Finanzexperte Sebastian Römer
Auf Ruheständler kommen noch schwerere Zeiten zu
Aktualisiert am 03.01.2023 - 18:46 Uhr
Sebastian Römer leitet das Zentral- und Osteuropa-Geschäft von Natixis Investment Managers. Foto: Natixis IM
In Deutschland haben sich die Lebensbedingungen für Ruheständler in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. Doch auch weltweit gerät die Altersvorsorge zunehmend unter Druck, da Inflation und niedrige Zinsen Ersparnisse auffressen. 2022 könnte eines der schlechtesten Jahre der jüngeren Geschichte sein, um den Ruhestand zu beginnen, meint Sebastian Römer von Natixis Investment Managers.
Es ist wahrlich keine neue Botschaft und dennoch zeigt sich 2022 erneut ihre Relevanz: die Inflation ist eine der größten Herausforderungen für einen abgesicherten Ruhestand. Während sie dieser Tage gepaart mit explodierenden Energiepreisen viele Menschen in Sorge versetzt, trifft sie Ruheständler besonders hart. Denn diese haben nur noch wenig Spielraum, um dem Abschmelzen ihrer Rücklagen entgegenzuwirken.
Dabei betrifft der inflationäre Druck nicht nur Deutschland. Die Geschwindigkeit der Verteuerung sollte Anlass geben, die eigene Ruhestandsplanung zu überdenken und verstärkt auf eine aktienbasierte Vorsorge zu setzen. Der jüngste Vorstoß der Bundesregierung zur teilweise Kapitaldeckung...
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Es ist wahrlich keine neue Botschaft und dennoch zeigt sich 2022 erneut ihre Relevanz: die Inflation ist eine der größten Herausforderungen für einen abgesicherten Ruhestand. Während sie dieser Tage gepaart mit explodierenden Energiepreisen viele Menschen in Sorge versetzt, trifft sie Ruheständler besonders hart. Denn diese haben nur noch wenig Spielraum, um dem Abschmelzen ihrer Rücklagen entgegenzuwirken.
Dabei betrifft der inflationäre Druck nicht nur Deutschland. Die Geschwindigkeit der Verteuerung sollte Anlass geben, die eigene Ruhestandsplanung zu überdenken und verstärkt auf eine aktienbasierte Vorsorge zu setzen. Der jüngste Vorstoß der Bundesregierung zur teilweise Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist hier sehr zu begrüßen. Denn auch steigende Zinsen können die Inflation nicht kompensieren. Am Ende kommt es auf die Realzinsen an und die sind deutlich negativ.
Nun ist die finanzielle Absicherung unbenommen eine enorm wichtige Komponente für einen entspannten Ruhestand, aber nicht die einzige. In der kürzlich erschienenen zehnten Auflage des Global Retirement Index (GRI)1 von Natixis Investment Managers werden daher ganze 18 verschiedene Leistungsindikatoren bewertet und deren relative Performance in den vier Subindizes Gesundheit, Lebensqualität, materieller Wohlstand und Finanzen zusammengefasst. Die Gesamtpunktzahl ermöglicht einen datenbasierten Vergleich in den wichtigsten Dimensionen, die die Lebensbedingungen von Ruheständlern in 44 Ländern bestimmen.
Es stimmt wenig optimistisch, dass sich darauf basierend die Situation für Ruheständler in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert hat. Im Vergleich zu 2021 verlor Deutschland drei Plätze und befindet sich mit Platz 11 erstmals nicht mehr unter den Top 10 Ländern für einen sicheren Ruhestand. Besonders gut haben es dagegen Ruheständler in Norwegen. Die übrigen Staaten in den Top 10 sind der Reihenfolge nach: Island, Schweiz, Irland, Australien, Neuseeland, Luxemburg, Niederlande, Dänemark und die Tschechische Republik.
Deutsche sind weniger glücklich
Bei einem genaueren Blick auf Deutschland wird deutlich, dass sich die Bewertung in allen vier Subindizes im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert hat. Am stärksten ist sie beim materiellen Wohlstand des Landes gesunken, was auf eine zunehmende Ungleichheit bei der Verteilung von Einkommen zurückzuführen ist. Auch im Subindex Gesundheit rutschte Deutschland aufgrund einer geringeren Punktzahl bei der Lebenserwartung ab. Bei der Lebensqualität sank der Indikator Glück, hingegen erzielt Deutschland den drittbesten Wert aller untersuchten Länder im Bereich Biodiversität, in den Faktoren wie etwa die Dichte an Naturschutzgebieten eingehen.
Im Bereich Finanzen schneidet Deutschland vor allem mit Blick auf den Altenquotienten schlecht ab, der das Verhältnis von Ruheständlern gegenüber Menschen im arbeitsfähigen Alter bemisst. In dieser für die Nachhaltigkeit von Rentensystemen so wichtigen Kennziffer liegt Deutschland auf Platz 38 von 44. Auch die im Vergleich zu anderen Staaten hohe Steuerlast schlägt negativ zu Buche.
1 Untersuchungsmethodik: Der Global Retirement Index wurde von Natixis Investment Managers mit Unterstützung von Core Data Research zwischen März und Juni 2022 zusammengestellt. Der Index berücksichtigt die fortgeschrittenen Volkswirtschaften des Internationalen Währungsfonds (IWF), Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China). Der Bericht erfasst Daten aus einer Vielzahl von Quellen, einschließlich der Weltbank. Die Forscher berechneten in jeder Kategorie eine mittlere Punktzahl und kombinierten die Kategorie-Punktzahlen für eine endgültige Gesamtwertung der 44 untersuchten Länder.
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