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Aktualisiert am 28.01.2020 - 17:09 Uhrin FinanzberatungLesedauer: 7 Minuten

Serie: Ilse Aigners 10 Thesen zur Finanzberatung im Expertencheck – Teil III: Risikoprofil und Produktinformation

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These 5: RISIKOPROFIL

Die These des BMELV: Im Anlagebereich sollen die Produkttypen im Hinblick auf den Anlagezweck und die Risikotragfähigkeit des Verbrauchers kategorisiert werden. Dem Verbraucher sollen Produkte aus derjenigen Kategorie empfohlen werden, die seinem Anlagezweck und seiner Risikotragfähigkeit entspricht.

Zu These 5 nimmt Stellung: Thomas Zacher, Zacher & Partner Rechtsanwälte:

Ich stehe der Idee der „Kategorisierung“ von Anlageprodukten sehr kritisch gegenüber. Zunächst müsste definiert werden, woran sich solche Kategorien zu orientieren hätten. Derzeit scheint eher eine formale Einteilung nach der äußeren Form statt nach Inhalten und Investitionsgegenständen in Rede zu stehen. Dies ist problematisch.

Bilde ich zum Beispiel die Kategorie Aktien, so werfe ich gegebenenfalls Aktien von Unternehmen mit hoch spekulativen Unternehmenstätigkeiten in einen Topf mit einem Immobilienunternehmen in der Rechtsform der AG. Näherliegend erschiene da eine Kategorisierung nach Investitionsgegenständen. Dann aber müsste sichergestellt werden, dass eine deutsche Immobilien AG, ein Reit (Real Estate Investment Trust), die Beteiligung an einem ausländischen Immobilien-Sondervermögen, ein geschlossener Immobilienfonds und der Erwerb einer vermieteten Eigentumswohnung in die gleiche Kategorie fallen könnten.

Der Sinn und Unsinn derartiger Kategorisierungen zeigt sich zum Beispiel an der derzeit uneinheitlichen Rechtsprechung zur Eignung von Immobilienfonds bei konservativem Anlegerinteresse. Manche Gerichte betonen die formale Kategorie „geschlossener Fonds“ und halten dementsprechend eine solche Anlageform als zur Altersvorsorge generell ungeeignet, andere Gerichte weisen zutreffend darauf hin, dass ein geschlossener Immobilienfonds durchaus Ähnlichkeiten mit der konservativen Investition in eine einzelne Renditeimmobilie hat und bei entsprechender Streuung der Immobilien sogar noch risikoärmer sein kann.

Hier liegt meines Erachtens auch die weitere Schwäche dieser These. Mir erscheint es auch im Verbraucherinteresse gefährlich, wenn man gegenüber den Anlegern den Eindruck erweckt, man könne teilweise sehr individuelle und komplexe Produkte allgemeinverbindlich in verschiedene Kategorien einteilen und daraus unmittelbar Schlüsse zur Eignung für bestimmte Anlageziele ziehen. Wie die genannten Beispiele zeigen, können schon je nach Art der Kategorisierung ganz unterschiedliche Ergebnisse dabei herauskommen.

Es führt die Anleger in die Irre, wenn man Ihnen vorgaukelt, die persönliche Eignung eines Anlageproduktes könne aus einer wie immer gearteten Kategorie unmittelbar abgeleitet werden. Es mag eindeutig für den einzelnen Anleger ungeeignete Produktkategorien geben; umgekehrt im Sinne einer positiven Empfehlung – welche der Anleger letztlich braucht – gilt dies aber nicht.

Wenn man die Vermittlung und erst recht die Beratung im Hinblick auf Produkteigenschaften und Anlegereignung als qualifizierte Dienstleistung ernst nimmt – was zum Beispiel auch das Thesenpapier des Verbraucherministeriums mit seiner These Nummer 9 tut -, kann man sicher daran gehen, mit prozessorientierten Vorgaben möglichst optimale Ergebnisse zu fördern. Hier sehe ich auch einen Ansatz für den Gesetzgeber, welcher die sehr zersplitterten Anforderungen in Abhängigkeit von dem vermittelten Produkt wieder vereinheitlichen sollte.

Eine Produktkategorisierung kann hier allenfalls ein Hilfsmittel sein und sollte die ohnehin uneinheitlichen Vorgaben beim Beratungsprozess nicht weiter zementieren. Um es etwas überspitzt zu sagen: Wer als Vermittler ein Produkt nur über die Kategorie verkaufen kann sollte hiervon ebenso die Finger lassen wie der Anleger, der es nur durch die Einordnung in eine bestimmte Kategorie versteht.

>> zu These 6: Produktinformation

Stellung nimmt Renate Kewenig, Vizepräsidentin Bundesverband Deutscher Investmentberater BVDI

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