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Serie zum Brexit-Votum, Teil 3 Folgen des EU-Referendums für Europa

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Die EU hat in der Tat zwei Schwachpunkte. Ihre Institutionen sind so komplex, dass sie für die EU-Bürger schwer verständlich sind. Und obwohl sich die EU für Wachstum und Stabilität einsetzt, ist es ihr nicht gelungen, Ungleichheiten zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten abzubauen. In den wirtschaftlich stärkeren skandinavischen Ländern, Deutschland, Österreich und Großbritannien gedeiht nationalistische Stimmung unter denen, die sich ausgegrenzt fühlen, und aufgrund der Tatsache, dass gute wirtschaftliche Bedingungen Zuwanderer anziehen. Dagegen hat in stärker von der Finanzkrise getroffenen Ländern die Haushalts- und Steuerpolitik der Wahrnehmung von Europa als eine Kraft, die Gutes bewirkt, erheblich geschadet.

Fazit

Wie in anderen EU-Ländern ist auch in Großbritannien in der öffentlichen Meinung zu Europa eine Polarisierung eingetreten, die über die üblichen Meinungsverschiedenheiten hinausgeht. Deshalb sollten innenpolitische Fragen keinen entscheidenden Einfluss auf das Abstimmungsverhalten haben. Die Wähler stehen vor einem großen Sprung ins Ungewisse und vor einer Entscheidung, die wahrscheinlich so schnell nicht rückgängig gemacht werden kann.

Laut der Website Number Cruncher in Politics, die Meinungsumfragen auswertet, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Brexit inzwischen bei unter 20 Prozent. Die Dynamik der Kampagne entwickelt sich allgemein zuungunsten der Brexit-Befürworter, was ein Stück weit die kräftige Aufwertung des Pfunds erklärt. Fehlende Klarheit über die grundlegenden Folgen eines EU-Austritts könnte durchaus Wähler abschrecken, die wissen wollen, was genau auf dem Spiel steht. Mit vagen Andeutungen, dass nach einem Votum für den Brexit Verhandlungen mit der EU aufgenommen werden, geben sie sich nicht zufrieden. Für unentschlossene Wähler führt der Weg des geringsten Widerstandes nicht zum Brexit. Vielmehr dürfte sie ihre mangelnde Überzeugung dem Status quo näher bringen. Natürlich könnten unvorhergesehene Ereignisse in den verbleibenden Tagen den Ausgang des Referendums in letzter Minute beeinflussen, denn was die Wähler motiviert, sind nicht allein rationale Überlegungen. Doch die emotionalen Aspekte, die in der Brexit-Debatte mitschwingen, sind anscheinend nicht stark genug, um ein Mehrheitsvotum herbeizuführen, das Unruhe und Unsicherheit zur Folge hat.

Auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise waren wir überzeugt, dass der Euro überleben würde, weil er für ein politisches Projekt stand. Das Risiko, dass eine europafeindliche Partei in einem EU-Land an die Macht kommen könnte, wird in den nächsten Jahren weiter für Volatilität sorgen. Ein Votum für den Verbleib in der EU wäre ein Signal, dass die Zentrifugalkräfte doch nicht so stark sind, wie wir dies vielleicht befürchten. Und es wäre ein willkommener, positiver Impuls für die EU.

>> Zum ersten Teil der Serie.

>> Zum zweiten Teil der Serie.

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