erfolgreich zu bewältigen und die konjunkturelle Entwicklung zu fördern. Das gibt uns die Zuversicht, dass sich die politischen Entscheidungsträger dieser Herausforderungen bewusst sind und auch über das nötige Instrumentarium verfügen, um diese Situation zu meistern.

Trotz vieler Berichte über Indiens Aufschwung ist der von 1,4 Milliarden Menschen bevölkerte Subkontinent im weltweiten Vergleich eine arme Region. Die Landbevölkerung wehrt sich teilweise gegen die abrupte Transformation. Inwieweit sehen Sie politische Risiken?

Gandhi: Wir sehen das Risiko, dass große Bevölkerungsteile mit einem relativ niedrigen Pro-Kopf-Einkommen leben müssen. Es gibt immer Raum für soziale Unruhen und Populismus, die das langfristige Wachstum beeinträchtigen können. Politische Stabilität und eine kontinuierliche Konzentration auf die wirtschaftliche Agenda sind daher entscheidend, wenn es darum geht, Unruhen zu verhindern. In den jetzigen Parlamentswahlen strebt die Modi-Regierung ihre dritte Amtszeit an. Auf Basis der meisten Schätzungen ist erkennbar, dass die Modi-Regierung weiterhin an der Macht bleiben dürfte. Das würde Kontinuität in den Reformen, Kontinuität in der Politikgestaltung und politische Stabilität bringen – was unserer Meinung nach für Indien und sein langfristiges Wirtschaftswachstum entscheidend sein wird.

 

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