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Markteinschätzung Was die jüngste Markterholung wirklich bedeutet

Von in Werte schaffen mit aktivem 360°-AnsatzLesedauer: 7 Minuten
Ross Cartwright, Lead Strategist bei MFS Investment Management
Ross Cartwright, Lead Strategist bei MFS Investment Management: „Investoren achten jetzt mehr auf Wachstum und Arbeitslosigkeit statt auf Inflation und Zinsen.“ | Foto: MFS Investment Management

Small Caps: Rotation oder Erholung? 

Nach dem Rückgang des US-Verbraucherpreisindex im Juni und der milden Rhetorik von Fed-Chef Jerome Powell sind die Erwartungen einer weichen Landung der US-Wirtschaft und einer Zinssenkung im September gestiegen. Die Folge war eine Small-Cap-Rally um über 10 Prozent in nur vier Tagen, beginnend am 10. Juli (Quelle: Bloomberg).

Sind Small Caps wieder im Kommen? Werden sie von den fallenden Zinsen profitieren? In der Vergangenheit waren Aktien während Zinssenkungszyklen der Fed mitunter sehr volatil. Jeder Zyklus ist anders, aber ausgelöst wird er in der Regel von der Entwicklung der Wirtschaft. Handelt es sich um eine Normalisierung der Geldpolitik (Szenario einer weichen Landung), entwickeln sich die Märkte sowie risikoreichere konjunkturabhängige Wertpapiere üblicherweise gut. Wenn aber die Wirtschaft einbricht (Szenario einer härteren Landung), kommt es meist zu einem Ausverkauf, von dem risikoreichere Wertpapiere mit einem höheren Beta am stärksten betroffen sind.

Ein Blick auf die Faktor-Performance von Small Caps zeigt, dass Qualitätsaktien am Anfang eines Zinssenkungszyklus der Fed typischerweise besser abschneiden als Papiere von Zyklikern. Das ist gut nachvollziehbar, weil die Fed ihre Zinsen in der Regel senkt, wenn das Wachstum nachlässt und sich die gesamtwirtschaftlichen Fundamentaldaten verschlechtern. Investoren reagieren darauf meist mit einer höheren Risikoaversion und entscheiden sich für defensive Qualitätsunternehmen, die einen Konjunkturabschwung besser verkraften oder von niedrigeren Zinsen profitieren können. Wir gehen davon aus, dass der Hang zu Qualitätspapieren sowohl bei Substanzwerten als auch bei Wachstumsaktien Bestand haben wird. Papiere von Zyklikern könnten sich in einem Abschwung unterdurchschnittlich entwickeln.

Kein Zyklus ist wie der andere. Der aktuelle begann nach der globalen Finanzkrise. Die Wertentwicklung des Russell 2000 entsprach etwa der des S&P 500 – bis zum Ausverkauf im Jahr 2018. Seitdem ist der S&P 500 zunehmend auf dem Vormarsch – vor allem nach der Covid-Pandemie, und obwohl die US-Wirtschaft zuletzt recht stark gewachsen ist, was normalerweise Small Caps zugutekommt. Ein Grund für die diesmal eher schwache Wertentwicklung von Small Caps ist, dass sie stärker unter den höheren Zinsen gelitten haben. Schließlich finanzieren sie sich häufiger über variabel verzinsliche Instrumente, was direkt auf ihre Rentabilität durchschlägt.

Da ihre Emittenten höher, meist variabel verzinslich und längerfristig verschuldet sind, überrascht es nicht, dass Small Caps und andere risikoreichere Wertpapiere schneller zulegen, wenn davon auszugehen ist, dass nach einem Rückgang der Inflation die Zinsen gesenkt werden. Hinzu kommt, dass der Argwohn gegenüber kleinen und mittelgroßen Banken nachgelassen hat, die einen großen Anteil am Index haben. Niedrigere Zinsen könnten auch Gewerbeimmobilienkrediten zugutekommen, und wenn auch die Langfristzinsen fallen, könnten die Banken mit Anleihenpositionen weniger Verluste schreiben. Bei schwachen Geschäftsmodellen oder Überschuldung können Zinssenkungen allerdings nicht helfen.

Wir halten die aktuelle Entwicklung eher für eine Erholung als für eine Rotation. Der Markt reagiert positiv auf die Aussicht einer weichen Landung. Diese Erholung wird nicht schon morgen vorüber sein, aber um eine Rotation auszurufen, ist es noch zu früh. Dazu müssten wir stärker davon überzeugt sein, dass die Gewinne von Small Caps wieder steigen, und es müsste konkrete Hinweise auf eine weiche Landung geben. Kurzfristig legen die Gewinne kleinerer Unternehmen noch nicht wieder stark genug zu. Das kann sich ändern. Aber es bleibt abzuwarten, ob die Dynamik von Small Caps schneller anzieht als die von Large Caps. Wie wir in unserem Market Pulse geschrieben haben, verzeichnen hier derzeit nicht mehr nur Technologie-Mega-Caps steigende Gewinne.

Längerfristig sind wir für Small Caps zuversichtlicher. Sie sind vernünftig bewertet, und es besteht Aussicht auf eine langfristige Gewinnerholung, wenn sich die Zinsen normalisieren. Investoren sollten eine sehr sorgfältige Auswahl treffen und sich auf defensive Qualitätsunternehmen mit hohen freien Cashflows konzentrieren.

 

Turbulenzen an den Aktienmärkten

US-Aktien sind zwei Wochen in Folge gefallen. Unserer Meinung nach hat sich die Stimmung gedreht, nachdem die Bewertungen einiger Aktien durch den KI-Hype etwas zu hoch geworden sind. Wir betrachten die letzten zwei Wochen nicht als allgemeine Korrektur, sondern als Anpassung der Gewinnerwartungen für Unternehmen mit KI-Bezug. Zweifellos ist das Potenzial von KI und ihr Bedarf an energieintensivem High-End-Computing groß. Fraglich ist allerdings, wie (und wie schnell) mit KI in den nächsten Jahren Gewinne erzielt werden können. Die Anteile von KI-Aktien am Index zählen zu den größten überhaupt und waren maßgeblich für dessen Anstieg – und Rückgang.

Die anderen Aktien im Index haben sich gut entwickelt, und Sektoren wie Versorger und Immobilien profitieren von Zinssenkungserwartungen. Zumindest war dies so lange der Fall, bis am 1. August ein unschöner ISM-Bericht die Märkte erneut erzittern ließ. Nur die defensiven Sektoren und der Internetkonzern Meta blieben stabil. Dynamik und Stimmung wandten sich gegen KI-Aktien, vor allem gegen Halbleiterwerte, die nach wie vor am meisten unter dem Verkaufsdruck leiden, weil Investoren jetzt erst einmal wissen wollen, wann sich die massiven Investitionen der Technologieunternehmen in den Ausbau ihrer KI-Infrastruktur auszahlen werden.

Wenn die Dynamik so schnell kippt wie hier, werden auch andere Aktien in Mitleidenschaft gezogen, und es kommt zu technisch bedingten Verkäufen. Aber dennoch belegten die schwachen ISM-Daten einen starken Rückgang in der Fertigung. Die größten Bedenken hat offenbar die Beschäftigungskomponente des Index ausgelöst. Ihr Rückgang wurde am folgenden Tag von schwächeren Arbeitsmarktdaten bestätigt. Die KI-Euphorie mag einfach nur aufgrund der hohen Bewertungen über das Ziel hinausgeschossen sein, aber es kamen auch Zweifel auf, ob die Arbeitslosigkeit wirklich nur leicht steigt und das Wachstum nur etwas zurückgeht. Die Daten haben viel Einfluss, sodass wir einen Anstieg der Marktvolatilität erwarten, weil die Investoren jetzt mehr auf Wachstum und Arbeitslosigkeit statt auf Inflation und Zinsen achten.

Bislang haben die Unternehmensberichte über das zweite Quartal weitgehend bestätigt, dass die Gewinne auf breiterer Front gestiegen sind. Deshalb haben sich (bis vor Kurzem) Aktien von Unternehmen ohne KI-Bezug gut entwickelt. Wir halten Papiere, deren hohe Bewertungen nicht nur auf großen Erwartungen beruhen, für besser aufgestellt, um die volatile Phase gut zu überstehen, aber wer die Märkte enttäuscht, wird abgestraft. In Zeiten wie diesen sind regelmäßige stabile Gewinne ein hohes Gut.

Nachdem der japanische TOPIX im Juli auf neue Hochs gestiegen war, brach er am 2. August um 6 Prozent (Quelle: Bloomberg) ein, weil man fürchtete, dass die Aufwertung des Yen nach der Zinserhöhung der Bank of Japan Folgen für die Unternehmensgewinne haben würde. Die Financial Times berichtete, dass der Ausverkauf möglicherweise durch zwei Dinge verstärkt wurde. Zum einen hätten sich Privatanleger aus einem beliebten gehebelten Nikkei-225-ETF zurückgezogen, der um 11,5 Prozent nachgegeben hatte, und zum anderen hätten Long-only-Fonds aus den USA und Europa große Verkaufsaufträge platziert. Durch den Anstieg des Yen wurden Carry Trades schnell geschlossen. Der Abbau der Hebel hat den Ausverkauf beschleunigt. Durch all das ist die Volatilität kurzzeitig stark gestiegen, weil ausländische und einheimische Carry Trader den Markt verlassen haben, um ihre Positionen zu decken. Außerdem mussten systematische Modelle, die den Faktor Value-at-Risk nutzen, ihre Risiken senken, als die Volatilität stieg. Das hat den Markt zusätzlich belastet.

Trotz schwächerer Einkaufsmanagerindizes und Arbeitsmarktdaten gibt es keinen Beleg dafür, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession zu rutschen droht. Wir haben schon immer damit gerechnet, dass die Landung holprig und – wie an den Reaktionen der Marktteilnehmer zu sehen ist – etwas härter sein würde als noch vor einigen Tagen erwartet. Angesichts der zu hohen Bewertungen in einigen Marktsegmenten war ein Teil der Entwicklungen keine Überraschung. Der Faktor Momentum ist einflussreich und verleitet die Märkte meist zu Übertreibungen, in die eine wie in die andere Richtung. Gute Unternehmen mit dauerhaften Vorteilen und stabilen Bilanzen können volatile Phasen gut verkraften, und ihre Fundamentaldaten dürften sich nicht erheblich verschlechtern.

Indexkonzentration

Ein paar abschließende Überlegungen zur Konzentration des Index: Aus unserer Sicht ist eine Einschätzung des S&P 500 nicht mit einer Beurteilung des US-Aktienmarktes insgesamt gleichzusetzen. Vielmehr ist es eine Einschätzung einer Handvoll sehr großer Unternehmen. Ende Juni war die Marktkapitalisierung von drei von ihnen etwa so groß wie die des gesamten britischen Aktienmarktes. Wir meinen, die Wertentwicklung des S&P 500 hängt fast ausschließlich von diesen wenigen Unternehmen ab. Die anderen haben kaum Einfluss. Hier liegt eine verzerrte Wahrnehmung (kognitive Dissonanz) vor. Eine Einschätzung des S&P 500 ist möglicherweise nicht gleichbedeutend mit der Einschätzung von US-Aktien insgesamt. Viele Anleger schenken den Informationen Glauben, die mit ihren Überzeugungen einhergehen. Wir halten es für wichtig, neugierig zu bleiben und nach Marktkennern und Daten Ausschau zu halten, die unsere Überzeugungen gerade nicht bestätigen.

 

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