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Von in Alternative InvestmentsLesedauer: 8 Minuten
Bau einer Windkraftanlage am Niederrhein
Bau einer Windkraftanlage am Niederrhein: Investitionen in erneuerbare Energien werden dringend benötigt – Kleinanleger könnten eine Lücke schließen. | Foto: Imago Images / Jochen Tack

Mehr Windkraft, neue Bahnstrecken, schnelles Internet: Der Investitionsbedarf in Deutschland ist gewaltig. Allein in den Jahren 2019 bis 2029 müsste der Staat insgesamt 450 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte ausgeben, haben Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ausgerechnet. Investitionsausfälle durch Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg hätten diese Notwendigkeit noch verstärkt, meinen die Forscher. Der Investitionsstau bedrohe den Wohlstand des Landes: „Wenn Investitionen zu lange ausbleiben, droht eine strukturelle Schädigung der ganzen Volkswirtschaft“, so IW-Ökonom Michael Grömling. Die Bundesregierung hat sich jedoch einen Sparkurs verordnet – und setzt auf die Hilfe von Investoren.

„Institutionelle Investoren haben einen Großteil der Infrastruktur-Projekte der vergangenen Jahre finanziert“, sagt Peter Brodehser, Fondsmanager und Leiter des Bereichs Infrastruktur beim Fondshaus DWS. In der Niedrigzinsphase drängten Großanleger auf der Suche nach Anleihe-Alternativen noch einmal verstärkt in den Markt. Mit der Zinswende dürfte ihr Engagement aber nun wieder nachlassen, meint der Experte. „Diese Lücke bietet für Privatinvestoren die Chance des Markteintritts“, ist Brodehser überzeugt.

Die Bundesregierung hat dafür mit dem Fondsstandortgesetz im Jahr 2021 ein neues Fondsvehikel geschaffen. Das offene Infrastruktur-Sondervermögen soll es auch Kleinanlegern ermöglichen, sich direkt und außerhalb der Börse an Unternehmen zu beteiligen, die Infrastruktur-Projekte betreiben – bislang waren solche Investments aufgrund hoher Einstiegshürden Großanlegern vorbehalten. „Der Gesetzgeber hat mit sehr viel Weitsicht gesehen, dass diese Projektberge auf uns zukommen und einer Investition bedürfen“, so Infrastruktur-Experte Brodehser.

Zwei Produkte, ein Ziel: Deutsches Infrastruktur-Sondervermögen versus europäischer Eltif

Schon seit 2015 gibt es auf europäischer Ebene den European Long Term Investment Fund, kurz: Eltif, mit dem der Staatenbund ebenfalls private Gelder für Infrastruktur-Projekte mobilisieren will. Nach Kritik an den Details, darunter die hohe Mindestanlagesumme von 10.000 Euro, hat die EU nachjustiert. So gelten für das Fondsprodukt ab dem kommenden Jahr einige neue Regeln. Beim deutschen Sondervermögen war die Anlagegrenze für Anleger von Beginn an mit 50 Euro deutlich niedriger gesetzt. Verglichen mit dem europäischen Eltif hat das Fondsvehikel einen weiteren Vorteil, meint Matthias Weber, Vertriebschef für offene Investmentfonds bei dem auf Sachwert-Anlagen spezialisierten Investmenthaus KGAL: „Für Privatanleger ist das Produkt neu, die Fondsstruktur allerdings vertraut. Denn offene Infrastrukturfonds ähneln den etablierten offenen Immobilienfonds.“

 

Insgesamt dürfen höchstens 80 Prozent des Fondsvolumens in sogenannte Infrastruktur-Projektgesellschaften investiert werden. Darüber hinaus können Anbieter auch bestimmte andere Anlagen ins Portfolio holen, etwa Immobilien und Wertpapiere. Je Einzelprojekt liegt die Obergrenze bei 10 Prozent. Wie beim offenen Immobilienfonds müssen Anleger die Anteile mindestens 24 Monate halten, die Kündigungsfrist liegt bei zwölf Monaten. Allerdings ist die Rückgabe beim Infrastruktur-Sondervermögen nur zweimal im Jahr zu festen Terminen möglich. Ein weiterer Unterschied: So müssen Infrastrukturfonds mindestens 10 Prozent ihres Vermögens liquide halten, das Maximum liegt bei 40 Prozent. Bei Immobilienfonds beträgt die gesetzlich vorgegebene Spanne 5 bis 50 Prozent.

Zwei Jahre nach Einführung der neuen Fondskategorie ist im Markt trotz des großen Bedarfs noch wenig passiert. Als erster Anbieter hat die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS im April den DWS Infrastruktur Europa aufgelegt. Ein weiteres Produkt dürfte bald folgen: Das Investmenthaus KGAL mit Sitz in Grünwald bei München will im September einen offenen Infrastrukturfonds auf den Markt bringen. Frank Dornseifer, Geschäftsführer des Bundesverbands Alternative Investments (BAI), verwundert die Zurückhaltung nicht: „Beim Eltif hat es auch seine Zeit gebraucht, bis dieser sich entwickelt hat und im Markt akzeptiert wurde.“ Viele Anbieter hätten sich gefragt, ob ein offenes Sondervermögen das richtige Vehikel für Infrastrukturanlagen sei. „Das werden wir jetzt beobachten können“, meint der Experte. 

 

Peter Brodehser von der DWS sieht drei zentrale Herausforderungen, die Fondshäuser mit Auflage eines offenen Infrastrukturfonds stemmen müssen: Ein Produkt auf den Markt zu bringen, dass es vorher noch nicht gab, sei aufwendig. Es müsse viel Pionierarbeit geleistet werden, das koste Geld. Um mit einem solchen Fonds Erfolg zu haben, sei zudem ein großes Vertriebsnetzwerk notwendig. Ein weiteres Problem: Es fehle Personal, dass das Geld im Markt und die Projekte zusammenbringen könne. Nichtsdestotrotz glaubt Brodehser an den Erfolg des Produkts: „In zehn Jahren werden Infrastruktur-Investments für Privatanleger eine Anlageklasse sein, die jeder anbietet.“

Guter Start für DWS-Fonds: „Privatinvestoren rennen uns die Bude ein“

Über mangelnde Resonanz der Anleger könne man sich jedenfalls nicht beklagen, heißt es von der DWS: „Die Privatinvestoren rennen uns die Bude ein“, kommentiert Brodehser. Seit dem Vertriebsstart am 3. Mai hat der Fonds allein im Retail-Geschäft 170 Millionen Euro eingesammelt, weitere 80 Millionen Euro sind von institutionellen Anlegern zugesagt. Da es sich um einen offenen Fonds handele, gebe es kein konkretes Zielvolumen. „Unsere Vorstellung, nach zwölf Monaten auf 500 Millionen Euro zu kommen, dürften wir nach diesem Start aber erreichen“, meint der DWS-Experte. Langfristig werde ein Fondsvolumen von 2 bis 3 Milliarden Euro angestrebt.

Auf der nächsten Seite: Mit welchen Renditen Anleger bei den neuen Infrastrukturfonds rechnen können und an welchen Stellen Experten Bedarf für Nachbesserungen sehen.

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