

Dennoch: Wer an der Börse aktiv ist, hatte sicher schon mindestens einmal den sehnlichen Wunsch, besser abzuschneiden als der Markt. Immerhin schafften das berühmte Vorbilder wie Warren Buffett oder Peter Lynch auch über längere Zeiträume hinweg. Sogenannte Smart-Beta Konzepte versprechen nun das Beste aus zwei Welten. Einerseits sollen sie günstig und transparent sein wie klassische ETFs, andererseits wie aktiv gemanagte Aktienfonds die Chance auf eine Mehrrendite bieten.
Mit Faktoren auf die Pole-Position
Die Grundidee von Smart Beta besteht darin, Marktanomalien auszunutzen. Die börsengehandelten Fonds berücksichtigen klar definierte Faktoren wie Value, Quality, Momentum oder Low-Vola, die sich in der Vergangenheit entweder als Renditetreiber erwiesen haben oder die Risiken deutlich zu senken vermochten. „Durch eine bestimmte Form der Übergewichtung der wesentlichen Faktorprämien lässt sich unseres Erachtens in Zukunft eine erwartete Mehrrendite gegenüber dem Gesamtmarkt von langfristig einem bis eineinhalb Prozentpunkten jährlich nach Kosten erzielen“, erwartet Vermögensverwalter und Buchautor Gerd Kommer.
Die klassische Indexgewichtung wird mit Smart-Beta-ETFs ausgehebelt. Für die Diversifikation kann das einerseits vorteilhaft sein. So können bei der Berücksichtigung weiterer Faktoren Klumpenrisiken vermieden werden, die bei der bloßen Gewichtung nach Marktkapitalisierung im Laufe der Zeit zunehmen. Stammten beispielsweise noch vor zehn Jahren weniger als 50 Prozent der Aktien im MSCI World aus den USA, liegt deren Anteil heute bei rund 70 Prozent. Hinzu kommt, dass im Einklang mit den jahrelang gestiegenen Kursen die großen US-Technologiewerte deutlich übergewichtet sind.
Low-Vola: In der Ruhe liegt die Kraft
Smart-Beta-ETFs erkaufen sich ihre höhere Rendite dagegen mit der Wette auf einzelne Faktoren. Zahlreiche akademische Studien der vergangenen fünf Jahrzehnte belegen, dass einige Faktoren langfristig höhere Renditen lieferten oder Marktrisiken senken konnten. Die Strategien schneiden jedoch nicht immer besser ab, sondern spielen ihre Stärken in verschiedenen Phasen des Konjunkturzyklus aus. So zahlen sich die Berücksichtigung von Low Volatility und Quality insbesondere in Abschwungphasen aus. Faktoren wie Momentum und Größe bieten sich im Aufschwung an.
Deutsche Anleger mögen es offenbar nervenschonend, denn mit 4 Milliarden Euro gehört der iShares MSCI World Minimum Volatility ETF zu den gefragtesten Faktor-ETFs hierzulande. „Im Jahr 2008 wurde Low-Volatility-Investing als Anlagestil allgemein anerkannt, da er sich während der Finanzkrise bewährte und im Ausverkauf Schutz vor Verlusten bot“, sagt Lejda Bargjo, Quant-Spezialistin bei Robeco.
Im Portfolio des ETFs sind die 300 schwankungsärmsten Aktien des Mutterindex MSCI World versammelt. Konsumaktien (Nestlé, Pepsi) und Pharmatitel (Johnson & Johnson, Roche) sind übergewichtet, IT-Werte und Finanztitel, die erfahrungsgemäß höheren Schwankungen unterliegen, sind untergewichtet. Der entscheidende Vorteil: In Abschwungphasen schaffen die geringeren Verluste ein besseres Ausgangsniveau für die nächste Erholung. Wer weniger verliert, gewinnt am Ende mehr. Mit diesem Thema hat sich Pim van Vliet, Experte für konservative Aktien bei Robeco, näher befasst. Seinen Analysen zufolge brachten schwankungsarme Aktien in den vergangenen 90 Jahren eine durchschnittliche Rendite von über 10 Prozent, während risikoreiche Titel lediglich 6,4 Prozent Wertzuwachs pro Jahr erzielten.
