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Aktualisiert am 27.01.2012 - 13:38 UhrLesedauer: 4 Minuten

„Sechs Milliarden Menschen wollen besser essen“

Impressionen von der Veranstaltung
Impressionen von der Veranstaltung
Schwellenländerinvestments sind keine Frage des „ob“, sondern lediglich des „wie“, so der Tenor der Vorträge und Diskussionen auf dem Petersberger Treffen 2011.  „2011 wird im Nachhinein betrachtet ein Jahr sein, in dem man sich wünschte, man hätte deutlich mehr in Emerging Markets investiert“, meinte Carlos von Hardenberg aus dem Hause Templeton.

Spekulationsblasen sind eher in etablierten Märkten zu finden

Diese Einschätzung teilte auch Michael Keppler. Er verwies auf historische Bewertungsstudien. Das aktuelle Niveau könnte auch auf längere Zeit hinaus attraktiv bleiben, so sein Fazit. Comgest-Chef Vincent Strauss setzte sogar noch einen drauf: „Wer abseits einzelner überhitzter Immobilienstandorte potenzielle Spekulationsblasen sucht, sollte sich eher mal mit den etablierten Märkten und ihren Anleihesegmenten beschäftigen, als mit den Emerging Markets“.

Doch Schwellenland ist nicht gleich Schwellenland, erklärten die Fondsmanager. So liegen zum Beispiel Mongolei und China zwar direkt nebeneinander, weisen aber hinsichtlich ihrer Wirtschaftssituation kaum Gemeinsamkeiten auf. Fondsmanagern und Beratern käme daher die Aufgabe zu, die besonders vielversprechenden Länder und Anlageklassen aus der Gesamtheit der Schwellenmarkt-Angebote herauszufiltern.

Brasilien, Afrika, Mongolei

Nach konkreten Favoriten gefragt, nannten die Experten brasilianische Aktien und Anleihen, afrikanische Telefongesellschaften, Goldminenaktien, lokale geschlossene Fonds, die deutlich unter Wert notieren und vorbörsliche Beteiligungen in der Mongolei, wo in absehbarer Zeit eine geregelte Börse entstehen soll.

Die Schwellenländer stellen angesichts der riesigen Staatsschulden in Europa und den USA längst den „neuen Stabilitätsanker“ dar, erklärte Andreas Utermann, Chefstratege bei Allianz Global Investors (AGI). „Auch wenn der Weg steinig ist und es auch größere Rückschläge geben wird, sind die Chancen der Emerging Markets größer als allgemein angenommen“, sagte Utermann. Er empfahl, zwischenzeitige Schwächeperioden zum strategischen Einstieg und zum Ausbau bestehender Positionen zu nutzen. Der AGI-Chefstratege rechnet mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums, aber keiner „harten Landung“. Auch die Inflationsgefahr habe ihren Höhepunkt überschritten, da die Rohstoffpreise sinken. „Decoupling ist ein Mythos“

Vom oft beschworenen „Decoupling“, also der Abkopplung der Emerging Markets vom Rest der Welt könne nicht gesprochen werden, so eine weitere Erkenntnis der Manager. „Decoupling ist ein Mythos“, erklärten Comgest-Manager Vincent Strauss und Rothschild-Kollege Gerhardt. Beide sehen mittlerweile eher eine zunehmende Abhängigkeit der Industrienationen von den Entwicklungen in den Schwellenmärkten. So wies Templeton-Mann Carlos von Hardenberg darauf hin, dass immer mehr Anleger aus den Schwellenländern über globale Kapitalsammelstellen wie Fonds ihr Geld in andere Schwellenmärke investieren.

Treiber des Wirtschaftswachstums in den Schwellenländern werden nach Ansicht der Fachleute auch zukünftig die günstigen demografischen Entwicklungen, die wachsende Konsumnachfrage und der Ausbau der Infrastruktur sein. „Sechs Milliarden Menschen wollen künftig mehr und besser essen“, sagte Fidelity Fondsmanager Nick Price. Er sieht vor allem bei den Erzeugern von Agrarrohstoffen und Energie interessante Chancen.

„In den USA wird auf Pump in die Rüstung investiert, in China auf Pump in die Infrastruktur“

Gleichwohl warnten die Experten davor, die Risiken von Schwellenländer-Investments zu unterschätzen. Sie wiesen auf politische Risiken hin – und zwar sowohl in Ländern, wo diese Risiken latent schwelen, wo also totalitäre Regime mit freien Märkten einhergehen, als auch dort, wo sie offen ausgebrochen sind. Die Risikoaufschläge auf Unternehmensbewertungen müssten in diesen Fällen besonders hoch sein, damit sich das Investment lohnt.

Als Beispiel führten die Fondsmanager Ägypten an. Die augenblicklichen Unruhen würden früher oder später zu besseren Führungen und gesellschaftlichen, wie auch wirtschaftlichen Liberalisierungen in diesen Ländern führen, zeigten sich die Schwellenmarkt-Profis überzeugt. Dies werde den Investoren zukünftig zugutekommen.

Ebenso müssen Aspekte wie hohe Inflationsraten, mangelnde Liquidität kleiner Märkte und Verschuldungsaspekte gesehen werden. So sind beispielsweise chinesische Kommunen derzeit mit rund 1,6 Billionen US-Dollar verschuldet. Dennoch sind die hohen Staatschulden kein Schwellenländer-spezifisches Problem. „In den USA wird auf Pump in die Rüstung investiert, in China auf Pump in die Infrastruktur. Im Zweifelsfall ist das wohl besser“, sagte Michael Keppler.


Zur Veranstaltung: Das diesjährige Petersberger Treffen unter dem Motto „Emerging Markets: The Director´s Cut“ fand am 22. und 23. November in Bonn statt. Die Vorträge und Diskussionen wurden von einem makroökonomischen Ausblick des AGI-Investmentchefs Andreas Utermann eingerahmt. Im Einzelnen referierten und diskutierten miteinander: Devan Kaloo (Aberdeen Asset Management), Khiem Do (Barings Asset Management), Stefan Böttcher (Charlemagne Capital), Vincent Strauss (Comgest), Thomas Gerhardt (Edmond de Rothschild Asset Management), Nick Price (Fidelity Worldwide Investments), Bryan Collings (Ignis Hexam), Michael Keppler (Keppler Asset Management), Denise Simon (Lazard Asset Management) und Carlos von Hardenberg (Templeton Asset Management).

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