Vermögensverwalter wägt ab Sind Themen-ETFs nun Fluch oder Segen?
Was haben die Energiewende, Künstliche Intelligenz und Gaming gemeinsam? Bei allen dreien handelt es sich um sogenannte Megatrends und alle drei sind für jedermann über Themen-ETFs investierbar. Dass viele Anleger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, belegen eindrucksvoll die rund vier Milliarden US-Dollar Fondsvermögen, die der Global Clean Energy ETF von iShares aktuell umfasst. Themen-ETFs sind populär, kombinieren sie doch die persönliche Affinität einzelner Anleger zu den Trends unserer Zeit mit der Aussicht, am potenziellen Erfolg derselben kräftig zu verdienen. Kann dieses Kalkül aufgehen oder ist diese Aussicht zu schön, um wahr zu sein?
Ein Working Paper der Ohio State University hat sich im vergangenen Jahr genau dieser Fragestellung angenommen. Unter dem Titel „Competition for Attention in the ETF Space“ wurden die Entwicklung des ETF-Marktes seit den 90ern einerseits und die Performance unterschiedlicher ETF-Kategorien andererseits untersucht. Das Resümee? Es gibt Licht und Schatten.
Was für und gegen Themen ETFs spricht
Zu den unzweifelhaft erfreulichen Nachrichten zählt die Tatsache, dass die durchschnittliche Kostenbelastung für klassische ETFs, also solche, die einen Index abbilden, konstant gesunken ist. Während die durchschnittliche Gebührenlast Anfang der 90er noch knapp unter 20 Basispunkten lag, bewegen wir uns heute im Bereich von rund sieben Basispunkten. Für Investoren wurde es immer günstiger, ein breit diversifiziertes Engagement am Aktienmarkt vorzunehmen.
Doch des einen Freud ist des andern Leid: Die Marge für die Produktanbieter schrumpfte naturgemäß im gleichen Maße. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Fondshäuser die Nachfrage vieler Investoren, in einzelne Themen oder Trends zu investieren, dankbar bedienen. Denn während Index-ETFs ein grundsätzlich austauschbares Produkt sind und rein über den Preis konkurrieren, stehen die Kosten bei Themen-ETFs nicht im Vordergrund. Stattdessen achten die Anleger darauf, worin der ETF konkret investiert und wie genau er der individuellen Anlagepräferenz Rechnung trägt.
Wer als Anleger in diesem Segment einen geeigneten ETF findet, vergütet diesen aktuell mit durchschnittlich 50 Basispunkten im Jahr. Auch wenn das Gros der Gelder noch immer in Index-ETFs steckt, sind Themen-ETFs ein lukratives Standbein für Fondsanbieter.
Letztendlich möchten aber auch die Anleger Geld verdienen. Die Frage ist also: Klappt das mit Themen-ETFs besser als mit Index-ETFs? Die Frage kennt eine klare Antwort: Nein. Die Autoren der Studie beobachten in ihrer Untersuchung, dass sich Themen-ETFs in den fünf Jahren nach ihrer Auflegung im Durchschnitt sechs Prozent schlechter als der Markt entwickeln. Da es sich um einen Durchschnitt handelt, kann es unzweifelhaft Ausnahmen geben, die deutlich besser als der Markt rentieren. In der Regel ist das aber nicht der Fall.
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Schwachstelle Prozyklik
Die Gründe hierfür leuchten ein: So werden Themen-ETFs oft dann aufgelegt, wenn der Hochpunkt des öffentlichen Interesses an einem Thema erreicht ist. Bis dahin haben die im Fokus stehenden Firmen üblicherweise eine Zeit lang überdurchschnittlich gute Wert- und Gewinnentwicklungen erzielen können, wodurch ihre Bewertung deutlich zugenommen hat. Viele Investoren kaufen die im ETF befindlichen Unternehmen also sehr teuer ein, darauf hoffend, dass sich das überdurchschnittliche Wachstum fortsetzt.
Doch das wird immer unwahrscheinlicher, da die Erwartungen irgendwann so hoch sind, dass sie kaum noch übertroffen werden können. Und wenn ein Thema genug Gewinn verspricht, wird die Konkurrenz zunehmen, bis das Gewinnpotenzial wieder auf den langfristigen Durchschnitt abkühlt. Prozyklik ist also das Phänomen, das hier greift. Es sorgt dafür, dass die Performance von Themen-ETFs in aller Regel enttäuscht.
Das heißt nicht, dass ETFs auf einzelne Branchen oder Nischen des Marktes kein lohnendes Investment sein können. Ich bin aber der Überzeugung, dass man umso kritischer in seiner Investitionsanalyse sein muss, je größer der Hype um ein Thema ist. Denn nicht alles, was glänzt, ist Gold.
Über den Autor:
Marian Henn ist Spezialist im Bereich Investment Management und Partner beim Vermögensverwalter Allington Investors aus Bad Homburg.