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  • Qualitätsmängel bei Siemens Energy - schnelle Lösung nicht in Sicht

Von in AnalysenLesedauer: 5 Minuten
Windmühlen des Herstellers Siemens in einem Windpark.
Windmühlen des Herstellers Siemens in einem Windpark. | Foto: Imago Images / Photothek

An Diskussionen um staatliche Subventionen mangelt es aktuell nicht. Ob Industriestrompreis, Unterstützungsmaßnahmen für die Wohnungswirtschaft oder Kaufanreize für Elektrofahrzeuge: Die Debatte um staatliche Hilfen ist allgegenwärtig.

Seit letzter Woche ist eine neue Diskussion hinzugekommen: Die Siemens Energy AG befindet sich in Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland, um Garantien für ihre milliardenschweren Aufträge zu erhalten. Im Kern geht es darum, dass Kunden, wie beispielsweise der niederländische Netzbetreiber Tennet, ihre milliardenschweren Aufträge zum Teil an Bankgarantien koppeln, die dafür bürgen, dass Siemens Energy die hohen Kosten der Aufträge stemmen kann und auch im Nachgang in der Lage ist, eventuelle Garantieleistungen tragen zu können. Das ist eine Standardprozedur bei industriellen Großprojekten.

Banken zögern, Garantien für Siemens Energy auszustellen

Die Beziehung zwischen Banken und Siemens Energy scheint aktuell frostig zu sein. Die mangelnde Bereitschaft, sich für das Unternehmen zu verbürgen, ist auf hausgemachte Probleme zurückzuführen. Seit mehreren Jahren hat das Unternehmen mit anhaltenden Qualitätsproblemen zu kämpfen, besonders bei Onshore-Windkraftanlagen. Diese Qualitätsmängel führen regelmäßig zu erheblichen Zusatzkosten. Praktisch quartalsweise ergeben sich neue Probleme. Erst im August gab Siemens Energy bekannt, dass die identifizierten Mängel bei Onshore-Plattformen voraussichtlich zu Gewährleistungsaufwendungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro führen werden. Hinzu kommen 600 Millionen Euro durch gestiegene Produktionskosten bei Offshore-Anlagen.

Unter diesen Umständen ist es kaum verwunderlich, dass Banken zögern, Garantien für Siemens Energy auszustellen. Wie sollen diese ein Risiko einschätzen, wenn selbst die hauseigenen Ingenieure von Siemens Energy nicht in der Lage sind, die Qualitätsrisiken korrekt zu bewerten? Ohne Garantien kann aber Siemens Energy seine Projekte nicht umsetzen. In Folge der Qualitätsmängel kommt es zu Auftragsstornierungen. Weitere Auftragsstornierungen in Folge fehlender Garantien drohen. Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen wendet sich der angeschlagene Energietechnik-Konzern nun an den Staat, in der Hoffnung, eine Lösung finden zu können.

Alle Augen auf die Rating-Agentur S&P

Von der Transformation der Energie-Versorgung kann Siemens Energy bisher nicht profitieren. Nach einem enormen Quartalsverlust von 2,9 Milliarden Euro Ende Juni hat das Unternehmen seit Jahresbeginn bereits Verluste in Höhe von 3,2 Milliarden Euro verbucht. Als Reaktion auf diese verheerenden Quartalszahlen hat die Rating-Agentur S&P ihre Bonitätseinschätzung für den Energiekonzern herabgesenkt und das Rating auf die letzte Stufe vor dem „Ramsch“-Status herabgestuft.

Die Aussichten für die in knapp zwei Wochen anstehenden Quartalszahlen sind trüb. Das Kernproblem der Qualitätsmängel hat einen langfristigen Charakter und lässt sich nicht von heute auf morgen lösen. Darüber hinaus drohen weitere Auftragsstornierungen. Die bekannt gewordenen Pläne die Beteiligung an der indischen Siemens an die Siemens AG zu verkaufen wäre ein Pyrrhussieg. Denn zur Deckung von Verlusten würde das Unternehmen eine profitable Geschäftseinheit verkaufen, welche zukünftig keinen Gewinnbeitrag mehr leisten kann.

Auch wenn die Rating-Agentur S&P bisher keine weitere Anpassung ihrer Bonitätseinschätzung vorgenommen hat, ist zu beobachten, wie Marktteilnehmer „mit den Füßen abstimmen“. Die Rendite der Siemens Energy Anleihe mit Fälligkeit in 2029, welche aktuell bei rund 5,6 Prozent pro Jahr liegt, weist aktuell einen Renditeaufschlag von rund drei Prozent gegenüber Bundesanleihen auf. Ein Rating-Downgrade ist schon eingepreist. Sollte das Rating-Downgrade auch offiziell verkündet werden, dann würde das wiederrum die Problematik mit den Bankbürgschaften verstärken, weil Siemens Energy entsprechend höhere Bürgschaftsprämien zahlen müsste.

Siemens Energy: Qualitätsprobleme schlagen sich auf Anleihen durch.
Siemens Energy: Qualitätsprobleme schlagen sich auf Anleihen durch. © Bloomberg Finance

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Der Wind wird rauer, die Zeit drängt

Siemens Energy will den Kapitalmarkt beruhigen und bis zur Veröffentlichung der Quartalszahlen Mitte November eine Lösung präsentieren. Während die Siemens AG, welche mit rund 32 Prozent an der Siemens Energy AG beteiligt ist, nicht in die hausgemachten Probleme ihrer Beteiligung involviert werden möchte, fordern viele Beobachter aber genau dies, um den Staat aus der Situation herauszuhalten. Auch dass der Staat den Job der Banken übernimmt und sich für die Siemens Energy verbürgt, ist aus kartellrechtlichen Gesichtspunkten zweifelhaft. Daher sind Anleger gefragt, potenzielle Renditen und Risiken bei einem Anleiheninvestment in Siemens Energy gegeneinander abzuwägen.


Über den Autor:

Vladislav Krivenkov
Vladislav Krivenkov © Nordix

Vladislav Krivenkov ist Portfoliomanager bei Nordix und für den Anleihefonds mit täglicher Liquidität Nordix Treasury plus (ISIN: DE000A2DKRH6) verantwortlich.

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