Sind Indexfonds des Anlegers Lösung? „Die ETF-Industrie macht es eher noch schlimmer“
Nun werden die Fehler, die bislang mit konventionellen Fonds oder Aktien gemacht wurden, mit Wonne in ETFs gemacht. Man kauft keine heiße Aktie oder Themenfonds mehr, sondern einen heißen Sektor- oder Länder-ETF. Das Ergebnis dürfte im Wesentlichen dasselbe sein. Durch gedankenlose Indexverfolgung hatte Japan im Jahr 1989 ein Gewicht von 45 Prozent im MSCI World Index, in den es 1980 überhaupt erst zugelassen wurde. Von den damals zehn wertvollsten Unternehmen auf der Welt waren damals sieben japanische Banken. All das war Resultat indexnahen Investierens.
Ich habe nichts gegen Indexfonds, wir setzen sie selber ein. Störend ist nur wie immer die Weise, wie diese Produkte verkauft werden – als Lösung aller Probleme. In der Regel werden sie, als das Vehikel der Spekulation, zu dem sie verkommen sind, die Wertentwicklung der Depots nur marginal verbessern – wenn nicht sogar verschlechtern, indem sie zu noch einfacherem Handel einladen. (Konventionelle Fonds werden in der Regel natürlich auch falsch verkauft – aber das ist hier nicht das Thema.)
Für die Fondsindustrie bedeutet der Aufschwung der ETFs etwas Ähnliches wie das Aufkommen der Fotografie für die Malerei: Die Schlechten werden verschwinden (das ist nicht schade) und die Guten werden mehr denn je erklären müssen, was sie warum tun. Es wird immer einen Markt geben für Anleger, die eher einen Menschen am Werk sehen wollen als eine Mechanik, die sich ohnehin in absehbarer Zeit wieder ändern wird. [2]
Wenn es Fondsmanagern (und allgemein: Vermögensverwaltern) gelingt, in euphorischen wie in depressiven Marktphasen die Nerven zu behalten und ihr Handeln offen und klar zu erklären, werden die Anleger genügend Vertrauen in deren Fähigkeiten haben und nicht in ihre eigenen alten Fehler verfallen. Diese kommunikative Fähigkeit ist, neben einer guten Wertentwicklung ihrer Fonds, die wesentliche Daseinsberechtigung von Fondsmanagern, denn sie allein bewahrt die Vermögensinhaber in der Regel vor den wirklich teuren Torheiten. Auf ein Prozent mehr oder weniger relativ zum Index kommt es dann nicht an.
Und der Markt, über den wir ja eigentlich zu reden aufgefordert sind? Er ist volatiler geworden, der Rentenmarkt und die Währungen noch mehr als der Aktienmarkt. Daran wird man sich gewöhnen müssen. Eine grundsätzliche Wende ist aber noch nicht zu erwarten, noch immer erholt sich die Wirtschaft in der Eurozone (gut für deren Aktien), noch immer geht es der Wirtschaft in den USA besser als im Rest der Welt (gut für den Dollar), noch immer kauft die Europäische Zentralbank Anleihen (das drückt die Zinsen in Euroland). Und so lange die Zinsen niedrig, die Gewinne der Unternehmen gut (und die Dividendenrenditen höher als die Zinsen) und die Bewertungen moderat sind, wird an den Aktienmärkten nach unten nicht viel passieren.
[1] Wir sehen hier von einer Reihe anderer Probleme ab, die das Wachstum der ETFs mit sich bringt. Nur zwei seien hier genannt. Erstens: Die Konzentration von Investitionen in wenigen großen Titeln – eben jenen, die im Index am stärksten gewichtet sind – führt zu größerer Volatilität. Und zweitens haben die Vorstände einer Firma von passiven Investoren nichts zu befürchten. Diese mischen sich ihrer Natur nach nicht ein. Das gibt dem Vorstand die Gelegenheit, schlecht und teuer zu sein und es sich auf Kosten der Aktionäre gut gehen zu lassen. Die Wirtschaft funktioniert nicht ohne aktive Eigentümer. Die Wirtschaftsform ohne aktive Investoren heißt „Sozialismus“.
[2] Die Theorie besagt, dass es auf Dauer unmöglich ist, den Index zu schlagen. Was aber ist mit den Investoren, denen genau dieses gelingt (zum Beispiel Warren Buffett)? Was ist mit dem Small-Cap- und dem Value-Effekt, wonach Aktien von Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung und niedrig bewertete Aktien konsistent besser abschneiden als der Gesamtmarkt? Theorien haben nur ein begrenztes Haltbarkeitsdatum, und es ist gut möglich, dass die der Index-Fondsindustrie zugrundeliegende schon bald überholt ist. Die Praxis zeigt, dass Indexfonds besser sind als die meisten aktiv gemanagten Fonds. Sie zeigt aber auch, dass mit der Theorie etwas nicht stimmen kann.
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